Hoffnung auf bessere Finanzierungsmoeglichkeiten

Bei den deutschen IT-Firmen wird die Aktiengesellschaft in

19.04.1996

Als Thomas Garmhausen sein neues Unternehmen, die Garmhausen AG, gruendete, und dafuer die Rechtsform der kleinen Aktiengesellschaft waehlte, war er fast allein auf weiter Flur. Mittlerweile steigt die Zahl der mittelstaendischen Unternehmen, die ihre GmbH in eine AG umwandeln. So firmieren unter anderem bit by bit Software, Mummert & Partner, Soft M, Telemation, Teles oder die R. Boeker Unternehmensgruppe als AG oder haben diesen Schritt angekuendigt.

Moeglich gemacht hat den Wechsel der Gesellschaftsform die Neufassung des Aktienrechts im Jahr 1994 sowie eine Aenderung des Umwandlungsgesetzes, die im Januar 1995 in Kraft trat. So reichen nun 100 000 Mark Grundkapital zur AG-Gruendung aus. Der Mindestnennbetrag der Aktien wurde auf fuenf Mark gesenkt. Auch der organisatorische Aufwand ist bei der "kleinen AG" geringer. So benoetigen Aktiengesellschaften mit 500 und weniger Mitarbeitern zum Beispiel keinen Aufsichtsrat. Hinzu kommt, dass Beschluesse der Aktionaere nicht mehr der Beurkundung eines Notars beduerfen.

Ausschlaggebend fuer viele AG-Gruender ist die einfachere Kapitalbeschaffung. "Als DV-Unternehmen hat man mit den Banken nur Probleme. Einer Softwarefirma bleibt eigentlich nichts anderes als ein Wechsel zur AG, um an Finanzmittel zu kommen", erklaert Martin Reiter, Geschaeftsfuehrer der Berliner bit by bit Software GmbH. Das Unternehmen will demnaechst den Schritt zur AG vollziehen.

Die Entscheidung fuer die Umwandlung erfolgt in der Regel in einer Wachstumsphase. So bezeichnet Udo Siegert, Vorstand der Telemation Netzwerk AG, den Wandel als Vorbereitung der Expansion bis ins kommende Jahrtausend hinein. Auch die Berliner Teles AG rechnet mit deutlich steigenden Umsaetzen. 1997 will man die symbolische Grenze von 100 Millionen Mark durchbrechen nach 24 Millionen Mark im Vorjahr.

Die Boersenemission muss nicht Endziel seinH4>/H4>

Den Boersengang haben die jungen Aktiengesellschaften vorerst nicht im Auge. Er duerfte sich auch angesichts der aktuellen Boersenzulassungsregeln schwierig gestalten. Ein eigener Markt fuer mittelstaendische Unternehmen aehnlich dem Nouveau Marche in Paris ist in Deutschland noch nicht vorhanden, ebenso wie die Gruendung des Nasdaq-Pendants Easdaq noch in den Sternen steht. Im deutschen Freihandel fehlen die erfolgreichen Beispiele, denkt man an die Querelen um die DB-Soft AG. Das verlustgeplagte Unternehmen bereitet seinen Aktionaeren derzeit wenig Freude und muss sich nun zum zweiten Mal einem Angebot zum Aktientausch der Kapas Boersenmakler AG erwehren.

Als AG bietet sich auch ohne Boersennotierung die Moeglichkeit, durch Aktienausgaben an Kapital zu gelangen. bit by bit Software hat neben den bisherigen Firmeneignern Vertriebspartner, Mitarbeiter und Kunden als kuenftige Aktionaere im Visier. 15 Prozent der Anteile sollen fuer 22 Mark das Stueck in den ausserboerslichen Freihandel gehen. 15000 Titel seien bereits gezeichnet, und die bit-by-bit-Geschaeftsfuehrer gehen angesichts dieser guenstigen Zwischenbilanz davon aus, dass der Handelswert der Aktien ueber dem Sechsfachen des Nominalwerts liegen wird.

Fuer manche Unternehmen liegt auch in den organisatorischen Unterschieden zur GmbH der Anreiz. So hat Mummert + Partner derzeit keinen Verkauf der Aktien an Dritte oder eine Boerseneinfuehrung geplant. Das Beratungshaus, das am 1. Januar 1996 in eine AG umgewandelt wurde, schafft damit einen neuen Rahmen fuer sein Partnerschaftskonzept. So halten die unter der Dachorganisation Mummert + Partner GmbH zusammengefassten Partner 73 Prozent sowie das Management der AG 27 Prozent der Anteile. Die Gesellschaftsform einer AG ermoegliche weitere Partnerschaften, ohne die Entscheidungsprozesse unnoetig zu komplizieren, da Eigentuemer- und Geschaeftsfuehrungsfunktionen klar getrennt seien, erklaert das Unternehmen.

Reiter betrachtet die neue Gesellschaftsform als gute Sache, die jedoch noch ihre Tuecken hat. Will ein Softwarehaus kuenftig als kleine AG firmieren, steht es vor dem gleichen Problem, das auch den Umgang mit den Banken so schwierig macht: der Bewertung seiner Produkte. "Hier ist die Politik gefordert", so der Geschaeftsfuehrer.