Mobile Kommunikation/Mobile Datenkommunikation per Funk

Bei der Auswahl der Funknetze kommt es auf die Datenmenge an

03.05.1996

Immer mehr Unternehmen schaetzen die Online-Anbindung beispielsweise von Aussendienstmitarbeitern. Unabhaengig vom Aufenthaltsort kann der Anwender sich in das Unternehmensnetz einwaehlen und bleibt so in den innerbetrieblichen DV-gestuetzten Informationsfluss eingebunden. Datenbankabfragen sind ebenso moeglich wie direkte Uebermittlungen von Bestellungen und Kundeninformationen in das System. Nutzen kann er dafuer Mobilfunk- oder Datenfunknetze. Fuer die Fax- und Datenuebertragung mit dem PC stehen in Deutschland fuenf drahtlose Netze zur Verfuegung. Das sind zum einen die digitalen GSM-Netze (Global System for Mobile Communication) D1 und D2 der Telekom-Tochter DeTeMobil, Bonn, beziehungsweise von Mannesmann Mobilfunk, Duesseldorf, sowie das DCS-Netz E-Plus, ein modifiziertes GSM-Netz von E-Plus Mobilfunk, Duesseldorf. Zum anderen existieren die fuer die Datenuebertragung optimierten Datenfunknetze der DeTeMobil und der GfD - Gesellschaft fuer Datenfunk mbH, Essen. Welches Netz fuer welche Anwendung geeignet ist, haengt vor allem von der Haeufigkeit und Menge der uebertragenen Daten sowie vom Umfang der Anwendungsintegration ab. Das heisst, die mobile Datenkommunikation muss in die Unternehmens-DV integriert werden. Dazu sollten vorhandene und neue DV-Anwendungen an die mobile Kommunikation angepasst und optimiert werden.

Die digitalen Zellularsysteme GSM und das GSM-Derivat DCS 1800 werden zur Zeit von rund 120 Mobilfunknetzbetreibern in 69 Laendern unterstuetzt. Die Datenuebertragung in GSM-Netzen ist leitungsvermittelt. Das heisst, fuer die Dauer der Uebertragung muss eine physikalische Verbindung zwischen den Teilnehmern aufgebaut werden, ueber die lediglich zwei Teilnehmer miteinander kommunizieren koennen. Bei den GSM-Netzen zahlt der Benutzer die Dauer der Verbindung, die fuer eine Datenuebertragung notwendig ist. Neben der zeitabhaengigen Tarifierung hat die Datenkommunikation in den sprachorientierten Mobilfunknetzen den Nachteil, dass fuer den Datenaustausch stets eine neue Waehlverbindung aufgebaut werden muss, es gibt also auch den Besetztfall. Das ist besonders beim Dialogverkehr zwischen mobilen Rechnern und dem Host in der Zentrale, beispielsweise bei einer Datenbankabfrage, ein entscheidendes Manko.

So ist das GSM-Netz nur fuer den gelegentlichen Datentransfer sinnvoll. Allerdings bieten die GSM- beziehungsweise DCS-Netze eine weitere Moeglichkeit, Daten zu uebertragen: ueber den zweiten Kanal, den Organisationskanal, der normalerweise den Datentransfer und die Sprachverbindung vermittelt. Ueber ihn koennen mit dem Short Message Service (SMS) Kurznachrichten von bis zu 160 Zeichen versendet und empfangen werden. Diese Datenmenge genuegt vielen Unternehmen - etwa um einem Aussendienstmitarbeiter notwenige Informationen mitzuteilen. Ein weiterer Pluspunkt fuer GSM- Installationen ist, dass die Netze derzeit eine bessere Flaechendeckung in Deutschland aufweisen, als die Datenfunkloesungen. Fuer Online-Anbindungen und den Zugriff auf Host-Applikationen (zum Beispiel 3270-Terminalemulation) ist dieser Dienst jedoch nicht nutzbar.

