Wenn das Betriebssystem MS-DOS heißt:

Bei 640 Kilobyte fällt der Hammer

28.11.1986

Vor wenigen Jahren stellte IBM seinen ersten Personal Computer der Öffentlichkeit vor. Das Gerät war in der Grundausstattung mit 64 Kilobyte Hauptspeicher bestückt und lief unter dem Betriebssystem PC-DOS. Heutige PCs verfügen über Arbeitsspeicherkapazitäten, die teilweise mehr als zehnmal so groß sind. Das Betriebssystem blieb allerdings im wesentlichen das gleiche.

Neben der von IBM dem PC beigegebenen PC-DOS etablierte sich auf dem Markt der Kompatiblen das zum Verwechseln ähnliche MS-DOS, das vorher bereits dem Sirius I von Victor Industries auf die Beine geholfen hatte. Beide stammen aus dem gleichen Haus, nämlich Microsoft. Leistungsumfang ebenso wie Benutzeroberfläche der beiden Zwillinge sind praktisch identisch.

Damals, als die ersten PCs sich anschickten, die Schreibtische zu erobern, dachte niemand an so anspruchsvolle Anwendungen wie CAD. Für die ins Auge gefaßte Textverarbeitung, einfache Datenbanken und ähnliche Büroanwendungen waren die DOS-Betriebssysteme völlig ausreichend.

Die wesentlichsten Limitierungen von MS-DOS und PC-DOS sind: Begrenzung des Arbeitsspeicher-Umfanges auf 640 Kilobyte, kein Multitasking möglich, nur rudimentäres Record Locking für LAN-Anwendungen und keine virtuelle Adressierung. Eine weitere Schwäche besteht derzeit noch in der Beschränkung der Fastplattenkapazität auf 30 MB.

Die zunehmend komplexen werdende Software, in diesem Fall CAD, verlangt nach all diesen Features. Vor allem der Adreßbereich ist für aufwendige, großformatige Konstruktionen entschieden zu klein. Zeitgemäße CAD-Workstations verfügen über Hauptspeicherkapazitäten von zwei Megabyte an aufwärts. Die in den IBM-PCs verwendeten Prozessoren werden mit den Microsoft-Betriebssystemen ohnehin nicht ausgereizt. So verfügen die Typen 8088 bis 80186 über einen Adreßbereich von einem Megabyte; der im AT eingesetzte 80286 kann bis zu 16 MB adressieren - nur nutzt das Betriebssystem diese Fähigkeiten nicht.

Ähnlich verhält es sich mit der virtuellen Adressierung. Diese ist dann gefordert, wenn Programme oder Datenbestände den Rahmen des physikalisch verfügbaren Hauptspeichers sprengen würden; der Prozessor kann dann je nach Bedarf Teile des Programms beziehungsweise der Daten auf die Festplatte auslagern und so, für den Anwender transparent, einen größeren Arbeitsspeicher vortäuschen. Der 80286 ist in der Lage, bis zu einem Gigabyte virtuellen Speicher anzusprechen. Gegenwärtige Versionen von DOS ignorieren dieses Feature.

Microsoft hat allerdings schon vor einiger Zeit PC-Betriebssysteme angekündigt, die diese Beschränkungen sprengen. Das in der ersten Hälfte des nächsten Jahres zu erwartende MS-DOS 3.3 wird größere Festplattenkapazitäten verwalten können. Die Version 5.0, die ebenfalls im Lauf des nächsten Jahres auf den Markt kommen soll, wird dann auch die 640-KB-Sperre nicht mehr kennen. Allerdings wird sie auch nur auf Maschinen laufen, die mit dem 80286 bestückt sind, wie dem PC AT oder dem XT 286. Dem Vernehmen nach soll diese Version auch die Multitasking-Fähigkeiten des Prozessors nutzen. Ob sie außerdem ein erweitertes Record Locking und virtuelle Adressierung gestattet, ist zur Zeit nicht bekannt.