"Ein notwendiger Schuß vor den Bug der CA"

Bei den Anwendern wächst das Unbehagen über EDS-CA-Streit

14.02.1992

MÜNCHEN (CW) - Der Rechtstreit zwischen CA und EDS um Schadenersatz in Milliardenhöhe (siehe CW 6/92, Seite 1) geht nicht spurlos an den Anwendern vorbei. Besonders in den USA macht sich Unruhe breit.

Es sei ja wohl undenkbar, daß ein Autobus-Verleiher auf die Idee komme, dem Mieter vorzuschreiben, auf welchen Strecken er wie viele Passagiere zu welchen Tarifen zu transportieren habe. Diese Absurdität sei in der DV-Branche bei Softwarelizenzverträgen aber gängige Praxis. Mit diesem Bild wurde auf einer Konferenz der Gartner Group in Dallas versucht, den Kern der Auseinandersetzungen zwischen CA und Outsourcer EDS zu beschreiben.

Es mehren sich die Vorwürfe gegen Computer Associates, mit den Kunden rüde umzugehen. "Als ich von der ersten EDS-Klage hörte, war meine erste Reaktion: jawohl! Es ist allerhöchste Zeit, daß jemand gegen CAs Preispolitik auftritt", sagt Mark Jankowski, DV-Chef des Nahrungsmittel-Multis Pepsico.

"CA braucht eine Botschaft von der Kundenbasis", meint auch Doug Underhill, stellvertretender Präsident technische Dienste bei CSX Corp., Jacksonville, Florida. "Einiges an ihrer Politik und ihren Vertragsinterpretationen sowie die Abhängigkeit vieler Leute von CA könnten eine gewaltige Last für die Kunden darstellen." Auch CA-Anwender CSX habe bisher Differenzen mit CA gehabt, habe sie aber außergerichtlich beilegen können.

Offenbar hat EDS mit ihrer Klage Sympathien bei CA-Anwendern gewonnen. Viele Firmen könnten es sich ob des Rezessionsdrucks nicht leisten, einem für ihre kritische Software wichtigen Anbieter den Fehdehandschuh hinzuwerfen, deutet Jim Dudziak, Vice-President Operations Services beim langjährigen CA-Anwender Brush Wellmann in Cleveland, wachsenden Unmut an.

"Wir haben CA gesagt, daß sie uns kurzfristig im Griff haben, aber daß wir das nicht ewig dulden werden."

Offenbar wird angesichts hoher Preise ein Mißverhältnis zur erbrachten Leistung moniert. "Das Preisproblem jagt mir einen Schrecken ein. Und was mich verstört, ist die Arroganz, mit der einige Hersteller in dieser Frage möglicherweise ein Desaster für viele andere Hersteller heraufbeschwören könnten", meinte Tom Reinhardt, DV-Chef beim Unterhaltungskonzern United Artists. Er könne ja noch verstehen, daß Softwarehersteller für proprietäre Großsysteme bemüht seien, trotz des Trends zum Desktop-Computing ihre Einnahmequellen zu retten, aber die Sympathie habe Grenzen.

"Es wird gerne vergessen", mahnt Reinhardt, "daß Anwender Alternativen haben. Ich sehe eine echte Möglichkeit darin, die Software-Entwicklung ins Ausland zu verlagern." Dort gebe es billige Programmierer, und durch einfache, aber mächtige Entwicklungs-Tools könnte eigene Software-Entwicklung wieder an Attraktivität gewinnen.

Als unmittelbare Folge des Rechtsstreits befürchtet Arthur Gillis, Päsident des auf Outsourcing spezialisierten Beratungsunternehmens Computer Based Solutions, New Orleans, allerdings, "daß die Systemspezialisten in den Büros der Rechtsanwälte hocken, obwohl die Piepser Alarm schlagen". Letztlich wären die Anwender die Leidtragenden, "wenn die Aufmerksamkeit von den entscheidenden Aktivitäten abgelenkt wird: Entwicklung, Management und Strategie".