Apple-Anwender sind am zufriedensten

Bei Umfrage erreichen die PCs der IBM nicht das Klassenziel

16.10.1992

LONDON/MÜNCHEN (jm) - Die in den USA bei Herstellern gefürchteten und bei Käufern gefragten Konsumgüterforscher von J.D. Power & Associates haben zum zweiten Mal in der PC-Industrie Noten verteilt. Apple darf sich erstmals als Klassenprimus feiern lassen, gefolgt von Dell, die IBM bekam als eine von vier Companies den Zeugnisvermerk: Nicht versetzt.

Die seit Jahren für ihre Käuferbefragungen im Automobilsektor bekannten Meinungsforscher hatten erstmals im Frühjahr 1991 eine groß angelegte Umfrage bei kleinen und mittleren Unternehmen veröffentlicht, in der sie die Zufriedenheit mit den benutzten PC-Produkten ausloteten. Als Basis, die einem zu erreichenden Mindeststandard vergleichbar ist, setzten die Kalifornier damals wie in der jetzt veröffentlichten Untersuchung einen Indexwert von 100 an (vgl. CW Nr. 21 vom 24. Mai 1991, Seite 1: "Bei einer User-Umfrage...").

Bei der aktuellen Untersuchung befragten die Forscher von Power & Associates 2255 Anwender in 1145 Unternehmen ausschließlich über die Qualität von Tischgeräten. Von den PC-Unternehmen, über die genügend Fragebögen wieder retourniert wurden, um überhaupt in die Wertung zu gelangen, schafften lediglich sieben den Sprung über die Index-100-Höhe. Eruiert werden unter anderem die Einfachheit der Bedienung, die Leistungsfähigkeit und der allgemeine Betrieb der Rechner sowie deren Lärmemission und die Qualität des Reparaturservices. Besondere Bedeutung kommt der einfachen Bedienung der PCs zu: Dieses Kriterium allein macht mit 45 Prozent den Löwenanteil bei der Gewichtung der Zufriedenheitsbewertung der Anwender aus.

Es erklärt wohl auch, warum sich Apple mit einem Gesamtindexwert von 124 klar an die Spitze aller Hersteller setzen konnte. Verfügen die Macs doch über eine einfach zu bedienende Betriebssystem-Schnittstelle, der auch die DOS-Erweiterung Windows nach weit verbreiteter Meinung nicht das Wasser reichen kann.

An zweiter Stelle hinter Apple plazierte sich der letztjährige Spitzenreiter Dell mit 116 Indexpunkten. Mit Compuadd (109) folgte ein weiteres Unternehmen, das wie Dell seine Produkte über den Telefon-Direktverkauf an den Anwender bringt. AST Research (108) belegte den vierten Platz. Mit der Gateway Inc. (107) folgte wieder ein Mail-order-Unternehmen, das sich noch vor Hewlett-Packard (106) plazieren konnte. Bei Compaq (103) wackelte die Latte schon bedenklich, doch konnten die Leute um CEO Eckhard Pfeiffer die Qualifikationshöhe gerade noch überspringen.

Compaq-CEO Eckard Pfeiffer, auf das schlechte Abschneiden seiner PCs angesprochen, äußerte sich sehr kritisch über die Methodologie des Zustandekommens der Power-Studie: "Witzigerweise hat diese Studie - die von Dell größtenteils finanziert wurde - zu dem Ergebnis geführt, daß Dell die Nummer 2 ist." In Sachen Apple sei anzumerken, daß die Daten, die Daten, die verfügbar seien, einen zur Power-Studie diametral entgegengesetzten Befund liefern würden. Danach, so der Compaq-Oberste, habe Apple seine Kunden "in letzter Zeit vernachlässigt."

Blauer Brief hingegen wieder für die IBM: Sie gehört neben

der Epson America Inc., der Everex Systems Inc. sowie der NEC Corp. zu den vier PC-Lieferanten, die bei den Anwendern - gemessen an dem von Power & Associates festgelegten Industriestandard - in Ungnade fielen.

Würden in den USA ähnliche Regeln wie an deutschen Schulen gelten - wer zweimal hintereinander das Klassenziel nicht erreicht, muß die Ausbildungsanstalt verlassen -, dann könnte Big Blue als einzige Company der Branche ihre PCs eingepackt lassen und einstampfen.

Denn schon bei der Power-Untersuchung vor anderthalb Jahren gehörte die IBM neben Tandy, AT&T, NCR und Zenith zu den Unternehmen, für die die Index-100-Hürde unüberwindlich war. Die jetzt gescheiterten Unternehmen Epson, Everex und NEC hingegen durften seinerzeit noch die Versetzung feiern, Everex mit damals 114 Punkten auf dem fünften Platz sogar ganz glatt.

Die Hitparade der Meinungsforscher scheint denn auch die Marktverhältnisse in gewisser Weise auf den Kopf zu stellen: Bei den Anwendern erfreuen sich einerseits vor allem die Unternehmen großer Beliebtheit, deren Unternehmenskonzept in erster Linie auf sehr günstige Preise in Verbindung mit großer Kundennähe baut (Dell, Compuadd, Gateway). Zumindest in den USA stehen mit der IBM und Compaq andererseits - neben Apple - zwei PC-Anbieter an der Umsatzspitze, die vor allem durch ihre finanzielle Stärke und - nach Anwendermeinung - weniger durch die Qualität ihrer Produkte überzeugen.