Asschreibungsunterlagen eines Kultusministeriums als Know-how-Speicher:

Behörde liefert Checkliste für Mehrplatz- Mikro- Systeme

19.04.1985

Zweck dieser Veröffentlichung ist nicht, dem Bayerischen Kultusministerium zu helfen. die Portokosten niedrig zu halten. sondern den potentiellen Anwendern von Mikrocomputersystemen unter unseren Lesern ein sehr präzises Mikro-Anforderungsprofil zur Verfügung zu stellen. Der Erfahrungsschatz der bayerischen Kultusbeamten, die sich um die Informatik als Schulfach kümmern. hat sich im Laufe der Jahre so angereichert. daß bei den im Turnus erscheinenden öffentlichen Ausschreibungen die wesentlichen Systemkriterien vorbildlich herausgearbeitet sind und auch die neueren Hard- und Softwareentwicklungen berücksichtigt werden. Selbst wenn kein aktueller Bedarf für ein Mehrplatz-System auf Mikrocomputerbasis bestehen sollte - die hier breit abgedruckte Ausschreibung kann auch für künftige Anschaffungen im kommerziellen Sektor eine hilfreiche und ausführliche Checkliste für Benutzer sowie Anbieter abgeben: Also kopieren und gut aufbewahren.

A) Schulrechner konfigurationen

(I) Dezentrales Zehnplatzsystem. bestehend aus

- 10 Arbeitsplätzen entsprechend B1 und B2;

- 10 Diskettenlaufwerken entsprechend B3, wobei mindestens an zwei Arbeitsplätzen ein Doppellaufwerk gefordert wird;

- 2 Drucker entsprechend B5, wobei mindestens einer grafikfähig sein und einer Korrespondenzqualität haben soll.

(Il) Dezentrales Vierplatzsystem, bestehend aus

- 4 Arbeitsplätzen entsprechend B1 und B2;

- 4 Diskettenlaufwerken entsprechend B3, wobei mindestens ein Doppellaufwerk gefordert wird;

- 1 Drucker entsprechend B5 (möglichst grafikfähig).

(III) Zentrales Zehnplatzsystem. bestehend aus

- 1 Rechner mit genügend großer Leistung entsprechend B1;

- 10 Arbeitsplätzen entsprechend B2;

- 1 Plattenlaufwerk entsprechend B4;

- 1 Drucker entsprechend B5 (in der Regel entsprechend B5c, gegebenenfalls zweiter Drucker mit Korrespondenzqualität).

(IV) Zentrales Vierplatzsystem, bestehend aus

- 1 Rechner mit genügend großer Leistung entsprechend B1;

- 4 Arbeitsplätzen entsprechend B2

- 1 Plattenlaufwerk entsprechend B4, eventuell auch Doppellaufwerk für Disketten, falls genügend leistungsfähig;

- 1 Drucker entsprechend B5 (möglichst grafikfähig).

Die Systeme III und IV müssen dabei so ausgelegt sein, daß die Antwortzeiten auch beim gleichzeitigen Betrieb aller Arbeitsplätze zufriedenstellend sind. Daher kann es eventuell nötig sein, das Zehnplatzsystem durch zwei Fünfplatzsysteme zu realisieren.

B) Anforderungen an die einzelnen Komponenten

1) Rechner mit Betriebssoftware und Schnittstellen

a) genügend großer Arbeitsspeicher für Betriebssystem und Programmiersprachen beziehungsweise Anwendersoftware

b) Betriebssoftware

- nach Möglichkeit ein standardisiertes Betriebssystem wie MS-DOS oder ein bereits an bayerischen Schulen erprobtes System (zum Beispiel CP/M)

- höhere Programmiersprache (jedenfalls Basic mit Interpreter) mit den üblichen mathematischen Funktionen und Operationen, mit der notwendigen Genauigkeit für numerische Aufgaben und den Befehlen für Zeichenketten- und Dateiverarbeitung sowie für Grafik (vergleiche 2b) - Möglichkeit, auch eine besser strukturierende Sprache wie Pascal (nach Möglichkeit Turbo-Pascal oder USCD-Pascal) einzusetzen

- Bildschirm-Editor zum Erstellen von Programmen in den genannten Programmiersprachen und von Texten

- Dienstprogramme für Disketten- und Dateiverwaltung.

