Exklusive Einkommensstudie der COMPUTERWOCHE

Beim Gehalt sind Nullrunden angesagt

12.10.2001
Die Unruhe auf dem IT-Arbeitsmarkt spiegelt sich auch in der Entwicklung der Gehälter wider. Die meisten Spezialisten müssen auf üppige Zuwächse verzichten und Nullrunden schieben. Gut weggekommen sind laut der aktuellen Studie der COMPUTERWOCHE und des Personalexperten Professor Christian Scholz Spezialisten mit einer guten Ausbildung, die über aktuell am Markt gefragtes Know-how verfügen. CW-Bericht, Hans Königes

So schnell kann es gehen. Noch vor einigen Monaten stand beim Vorstellungsgespräch vor allem die Höhe des Gehalts im Vordergrund. Der Bedarf an Mitarbeitern war groß, und aus Angst, einen Bewerber an die Konkurrenz zu verlieren, waren Unternehmen bereit, zum Teil sehr hohe Gehälter zu zahlen. Unternehmen und Bewerber schaukelten sich bei den Gehaltsverhandlungen gegenseitig hoch.

Die ersten Konsequenzen sind schon jetzt zu beobachten. Namhafte Unternehmen wie Lucent und Cisco haben Tausende Mitarbeiter entlassen. Auf den ersten Blick wirkt es des-halb überraschend, dass die Firmen weiterhin auf der Suche nach Mitarbeitern sind. Die Konzerne nutzen die Gunst der Stunde, um sich von den - aus ihrer Sicht - weniger Quali-fizierten zu trennen und hoffen, sie durch bes-sere und billigere IT-Spezialisten ersetzen zu können. Die aktuelle Gehaltsstudie zeigt denn auch, dass die Einkommen kaum gestiegen sind. Andererseits öffnet sich die Einkom-mensschere zwischen den Quereinsteigern und den sehr gut Ausgebildeten immer weiter. Bestes Beispiel dafür sind die Einkünfte der IT-Spezialisten mit einem MBA-Abschluss. In diesem Jahr erreichen sie die Schallmauer von 200000 Mark (voriges Jahr 160000), die Promovierten steigern sich von 141000 auf 160000 Mark Jahressalär. Nicht gestiegen sind dagegen die Gehälter der Computerfachleute mit einem Universitäts- und Berufsakademie-Abschluss, die sich bei 120000 bis 130000 Mark pro Jahr eingependelt haben. Dieses Niveau haben auch die Fachkräfte mit einem Fachhochschulabschluss erreicht, die noch voriges Jahr unter der 120000-Mark-Grenze lagen. Um gleich ein Missverständnis, das in den vergangenen Jahren zu Fehlinterpretatio-nen und vielen Anfragen geführt hat, auszu-räumen: Wenn nicht ausdrücklich auf etwas anderes hingewiesen wird, handelt es sich bei diesen Zahlen um Durchschnittswerte aller Teilnehmer der Umfrage. Wenn also zum Beispiel von 200000-Mark-Einkommen die Rede ist, sind damit keine Einstiegsgehälter, sondern der Durchschnitt aller Teilnehmer mit einem MBA-Abschluss gemeint.

Ein für die Gehaltsfindung nicht unwesentlicher Faktor ist die Selbsteinschätzung der Befragten. Zum zweiten Mal fragten wir, ob sich die Teilnehmer als "Top" - oder "Well-Performer" einstufen. Die Korrelation zwi-schen Selbsteinschätzung und Verdienst trat klar zutage. Wer sich gut verkauft, bekommt mehr. Damit können sich alle diejenigen be-stätigt fühlen, die die Personaler immer schon im Verdacht hatten, nicht nach so objektiven Kriterien einzustellen, wie sie immer vorge-ben, und dass sie sich von einem souveränen Auftreten schon mal blenden lassen. Der Be-weis ist das Ergebnis: Selbsternannte Top-Performer erreichen ein Jahresgehalt von 139500 Mark, Otto Normalbewerber gibt sich mit 120500 Mark zufrieden.

Ebenfalls in diese Kategorie passt ein zweites Ergebnis: Frauen verdienen weniger als Män-ner und zwar zwischen zehn und 15 Prozent. Scholz relativiert dieses Ergebnis: Die teilnehmenden Frauen hätten weniger Berufsjahre und Führungsverantwortung vorzuweisen und oft auch den niedrigeren Bildungsabschluss.

Eine weitere auffällige Entwicklung bestätigt einen Trend des Vorjahres: Die Zusatzleistungen sind überdurchschnittlich gewachsen. Es sieht so aus, als ob die Arbeitgeber versuch-ten, den Anstieg der Grundgehälter zu brem-sen und den Mitarbeitern lieber Projektprämi-en, Boni, Handys oder gar Dienstwagen zu-kommen zu lassen. Bei Informatikern beträgt der leistungsbezogene Anteil 21500 Mark im Jahr (Vorjahr 16500 Mark), bei Betriebswir-ten sogar 25000 Mark (Vorjahr 23000 Mark), während er bei den Wirtschaftsinformatikern rund 13500 (Vorjahr 11000 Mark) ausmacht.

