Hoffmann und Hoog müssen gehen

Bei Fujitsu-Siemens kracht es gewaltig

31.03.2000
MÜNCHEN - Winfried Hoffmann und Robert Hoog haben ihre Ämter als Geschäftsführer und Presidents von Fujitsu-Siemens Computers (FSC) niedergelegt. Hohe Verluste und Unregelmäßigkeiten sollen die Gründe dafür sein.

So hat FSC seit der Fusion im Oktober 1999 bis Ende Januar 2000 Verluste in Höhe von 40 Millionen Euro angehäuft. Ende Februar sollen es bereits zwischen 60 und 70 Millionen Euro gewesen sein. FSC-Aufsichtsrat und Executive Vice Chairman Tetsuo Urano wurde als Interims-CEO installiert.

Das Stühlerücken bei FSC hat eine pikante inoffizielle Note: Nach Informationen aus dem Unternehmen nahe stehenden Kreisen ging die Firmenrevision am Wochenende Informationen nach, denen zufolge Hoffmann gemeinsam mit Toni Liu über die im Dezember 1994 gegründete Firma Wintop Technology Inc. aus Taiwan Computerkomponenten an FSC weiterverkauft haben soll. Liu leitete unter Hoog die PC-Business-Group von FSC und ist Hoffmanns Kompagnon aus Aquarius-Tagen. Das Akronym Wintop steht angeblich für Winfried und Toni, das P für den Anfangsbuchstaben des Vornamens von Paul Liu, Bruder von Toni und Chief Executive Officer (CEO) von Wintop.

Offiziell heißt es bei FSC, mit ihrem Schritt würden die beiden bisherigen FSC-Geschäftsführer Hoffmann und Hoog das Unternehmen auf der Suche nach einer einzigen Führungskraft unterstützen, die das Unternehmen ab dem neuen Geschäftsjahr (Beginn: 1. April) auf künftige Aufgaben ausrichten soll.

Adrian von Hammerstein, Chief Financial Officer von FSC und Mitglied des Executive Boards, sagte gegenüber der COMPUTERWOCHE, Hoffmann und Hoog seien beurlaubt. Weiter gehende Aussagen mache man im Moment nicht.

Von einer Krise will man unterdessen bei FSC nichts wissen. In den ersten sechs Monaten nach der Fusion sei man stärker als der Markt gewachsen. Auch sei die Integration schneller vorangeschritten als geplant. Zudem habe man die ohnehin schon breite Kundenbasis und die Vertriebspartnerschaften weiter ausbauen können. Auf dem Weg zur Nummer eins unter den Computeranbietern sei allerdings ein neuer "Management-Ansatz" notwendig.

Diese Formulierungen sollen offenbar die FSC-intern bekannte Misere kaschieren: Hoog hatte der Belegschaft im Februar 2000 bekannt gegeben, dass das bajuwarisch-japanische Tandem in den vier Monaten seit der Zusammenführung im Oktober 1999 rund 40 Millionen Euro Verlust angehäuft hatte. Einen Monat später sollen sich die roten Zahlen bereits auf 60 bis 70 Millionen Euro erhöht haben. Von Hammerstein sagte, Ergebnisse im laufenden Geschäftsjahr kommentiere man nicht.

Zu den Informationen, wonach hausinterne Rechnungsprüfer bereits recherchieren, ob Hoffmann gemeinsam mit Liu über Wintop Rechnerkomponenten an FSC verkaufte und sich dabei, so ein Insider gegenüber der COMPUTERWOCHE, "erheblich bereicherte", sagte von Hammerstein: "Das kommentieren wir nicht." Er fügte hinzu: "Die beschriebenen Vorgänge haben nichts mit den jetzt gefällten Entscheidungen zu tun."

Offensichtlich läuft die Zusammenführung von Fujitsu Europe und dem Computer-Systems-Bereich, der in der Siemens-Division Information & Communications Products (ICP) unter der Leitung von Rudi Lamprecht angesiedelt war, bei weitem nicht so harmonisch, wie in den bisherigen Firmendeklarationen stets behauptet. Das eigens zusammengestellte Integrationsteam plant inoffiziellen Informationen zufolge über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg. Entsprechend reden sowohl die betroffenen Siemens- als auch die Fujitsu-Angestellten mittlerweile von einer feindlichen Übernahme und nicht mehr von einer freundschaftlich-gedeihlichen Zusammenarbeit.

Auch über die Konditionen der Fusion selbst scheint insbesondere bei Siemens einiger Unmut zu herrschen. Bekanntlich hat Fujitsu-Siemens nur in Europa das Recht, über seine Vertriebsstrategie selbst zu entscheiden. Ganz anders sieht es hingegen in Asien aus: Dort muss FSC den Mutterkonzern Fujitsu Ltd.fragen, an wen verkauft werden darf. Ironischerweise könnte dadurch eine Situation entstehen, in der FSC an einen global agierenden Kunden zwar innerhalb Europas Rechner verkaufen kann. Sollte dieser gleiche Kunde aber etwa auch in Singapur ansässig sein, müsste FSC vor Geschäftsabschluss das Plazet aus Tokio einholen. Ein Informant, der dem Unternehmen sehr nahe steht, sagte der COMPUTERWOCHE, Siemens fühle sich wegen dieser Vertragsbestimmungen "über den Tisch" gezogen.