c) Schnittstellen

- zum Anschluß der Drucker

- zum Anschluß von Disketten- beziehungsweise Plattenlaufwerken

- für Meßwerterfassung beziehungsweise Steuerungen erwünscht

- Btx-Fähigkeit erwünscht

d) Ausgabemöglichkeit des Bildschirmsignals; inklusive Grafik auf externe Geräte (vor allem Fernseher; falls zusätzliches Interface nötig, nur an einem Arbeitsplatz)

e) Anschlußmöglichkeit eines externen Bildschirms für Farbgrafik erwünscht

2) Tastatur und Bildschirm

a) Schreibmaschinentastatur mit deutschem Zeichensatz und Editier-Tasten; nach Möglichkeit umschaltbar auf ASCII, mit ausgelagertem Zehnerblock und gesonderten Funktionstasten

b) Bildschirm

- mit mindestens l000 Zeichen und mindestens 12 Zoll

- grafische Darstellungsmöglichkeit von mindestens 5000 Punkten auf mindestens einem der Bildschirme

- nach Möglichkeit sollte die Textausgabe wahlweise mit 80 oder 40 Zeichen/Zeile (jeweils zeilenfüllend) erfolgen können

3) Diskettenlaufwerke

a) Doppellaufwerk für Disketten mit mindestens l50 KB formatiert pro Diskette, für größere Spulen 500 KB

b) Einzellaufwerk für Disketten, kompatibel mit dem Doppellaufwerk

4) Plattenlaufwerk Zusätzlich zu den Diskettenlaufwerken ist auch ein Plattenlaufwerk mit zirka 5 MB Speicherplatz wünschenswert. Wichtig: Sicherungsmöglichkeiten

5) Drucker Folgende Druckeralternativen mit jeweils 80 Zeichen pro Zeile bei 10 Zeichen pro Zoll sollen angeboten werden:

a) Matrixdrucker mit mindestens 80 Zeichen pro Sekunde, Traktorführung für Endlosformulare (mindestens 240 Millimeter Papierbrite inklusive Lochrand); nach Möglichkeit Grafikfähigkeit entsprechend Bildschirm sowie Walzenvortrieb für Einzelblattbearbeitung

b) Drucker mit Korrespondenzqualität (möglichst Typenraddrucker oder Matrixdrucker mit Near-Letter-Quality) mit mindestens 40 Zeichen pro Sekunde, Traktorführung für Endlosformulare

c) Matrixdrucker mit zirka 250 Zeichen pro Sekunde erwünscht, sonst wie a)

6) Vernetzung

a) Wünschenswert ist ein einfaches Verbundsystem, das problemlos und ohne Kabelumstecken die Ausgabe auf den Drucker von allen Arbeitsplätzen erlaubt (Druckerweiche).

b) Als Alternative zu den Einzellaufwerken an jedem Arbeitsplatz ist ein Verbundsystem denkbar, das von allen Plätzen zugleich: einen problemlosen Zugriff auf das Doppellaufwerk ermöglicht (wichtig: Laden und Speichern von Programmen, gleichzeitige Datenverarbeitung)

c) Soweit vorhanden sollte auch ein leistungsfähigeres Verbundsystem angeboten werden, das neben den, Funktionen von a) und b) auch noch den Austausch von Informationen (zum Beispiel Bildschirminhalten, Programmen) zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen gestattet.

7) Anwendersoftware

Für den Einsatz der Geräte im Unterricht an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen werden spezielle Unterrichtsprogramme wie auch unterrichtsgeeignete kommerzielle Programme benötigt wie zum Beispiel

a) Textverarbeitung (Editieren von Texten und Absätzen; Seiteneinteilung (Rand, Zeilen pro Seite); Druckausgabe (Druckerparameter); nach Möglichkeit auch Serienbriefe und Textbausteine

b) Datenbank

(Definition des Datensatzes und von Eingabemasken; Verarbeiten nach Sätzen (Einfügen, Ändern, Löschen, Sortieren); Suchen nach Merkmalen; Ausdrucke mit Listengenerator)

c) Tabellenkalkulation (für Industrie und Handel)

d) Finanzbuchhaltung

(betriebliche Kreditoren-, Debitoren- und Sachkonten)

e) Lohn- und Gehaltsabrechnung

(Personalstammdaten, Abrechnungsfaktoren)

f) Materialwirtschaft

(Verwaltung des Lagers in zeitlicher, quantitativer und qualitativer Hinsicht, Inventur)

g) Auftragsbearbeitung (Abwicklung eines Kaufvertrags)

h) CAD/CAM

(Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigungssteuerung)

i) CNC-Simulation

(nach DIN 66 025; NC-Programm-Eingabe, Grafik-Ausgabe)

Es ist jeweils eine genaue Beschreibung des Leistungsumfangs notwendig (etwa Prospekte mit Angaben). Falls das Unternehmen diese Produkte nicht selbst vertreibt, sind Hinweise auf andere Software-Unternehmen nötig, die diese Programme in einer an den Rechner angepaßten Version anbieten.

