"Gefälligkeitsquittung" vorgelegt

Bei Catering-Kosten gemogelt - Rauswurf rechtens?

13.01.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Wer seinem Arbeitgeber eine falsche Quittung über Bewirtungskosten vorlegt, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenten rechnen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am 8. Juli 2010 über die fristlose Kündigung gegenüber einer Bahnbeschäftigten verhandelt. Die Arbeitnehmerin hatte ihr 40-jähriges Dienstjubiläum gefeiert, im Anschluss daran dem Arbeitgeber eine von einer Catering-Firma erhaltene "Gefälligkeitsquittung" über einen Betrag von 250,00 Euro für Bewirtungskosten vorgelegt und sich den Betrag erstatten lassen, während sich die Bewirtungskosten in Wirklichkeit nur auf rund 90,00 Euro beliefen.

Foto: Fotolia, Th. Brugger

Beim Arbeitgeber bestand eine Regelung, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg vom 08. Juli 2010, Az.: 2 Sa 509/10, wonach aus Anlass des 40jährigen Dienstjubiläums nachgewiesene Bewirtungskosten bis zur Höhe von 250,00 Euro erstattet werden.

Das Landesarbeitsgericht verwies darauf, dass es sich um eine strafrechtlich relevante grobe Pflichtwidrigkeit handele, so dass ein Kündigungsgrund "an sich" vorliege; im Rahmen der im Einzelfall anzustellenden Interessenabwägung seien die konkret für und gegen die Kündigung sprechenden Gründe abzuwägen. Nach der erfolgten Rechtsprechungsänderung durch das Bundesarbeitsgericht im sogenannten Pfandbon-Fall müsse davon ausgegangen werden, dass der langjährigen und unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit eine sehr hohe Bedeutung zukomme und dass der damit erworbene Vertrauensbestand durch eine einmalige Verfehlung nicht in jedem Falle aufgebraucht werde.

Auch sei zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterin die Pflichtwidrigkeit - anders als die Kassiererin im Pfandbon-Fall - nicht im Rahmen ihrer Kerntätigkeit, sondern nur "bei Gelegenheit" dieser begangen habe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterin - anders als die Kassiererin im Pfandbon-Urteil - ihre Pflichtwidrigkeit bei der Anhörung durch den Arbeitgeber sofort eingeräumt habe.

Zulasten der Beschäftigten sei demgegenüber allerdings gewichtig in Rechnung zu stellen, dass es sich bei dem zu Unrecht erhaltenen Betrag um keine "Geringfügigkeit" handele und dass sie durch die Einreichung einer "Gefälligkeits-"Quittung ganz bewusst und geplant eine betrügerische Handlung vorgenommen habe, was auf einen erheblichen Unrechtswillen hindeute.