Bundesrechnungshof rügt IT-Entscheidungen

Behörden verschleudern Geld

08.11.1996

So beendete die Bundesanstalt für Arbeit ein Projekt zur Neugestaltung eines Informationstechnik-Verfahrens für die Berechnung und Auszahlung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld erfolglos. Nachdem die Bundesanstalt das Vorhaben ursprünglich innerhalb von dreieinhalb Jahren mit eigenem Personal und Kosten von sieben Millionen Mark hatte realisieren wollen, wurde es statt dessen nach vierjähriger Laufzeit und nach Unterstützung durch private Beratungsunternehmen kurzerhand beendet. Dadurch entstand ein Aufwand in Höhe von insgesamt rund 50 Millionen Mark.

Auch der Einsatz von Textverarbeitungssystemen in Behörden hat, so die Recherchen des Bundesrechnungshofs, nicht zu einer wesentlichen Verringerung der Zahl der Schreibkräfte und damit auch nicht zu spürbaren Spareffekten geführt. Eine höhere Effizienz stelle sich auch deshalb nicht ein, weil die meisten der überprüften Ministerien vor dem Einkauf von DV-Equipment die angestrebten Ziele nicht exakt formulieren und die Auswirkungen des IT-Einsatzes nur unzureichend kalkulieren. Deshalb könne auch der Erfolg der Projekte kaum gemessen werden.

Beispielsweise stapeln sich im Keller des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hochwertige Datenverarbeitungs- und Telefonanlagen im Wert von rund 1,4 Millionen Mark, die von den Mitarbeitern des Amtes noch nie eingesetzt wurden.

Durch unnötige, teure Ausstattung insbesondere mit Laserdruckern, Großbildschirmen und Komforttelefonen seien Mehrausgaben in Höhe von fast acht Millionen Mark entstanden. Zusätzliche Kosten habe auch der vorzeitige Erwerb von Geräten und elektronischen Bauteilen verursacht.

Nach Abschluß der probeweisen Einführung eines IT-gestützten Patentinformationssystems versäumte es das Deutsche Patentamt, die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens, insbesondere Möglichkeiten alternativer technischer Lösungen, nochmals zu untersuchen. Dadurch sind laut Bundesrechnungshof erhebliche Einsparpotentiale nicht genutzt worden. Durch den verfrühten Einsatz eines noch in der Entwicklung befindlichen IT-Systems im Bereich Schutzrechtserteilung und -verwaltung seien vermeidbare Mehrausgaben in Höhe von 2,3 Millionen Mark angefallen. Zudem seien Gebühren für IT-gestützte Dienstleistungen des Deutschen Patentamts nicht in jedem Fall kostendeckend gewesen. Allein bei einem IT-Verfahren habe sich im Lauf des fünfjährigen Betriebs ein Fehlbetrag in Höhe von 2,5 Millionen Mark angesammelt.

Die Bundeszollverwaltung betreibt, so der Bundesrechnungshof weiter, an sechs Standorten Rechenzentren mit Großrechneranlagen. Würden die Rechenzentren an einem Standort konzentriert, ließen sich 60 Stellen und insgesamt Sach- und Personalkosten in Höhe von jährlich rund acht Millionen Mark einsparen.

Das Heer wiederum lagert überschüssiges Material im Beschaffungswert von rund 13 Milliarden Mark. Obwohl der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages das Bundesministerium für Verteidigung im Jahre 1990 aufgefordert hatte, ein rechnergestütztes Aussonderungs- und Verwertungsverfahren zu entwickeln und einzuführen, seien die für den wirksamen Einsatz des entsprechenden DV-Systems notwendigen Voraussetzungen noch nicht geschaffen. Deshalb würden weiterhin Materialüberschüsse beim Heer nicht systematisch ausgesondert. Damit werden mögliche einmalige Verwertungserlöse und jährliche Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe nicht realisiert.