Besonders gefreut hat den Personalexperten Scholz, dass sich ein Ergebnis des Vorjahres bestätigen ließ, für das er Kritik ernten musste: Informatiker verdienen besser als Wirtschaftsinformatiker. Erstere bringen 122000 Mark im Jahr nach Hause, Letzere 113000 Mark. Eine Erklärung dafür dürfte sein, dass Wirtschaftsinformatik ein jüngeres Fach ist als Informatik, so dass noch nicht so viele Absolventen Karriere gemacht haben wie mit einem Informatikdiplom. Am meisten dürfen sich die Betriebswirte freuen, die auf ein Salär von 134500 Mark kommen. Mögliche Erklärung: Die studierten Kaufleute sind bei vielen Beratungsgesellschaften gern gesehene Bewerber. Dort wird nach einer Bewährungszeit ganz gut gezahlt und, im Übrigen konnten sich die Be-triebswirte schon (fast) immer besser verkau-fen als die Techniker.

Zum zweiten Mal hat die Studie auch die Gehälter der obersten Führungsebene ermittelt. Im Durchschnitt erreicht ein Vorstand beziehungsweise ein Geschäftsführer 241000 Mark per annum, was einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die unteren 25 Prozent der Teilnehmer verdienen 189000 im Mark im Jahr, das obere Viertel darf sich über 300000 Mark freuen. Auf der zweiten Ebene müssen sich die Häuptlinge mit 148000 Mark begnügen und eine Ebene darunter mit 133000 Mark. Führungsverantwortung wirkt sich besonders stark auf das Einkommen aus, "wenn nicht sogar am stärksten", wie der Saarbrücker Professor meint. Nach der aktuellen Berechnung kommt ein Manager mit bis zu sechs Jahren Führungserfahrung auf 133000 Mark, mit bis zu 15 Jahren darf er gar mit durchschnittlich 192000 Mark rechnen.

Die Teilnehmer wurden außerdem gebeten, sich als Junior, Senior oder Leiter einzustufen. Auch hier hat es gegenüber dem Vorjahr kaum Veränderungen gegeben: Ein Junior verdient in diesem Jahr 92000 Mark, der Senior erreicht 125000 Mark (2000: 124000 Mark, 1999: 116000) und ein Leiter muss sich sogar mit deutlich weniger als im Vorjahr begnügen und kommt auf 153000 Mark Jahresgehalt (2000: 162000 Mark, 1999: 134000 Mark).

Die Branche und der Ort, an dem die Computerfachleute ihre Tätigkeit ausüben, beeinflussen unterschiedlich stark das Salär. Keine Überraschung dürfte sein, dass die höchsten Gehälter in Software- und Beratungshäusern gezahlt werden. Die Studie weist hier einen Durchschnittswert von 140000 Mark (Vor-jahr: 138000 Mark) aus. Mit guten Gehältern können die IT-Profis in der Elektroindustrie rechnen (130000 Mark). Mit etwa 120000 Mark im Jahr haben sich die Einkommen bei den Finanzdienstleistern und den TK-Anbietern gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Das Schlusslicht bildet der öffentliche Dienst mit 81000 Mark. Auch der Handel mit 112000 Mark zeigt sich eher knausrig im Vergleich zu den anderen Branchen.

Wie auch im vergangenen Jahr gelten Mün-chen und Frankfurt am Main als die Hochbur-gen der Programmierer. Die Einkommen in diesen Städten betragen im Durchschnitt rund 130000 Mark. Von den Großstädten liegt Nürnberg aus Arbeitgebersicht mit 103000 Mark noch am günstigsten. Insgesamt aber spielt die Größe einer Stadt keine besondere Rolle.

Unter den Berufsgruppen schneiden die Berater und die SAP-Spezialisten am besten ab, und sie sind auch diejenigen, die gegenüber dem Vorjahr eine nennenswerte Gehaltssteigerung erzielten. Consultants erreichen im Durchschnitt 146500 Mark (Vorjahr 139000 Mark) und SAP-Profis 139000 Mark (Vorjahr 122000). Die reinen Spezialisten wie Datenbank- und Netzwerkexperten treten auf hohem Niveau bestenfalls auf der Stelle, sie verdienen 130000 Mark (Vorjahr 133000 Mark), bei Entwicklern ist der Rückgang sogar noch etwas kräftiger von 116000 Mark auf 111000 Mark ausgefallen.

Sortiert nach Einsatzbereichen, verdienen IT-Spezialisten - wie könnte es anders sein - im Vertrieb mit 159000 Mark am besten, wobei auch hier die Gehälter nicht gestiegen sind. Dagegen dürfen sich die IT-Fachleute in der Logistik über ein schönes Plus freuen. In die-sem Jahr nehmen sie 153500 Mark mit nach Hause, im Vorjahr waren es erst 127000 Mark. Die Erklärung könnte sein, dass in vielen Unternehmen das Thema Supply-Chain-Management auf der Tagesordnung ganz oben steht, und das ist die Domäne der Logistiker. Die IT-Marketiers liegen bei 126500 Mark (Vorjahr: 126000 Mark).