Dabei besteht vor allem auch Interesse an einer pädagogisch aufbereiteten Software oder an "abgemagerten" Versionen, die für Schulungen verwendet werden.

Die einzelnen Geräte und Gerätekombinationen müssen in ihrer Bauweise so beschaffen sein, daß geringe Störanfälligkeit und niedrige Reperaturkosten gewährleistet sind.

C) Besondere Leistungen des Anbieters

Für die Ausstattung der Schulen sind bei den Herstellern beziehungsweise Vertriebsfirmen und den regionalen Vertragshändlern die nach folgend aufgeführten Leistungen, wichtig:

1) Gewährleistung der Generalunternehmerschaft für Hardware und Betriebssoftware hinsichtlich Kauf, Garantieleistung und Reparaturdienst, auch wenn die einzelnen Komponenten von verschiedenen Zulieferfirmen kommen.

2) Den Schulen sollen als Partner bei

der Auslieferung der Geräte Garantieleistung, Reparaturen und Beratung schulnahe, qualifizierte Vertragshändler zur Verfügung stehen.

3) Die Auslieferung an die Schulen erfolgt durch diese Vertragshändler, für die folgende Leistungen zugesichert werden können:

- Die Auslieferung erfolgt nach einer vorherigen Austestung mit der erforderlichen Justierung.

- Der Vertragshändler übernimmt die kostenlosen Arbeiten im Rahmen der Garantiezeit ab erfolgreich abgeschlossenem Funktionstest. Der Funktionstest wird von der Schule innerhalb von vier Wochen nach Lieferung durchgeführt. Wird bei diesem Funktionstest die Funktionsunfähigkeit eines Gerätes festgestellt, so beginnt die Garantiezeit für dieses Gerät erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die volle Funktionsfähigkeit festgestellt wird.

- Die Garantiezeit sollte nach Möglichkeit ein Jahr betragen

4) Sicherstellung einer kurzen, kostenlosen Einweisung der Schulen in die Handhabung der Geräte bei der Übergabe von Hardware und Software durch die Händler. Zusätzlich ist eine weitergehende möglichst kostenlose Schulung erwünscht

5) Sicherstellung eines preisgünstigen, zuverlässigen und schulnahen Reparaturdienstes in ganz Bayern Beschreibung dieses Reparaturdienstes:

a) Welches Kundendienstnetz ist vorhanden?

b) Besteht ein turnusmäßiger Abholdienst ?

c) Durchschnittliche Zeitdauer zwischen Meldung der Störung und Abschluß der Reparatur?

d) Voraussichtliche Kosten (Beispiele für Standardreparaturen, Schätzung der voraussichtlichen jährlichen Durchschnittskosten für auftretende Reparaturen in einem Vierplatzsystem aufgrund von Erfahrungswerten).

e) Besteht die Möglichkeit eines kostengünstigen Depotwartungsvertrages)

6) Bereitschaft des Unternehmens zur Mitarbeit bei der Umstellung der vorhandenen Programme auf die neuen Geräte (Hardware-mäßiges Überspielen der bayerischen Schulverwaltung- und Unterrichtsprogramme)

7) Gültigkeit des Angebots

a) Das Angebot sollte mindestens für ein Jahr nach der Abgabe gültig sein; etwaige spätere Preissteigerungen sollten sich im Rahmen einer eventuellen marktüblichen Steigerungsrate halten.

b) Die mitgeteilten Preise müssen auch für Nachbestellungen, für Einzelbestellungen anderer Aufwandsträger der Schulen gelten.

c) Zusicherung der Firma, daß die Produktlinie oder kompatible Geräte der gleichen Preisklasse noch mehrere Jahre angeboten werden, damit sich bei stufenweiser Ausstattung etwaige Kompatibilitätsprobleme in geringem Umfang halten.

8) Bereitschaft der Unternehmen die Lehrerfortbildung zu unterstützen (Bereitstellung von Leihgeräten oder auch Anbieten geeigneter, kostengünstiger Schulungen).

Das Angebot ist bis spätestens 29 April 1985 zu richten an das Staatstinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung Referat EDV Anwendungen in den Schulen; Arabellastraße 1, 8000 München 81.