Schon stehen viele Hard- und Softwarewerkzeuge zur Verfügung

Beim Kostensparen sollten Firmen keine Zeit verlieren

01.08.1997

Die Analysten der Gartner Group gehen davon aus, daß sich im Zuge der Diskussion um Kostenersparnisse neue Gesetzmäßigkeiten für die DV-Industrie ergeben werden. Mit TCO, schreiben die Gartner-Leute, würden sich neue Grundregeln für die Branche ergeben. Hochgespielt in den Medien, zwinge das Thema Hersteller wie Unternehmen, sich neuen Anforderungen zu stellen. Ergebnis: Schon dieses Jahr widme sich praktisch jeder Systemhersteller von Bedeutung der Problematik, wie Kosten in der DV durch verbesserte Verwaltung heterogener Rechner gesenkt werden können.

In den kommenden Monaten und Jahren ist wegen dieser Aktivitäten mit einer Vielzahl von Produkten, Werkzeugen und Technologien zu rechnen, die die Administration von Rechnernetzen ökonomischer gestalten, schreibt die Gartner Group. Viele Anbieter werden sich, um die Problematik TCO anzugehen, auch auf noch neue Konzepte wie etwa Network-Computer-Architekturen konzentrieren, glauben die Marktforscher.

Dabei sei die zunehmende Komplexität, die mit dem Wildwuchs von PC-Landschaften einherging, ja schon immer bekannt gewesen. Erst in jüngster Zeit hätten jedoch PC-Hersteller begonnen, dieser Problematik mit Produkten entgegenzuwirken. Zu nennen sei hier beispielsweise Compaq mit dem "Intelligent-Manageability"-Konzept.

All diese Bemühungen griffen aber zu kurz, weil sie vor allem einen Makel hätten: bei ihnen handle es sich um proprietäre Wege. Hard- und Softwarelösungen, die helfen, heterogene Rechnerlandschaften zu verwalten, müßten jedoch standardisiert sein. Zu realisieren sei dies nur mit industriekonformen Ansätzen. Und hierzu müßten marktdominierende Kräfte den Ton angeben.

Die Gartner Group glaubt deshalb, daß die Aktivitäten, die Intel und Microsoft in Sachen TCO entfalten, am vielversprechendsten sind. Intel initiiere vor allem Hardware- und Management-Softwarekonzepte. Microsoft geht in erster Linie das komplexe Problem der Softwareverteilung an. Darüber hinaus schmiedet der Softwaremarktführer gemeinsam mit Intel und PC-Herstellern Initiativen, um Hardware-Referenz-Profile für sogenannte Thin clients zu erstellen wie etwa für den Net PC.

Die Marktanalysten glauben wegen all dieser Anstrengungen, daß die kosteneffizientere Verwaltung und Organisation von Rechnerlandschaften nur noch eine Frage der Zeit ist. Hierbei seien vor allem die Aktivitäten zu nennen, die Intel, Microsoft, die Desktop Management Task Force (DMTF) sowie PC-Lieferanten entfalten.

Keine gute Nachricht ohne einen Pferdefuß: Um die Technologien, die aus solchen Kooperationen und Anstrengungen erwachsen, nutzen zu können, sind Unternehmen gezwungen, ihren Gerätepark entsprechend anzupassen. Denn ein Großteil der Altausstattung ist nicht in der Lage, die neuen Technologien überhaupt zu nutzen.

Nach Meinung der Gartner-Analysten werden Unternehmen in drei Schritten versuchen, ihre heterogenen Rechnerlandschaften auf ökonomisch sinnvollere Weise zu verwalten: In der ersten Phase, die Gartner die reaktive nennt und die im wesentlichen bis zum vergangenen Jahr andauerte, haben Firmen das Thema TCO vornehmlich durch arbeitsintensive Mechanismen anzugehen versucht. Hardwarefehler, Inventuraufgaben, Hard- und Software-Konfigurations-Management und Software- sowie Firmware-Aufrüstungen wurden im wesentlichen "zu Fuß", also durch den User-Support vor Ort erledigt. Nur wenige Unternehmen können sich in Zukunft solch eine arbeitsintensive Art, ihre Rechnernetze zu verwalten, noch leisten, meint Gartner. Derartige Prozesse müßten automatisiert werden.

Momentan sei die DV-Industrie jedoch an einem Punkt angekommen, wo die Dinge sich entscheidend zu verändern beginnen. Es haben sich Management-Funktionen und -Technologien wie die Desktop-Management-Interface-(DMI-)Norm herauskristallisiert, die auf PCs über kurz oder lang zur Standardausstattung gehören werden. Zudem seien auch zunehmend Systemüberwachungs-Tools Bestandteil von Systemen. Auch Mechanismen, um die Temperatur in Rechner zu überprüfen beziehungsweise Stromspannungsschwankungen zu melden, setzten sich als Standardausrüstung neben Management-Software zunehmend durch.

Diese zweite Phase der TCO-Entwicklung sei geprägt von einer Vielzahl von Konzepten, um Probleme in heterogenen Rechnernetzen in den Griff zu bekommen. Gartner spricht in diesem Zusammenhang von einem proaktiven Zustand.

Systeme verwalten sich selbst

Zur Jahrtausendwende könnten Anwender dann mit Systemen rechnen, die sich quasi selbst verwalten. Um solche Mechanismen zu erreichen, werden sowohl entsprechende Funktionen in Betriebssysteme integriert als auch spezielle Management-Features in die Hardware eingebaut.

Microsofts wesentlicher Beitrag zu eventuellen Kostensenkungen ist die Initiative Zero Administration for Windows (ZAW). Mit ihr sollen sich nicht nur die TCO-Kosten senken lassen. Vielmehr ist sie auch die Antwort der Gates-Company auf die Strategien der Network-Computer-(NC-) Aktivisten. Die ersten Ergebnisse der ZAW-Initiative werden in Version 5.0 von Windows NT Eingang finden. Diese Betriebssystem-Variante soll grundlegende Management-Funktionen beinhalten. Hierzu zählt unter anderem die Option, Profile der Innereien von Arbeitsplatz-PCs zu erstellen und auch Veränderungen an der Ausstattung automatisch zu registrieren. Microsofts Bemühungen richten sich zudem auf die Verwaltung von Softwareressourcen im und über das Rechnernetz.

Trotzdem, schreiben die Gartner-Group-Analysten, sei der Terminus "Zero Administration" irreführend. Die Komplexität heutiger IT-Landschaften werde durch komfortablere Management-Funktionen nicht aufgehoben. Zero Administration sei auch nichts, was Unternehmen zufliege. Um IT-Topologien an Anforderungen einer wirtschaftlich effizienten TCO-Struktur anzupassen und Hard- und Softwarewerkzeuge optimal zu nutzen, dürften Unternehmen hohe Investitionen und viel Arbeit nicht scheuen.

Die Gartner-Analysten schlagen deshalb vor, Unternehmen sollten heute beginnen, in ihren Firmen DV-Inseln zu etablieren, in denen sie Erfahrungen mit den neuen Tools und Techniken zur Senkung von Gesamtkosten sammeln können. Diese diversen Inseln müssen dann im Laufe der Zeit miteinander verbunden werden.

Eins sollten Firmen jedoch nicht tun: sich Zeit lassen. Um ihre DV-Kostenstruktur positiv zu verändern, müssen Unternehmen schon heute mit entsprechenden Investitionen und Anstrengungen anfangen.