Mobilfunkanbieter bauen Datentransferservices aus

Den Markt der drahtlosen Datenuebertragung haben auch die Anbieter der GSM-Netze erkannt. Mannesmann Mobilfunk bietet jetzt fuer seine D2-Kunden mit D2-Data einen Tarif an, bei dem sich nur Datendienste nutzen lassen und keine Sprachuebertragung mehr moeglich ist. Seit April gibt es D2-Message, mit dem ueber das Handy der SMS genutzt werden kann. Der Versand einer Kurzmitteilung kostet jetzt immerhin fuer die ersten 100 Kurznachrichten 23 Pfennig, weitere Nachrichten schlagen mit 3,5 Pfennig zu Buche. Kostenlos bleibt der Empfang einer Mitteilung. Benoetigt wird allerdings ein Handy, das den Dienst "Versenden von Kurzmitteilungen" (SMS-MO = Short Message Service-Mobile Originated) unterstuetzt. Sowohl Mannesmann Mobilfunk als auch E- Plus stellen Servicenummern fuer den direkten Zugang zu Datendiensten wie Compuserve und T-Online zur Verfuegung, DeTeMobil dagegen nur fuer T-Online.

Relativ neu sind echte Datenfunkloesungen, die mittels spezieller Funknetze fuer die ortsunabhaengige Uebertragung von Daten entwickelt wurden. Die Anbieter solcher Netze sind hierzulande DeTeMobil und die GfD - Gesellschaft fuer Datenfunk. Die Netze der Konkurrenten unterscheiden sich in der verwendeten Uebertragungstechnik. Waehrend das Netz der Telekom-Tochter, die auch in der Schweiz eine Installation betreibt, auf einer Motorola-Technologie basiert, arbeitet die GfD mit der international haeufiger angewandten Mobitex-Technologie von Ericsson. Damit bietet sich gerade fuer international taetige Unternehmen die Moeglichkeit, Daten per Funk auch ueber Landesgrenzen hinaus schnell, sicher und kostenguenstig zu uebertragen. Mobitex erlaubt dem Disponenten einer Spedition etwa, den Lkw-Bordcomputer auch in den Niederlanden, Belgien, Frankreich oder Grossbritannien anzusprechen.

Im Vergleich mit dem Mobilfunk sind die Applikationen im Datenfunknetz sehr viel wichtiger. Je groesser der Umfang der Anwendungsintegration, desto vorteilhafter ist der Einsatz von Datenfunk. Spezielle Softwareloesungen werden von den Netzbetreibern zusammen mit branchenorientierten Partnern angeboten.

Die Uebertragung in Datenfunknetzen erfolgt im Gegensatz zu der in GSM-Netzen paketvermittelt; die Daten werden als Pakete versendet. Die Verbindung wird fuer keine bestimmte Gespraechsdauer aufgebaut, sondern nur so lange, wie die Uebertragung eines Datenpakets bis zum naechsten Knoten benoetigt. Danach ist der Kanal wieder fuer ein weiteres Paket oder fuer einen weiteren Teilnehmer frei. Die Datenfunknetze haben den Vorteil, dass auf einem Funkkanal viele Teilnehmer kommunizieren koennen: Im Vergleich mit der GSM-Variante lassen sich in reinen Datenfunkumgebungen zwischen zehn- und fuenfzehnmal so viele Teilnehmer ueber einen Funkkanal versorgen - vor dem Hintergrund der zunehmend knapperen Funkspektrumressourcen ist dieses Verfahren somit sehr wirtschaftlich. Ueber Gateways lassen sich per Datenfunk Telefaxe ins Telefonnetz senden sowie Mail-Dateien per Internet oder Compuserve austauschen.