Scholz hat auch eruiert, wie viel ein IT-Spezialist mit einem gewissen Schwerpunkt-Know-how verdient. Dabei wird zunächst nicht berücksichtigt, welche weiteren Kennt-nisse der Profi mitbringt. Es fällt auf, dass die gegenwärtig populären Themen auch am besten honoriert werden. Der UMTS- und der ATM-Spezialist beispielsweise kommen auf 146000 Mark, und der ERP-Profi dürfte mit 140000 Mark ebenfalls nicht gerade am Hun-gertuch nagen. Im Wert gefallen sind dagegen dieses Jahr die Betriebssystem-Experten. Vo-riges Jahr noch mit 133000 Mark taxiert, müssen sie sich im Durchschnitt mit 120000 Mark zufrieden geben.

Die StudieIm Sommer 2001 organisierte die COMPUTERWOCHE gemeinsam mit Christian Scholz, Professor für Organisation, Personal- und Informations-Management an der Universität Saarbrücken, ihre dritte Vergütungsuntersuchung. Der Fragebogen war in der COMPUTERWOCHE abgedruckt, konnte aber auch über das Internet ausgefüllt werden, wofür sich auch über 80 Prozent der Teilnehmer entschieden.

An der Aktion beteiligten sich 797 Einzelper-sonen und 20 Unternehmen. Die Firmenantworten bezogen sich auf zusammen 4953 Stellen. Damit es zu keinen statistischen Verzerrungen kommt, wurden Firmenfragebögen, die für mehrere Mitarbeiter der gleichen Gehaltslage galten, als nur einer gewertet.

Wenn von Jahresgehältern die Rede ist, sind alle Zusatz- und Nebenleistungen von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld über Unfallversicherung bis zum Dienstwagen berücksichtigt. Die Studie hat die Einkommen in eine Grund- und eine Gesamtvergütung unterteilt.

Die Teilnehmer erhalten Ende Oktober die Ergebnisse. Interessenten, die den Fragebogen nicht ausgefüllt haben, können gegen eine Gebühr (100 Mark für Einzelpersonen, 1000 Mark für Unternehmen) den Band bei Maria Scholz, Am Hüttenwald 10, 66894 Rosenkopf, Telefon 06372/61172, E-Mail prisma@1v.com an-fordern. Die Ergebnisse für Einzelpersonen sind auf deren Profil zugeschnitten, während die Studie für die Unternehmen alle Daten beinhaltet. Öffentlich vorgestellt werden die Resultate auf der Münchner Systems im Rahmen des COMPUTERWOCHE-Forums Jobs & Karriere am 15. Oktober 2001 um 13.30 in Halle A5.

GehaltsratgeberGehaltsverhandlungen gehören mit zu den schwierigsten Situationen im Berufsleben. Verdiene ich wirklich soviel, wie ich wert bin? Kann ich in schlechten Zeiten überhaupt mehr Lohn fordern? Diese und andere Fragen mag sich so mancher IT-Profi stellen. Ein Patentrezept für das richtige Vorgehen gibt es nicht. Dennoch will die CW ihren Lesern Hilfestellung geben. Unter www.computerwoche.de findet sich vom15. bis zum 28. Oktober 2001 ein Gehaltsratgeber, den der Frankfurter Personalberater Michael Neumann (Foto) betreut. Der Mitbegründer der Personalberatungsgesellschaft Hager und Partner, die auf die IT-, Finanz- und Versicherungsbranche spezialisiert ist, wird alle Fragen rund um das Thema IT-Vergütung beantworten und dabei die Ergebnisse der aktuellen CW-Gehaltsstudie berücksichtigen.

Abb.1: Einsatzbereiche

Den größten Gehaltssprung gegenüber dem Vorjahr verzeichneten die IT-Spezialisten in der Logistik. Supply-Chain-Management brennt anscheinend vielen Firmen auf den Nägeln. Quelle: Prisma/CW

Abb.2: Ausbildung

Eine gute Ausbildung beeinflusst überdurchschnittlich positiv das Gehalt. Quelle: Prisma/CW

Abb.3: Branche

Wie auch in den Jahren davor bildet der öffentliche Dienst das Schlusslicht bezüglich der Entlohnung der IT-Mitarbeiter. Allerdings kann ein sicherer Arbeitsplatz gerade jetzt ein unbezahlbares Plus bedeuten. Quelle: Prisma/CW

Abb.4: Studienfachrichtung

Betriebswirte sind karriereorientierter als Informatiker, entsprechend besser verdienen sie. Quelle: Prisma/CW

Abb.5: Führungsverantwortung

Wer Personal führt, darf auch mehr verdienen; besonders viel als Geschäftsführer oder Vorstand. Quelle: Prisma/CW