In Barcelona bewältigt gigantische DV-Anlage Massenansturm

Beiden Olympischen Spielen ist Sicherheit das oberste Gebot

20.12.1991

BARCELONA (hp) - 18 Tage dauern die Olympischen Spiele in Barcelona. Während dieser Zeit nehmen 40 000 Athleten an 520 Wettkämpfen teil, beobachtet von sechs Millionen Zuschauern. Um die Organisation zu bewältigen, ist ein enormer DV-Aufwand notwendig. Die Sema Group lieferte hierzu Software im Wert von neun Millionen Dollar.

1986 fiel die Entscheidung für Barcelona. Gleich danach begann das olympische Komitee mit den ersten Planungen. In Zusammenarbeit mit der IBM Spanien entwickelt die Sema Group sei Januar 1991 eine integrierte Software-Architektur, die auf einem Netz von Großrechnern und PCs beruht. Die Vorarbeiten dazu begannen bereits 1988, die Entwicklung der Software 1990.

Termine müssen eingehalten werden

Die Einhaltung von Terminen ist bei allen DV-Proekten eine heikle Sache, aber in Barcelona kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. "Ein Prozent Verspätung ist bei komplexen DV-Aufträgen ein gutes Ergebnis. In unserem Fall wäre es eine Katastrophe, weil dann die Olympischen Spiele schon längst vorbei wären", erklärt Rafael Macau, IT-Director des olympischen Komitees.

Die Organisatoren der Spiele haben einen Massenansturm zu bewältigen: Zu den Sportlern und freiwilligen Helfern kommen noch 11 000 Journalisten und sechs Millionen Besucher. Das DV-Equipment ist dementsprechend gigantisch. Dazu gehören zwei IBM ES/9000, 3600 PS/2 als Terminals, eine AS/400 und 600 Macintosh-Rechner. Das olympische Komitee begann 1988 mit 50 Mitarbeitern, inzwischen sind es rund 1000; Die 34 DV-Spezialisten des Komitees betreuen 500 externe Entwickler von 20 Unternehmen.

Bei den Spielen in Barcelona gehen die DV-Verantwortlichen auf Nummer Sicher: Es gibt zwei voneinander unabhängige Großrechner mit entsprechenden Netzen.

Falls es dennoch zu Unregelmäßigkeiten kommen sollte, springt das Ersatzsystem ein. Die Großrechner dienen hauptsächlich als Datenserver, da die mit Token Ring vernetzten PS/2 bei 80 Prozent der Anwendungen autark arbeiten können. Die Terminals laufen unter OS/2, Version 1.3.

Das Komitee wartet zwar gespannt auf das Release 2.0, macht sich aber keine allzugroßen Hoffnungen, daß es noch vor den Spielen installiert werden kann.

Isoliert von dem PC-Netz arbeiten 600 Macintosh-Rechner im Verwaltungsbereich. "Aus Sicherheitsgründen agieren die Netze getrennt. Für den Notfall gibt es aber Bridges", erklärt Macau gegenüber der COMPUTERWOCHE.

Die Informationsverarbeitung kommt bei allen organisatorischen Aufgaben zum Einsatz, eine enorme Aufgabe vor allem für die Software-Entwicklung, denn die Bereiche sind sehr unterschiedlich: Akkreditierung, Verwaltung, Unterbringung, Transport, medizinische Versorgung, Zugangskontrollen, Medienbetreuung, Kartenverkauf, Zeitplanung, Messung und das Informationssystem für die Wettkampfergebnisse. Bei der Projektplanung- und -ausführung halfen das CASE-Tool, "Principa" und die Management-Software "Merise/2" sowie, "MPM", alles Produkte der Sema-Group.

Normalerweise durchlaufen neue Programme einige Beta-Tests bevor sie auf den Markt kommen. Auch das Komitee testete, die Produkte bei Wettkämpfen, die im Sommer 1991 in Barcelona stattfanden. Die Dimensionen der Olympischen Spiele lassen sich zwar schlecht simulieren, aber die Organisatoren waren mit dem DV-System recht zufrieden. Wie viele Daten bei den Spielen 1992 tatsächlich anfallen werden, läßt sich allerdings schlecht vorhersagen. Obwohl DV-Anlagen schon lange bei den Olympischen Spielen eingesetzt werden, können die Erfahrungen aus früheren Sommerspielen nur bedingt übertragen werden, da die Sponsoren der Hard- und Software wechseln.

Trotzdem bleibt das Komitee optimistisch. "Die Hardware bei den Winterspielen ist dieselbe wie in Barcelona. Sollte es in Albertville zu Problemen kommen, glaube ich nicht, daß sich der Sponsor in Barcelona ein zweites Mal blamieren will", witzelt Macau.