Da der Datenfunk fuer die spezifischen Anforderungen der Datenuebertragung optimiert ist, bietet er dem Anwender verschiedene Vorteile: schneller Verbindungsaufbau, kurze Reaktionszeiten des Netzes, Speicherung der Daten bei voruebergehender Nichterreichbarkeit des Empfaengers in einer Mailbox und Kosten, die sich am Datenvolumen statt an den Verbindungszeiten orientieren. Laengere Wartezeiten, wie sie beispielsweise beim externen Zugriff auf eine unternehmensinterne Datenbank entstehen, schlagen bei den Datenfunkkosten nicht zu Buche. Deshalb ist der Datenfunk gerade bei haeufigen Uebertragungen kleinerer und mittlerer Datenmengen die wirtschaftlichere Loesung. Durch ein gesichertes Uebertragungsprotokoll gehen keine Daten verloren. Zusaetzlich erhaelt der Absender auf Wunsch fuer jeden Datentransfer eine Bestaetigung (Quittung). Beim Datenfunk gibt es eine automatische Paketwiederholungsfunktion, die zum Einsatz kommt, wenn ein Paket verlorengeht oder zerstoert ankommt. Hinzu kommt die Funktion des Gruppenrufs: Sollen identische Daten an mehrere Teilnehmer verschickt werden, bieten die Datenfunknetze die Moeglichkeit einer Art Broadcasting, bei der die Gebuehr nur einmal zu zahlen ist.

Soll also nur gelegentlich eine Datei uebertragen oder ein Fax versandt werden und ist bereits ein Mobilfunk-Handy vorhanden, lohnt sich der Zukauf eines GSM-Datenadapters - meist eine PCMCIA- Karte (PC Memory Card Manufacturers International Association) fuer Notebooks. Diese stehen allerdings nicht fuer alle Handy-Modelle zur Verfuegung. Ausser dem mobilen Rechner, dem datenfunkfaehigen Handy sowie der PCMCIA-Karte benoetigt der Benutzer eine Kommunikationssoftware und einen GSM-Netzzugang mit Datenfunkberechtigung. Mit den preisguenstigeren Freizeit- oder Fun-Tarifen besteht keine Moeglichkeit der Datenuebertragung.

Die Funkmodems fuer Modacom und Mobitex benoetigen kein Handy als Sender. Sie werden direkt an mobile oder ortsfeste Endgeraete angeschlossen. Zudem benoetigt der Benutzer eine entsprechende Kommunikationssoftware und den Netzzugang. Dr. Neuhaus Telekommunikation stellte im Maerz ein mobiles Datenfunk-Modem vor, das beide Datenfunknetze bedient. Es wird mit einer Windows- Software ausgeliefert, mit der sich die Verbindung zu einem X.25- Anschluss herstellen laesst. Mittels eines Internet-E-Mail-Servers stellt die Software einen drahtlosen Internet-Zugang zur Verfuegung. Die etwas hoeheren Geraetepreise der Datenfunk-Modems im Vergleich zu denen fuer die GSM-Netze rechnen sich bei haeufigen kleineren Datenuebertragungen rasch.

Die Unternehmensberatung Kienbaum & Partner hat die durchschnittliche Verbindungsgebuehr fuer Datenuebertragungen aus einem Querschnitt ausgewaehlter Unternehmen errechnet. Im Mittel lag der Verbindungspreis bei den GSM-Netzen deutlich hoeher als bei Datenfunknetzen. Dabei wurde nicht einmal die gesamte Verbindungsdauer, sondern nur die Zeit der reinen Datenuebertragung beruecksichtigt.

Einen Nachteil haben alle Funknetze: Die Daten werden hoechstens mit 9600 Bit pro Sekunde uebertragen. Kompressionsverfahren bringen zur Zeit noch keine grosse Entlastung. Trotzdem eignen sich die Funknetze fuer Datenbankabfragen oder den schnellen Informationsaustausch zwischen Aussendienstmitarbeiter und Zentrale.

Kurz & buendig

In Deutschland gibt es fuenf Netze, die via Funk Daten transportieren. Werden diese Angebote einer naeheren Betrachtung unterzogen, kristallisieren sich zwei unterschiedliche Verfahren heraus: Drei sprachoptimierte, leitungsvermittelnde GSM-Netze konkurrieren mit zwei paketvermittelnden Datenfunkinstallationen. Letztere eignen sich fuer die haeufige Uebertragung von kleinen oder mittleren Datenvolumen. Die Tarifierung orientiert sich an den real uebertragenen Paketen. Bei GSM-Netzen bezahlt der Anwender fuer die Verbindungszeit, die fuer den Transfer benoetigt wird. Nachteil aller Loesungen ist, dass die Bandbreite auf maximal 9,6 Kbit/s beschraenkt ist.

*Silke Neufeld ist freie Journalistin in Heidelberg.