Aufbau von Personal-Datenbanken

Beförderung am Bildschirm geplant

29.08.1975

MÜNCHEN - Die Deutsche Texaco AG, Hamburg, ist kennzeichnend für das Problem: Das Unternehmen beschäftigt regelmäßig etwa 7500 Mitarbeiter, die nach den jeweiligen Organisationsplänen der Firma 800 bis 1000 klar voneinander unterscheidbare Tätigkeiten verrichten - tatsächlich aber sind es, nach Schätzung der Firmenleitung, heute bis zu 1600. Die Organisations- und Personalpläne hinken, verursacht durch die schnelle technische Entwicklung auch am Arbeitsplatz hinter der betrieblichen Realität hinterher.

Ähnliche Probleme gibt es bei der Pharma-Herstellerin Knoll AG, Ludwigshafen. Beide Firmen haben eins gemeinsam: Sie entwickeln zur Zeit ein umfassen - des Personal-Informations-System auf der Basis einer Personal-Datenbank. Ein gleiches Projekt läuft bei der Bausparkasse Wüstenrot, Stuttgart.

Pioniertat

Zweifellos leisten die drei genannten Firmen Pionierdienste. Die über EDV laufende große Personal-Datenbank wird in einem Jahrzehnt für jede Firma ab einer bestimmten Größe Selbstverständlichkeit sein.

Wo diese Grenze liegt, ist heute noch Gegenstand der Spekulation. 7500 ständige Arbeitnehmer bei der Texaco, rund 6000 bei Knoll, etwa 4000 bei Wüstenrot - sie alle sind Großbetriebe, bei denen es entsprechend große Personalabteilungen mit einer nach zehn- und hunderttausenden zählenden Fülle einzelner Personalakten gibt. Die Rentabilität der Übernahme in EDV-Datenbanken liegt auf der Hand.

Untergrenze 600 Beschäftigte

Ein IBM-Sprecher zur CW: "Je mehr Beschäftigte mit weitgehend unterschiedlicher Aufgaben- und Bezahlungsstruktur - desto lohnender wird der Einsatz einer Personal-Datenbank. Im Normalfall also bei mehreren tausend Mitarbeitern - in extremen Sonderfällen kann aber die untere Grenze schon bei etwa 600 ständigen Arbeitnehmern liegen." Siemens rechnet ähnlich. Das deutsche Unternehmen baut seit Jahren konzernintern ein entsprechendes System auf. Im Wettbewerb zwischen IBM und Siemens um den künftigen Anwendermarkt Personal-Datenbanken sind die Böblinger etliche Nasenlängen voraus: Sie können heute schon ihre beiden Systeme "Persis I" (Lizenzgebühr für die ersten zwölf Monate je 1400 Mark, danach zeitlich unbegrenzt freie Nutzung) und "Persis II" (DM 1500.-) anbieten. Benötigte Hardware: Ab /370-135. Texaco, Knoll und Wüstenrot projektieren mit Persis.

Texaco-Leitgedanken

Wie sich ein Personal-Informations-System aufbauen läßt, wird am Texaco-Beispiel deutlich. Die Firma formuliert "Leitgedanken": -

- Übernahme der vorhandenen Personal-Anwendungen (zum Beispiel Lohn- und Gehaltsabrechnungsprogramme) in das Texaco-Personalsystem

- Beachtung von Anschlußpunkten für einen stufenweisen Ausbau eines umfassenden Personalsystems.

Als "Ziel der 1. Ausbaustufe" nennt die Firma:

- Aufbau eines Personal-Datenbank-Systems als Grundlage für die EDV-technische Abwicklung der Personalaktivitäten

- Ablösung der manuell erstellten Berichte und Statistiken durch EDV-Anwendungen

- Freisetzung von Mitarbeitern für die Einführung von weiteren Anwendungen im Personalbereich.

Verknüpfungen möglich

Der Texaco-Personalbereich ist in fünf Funktionen unterteilt:

- Personalverwaltung

- Lohn- und Gehaltsabrechnung

- Personalplanung

- Personalsteuerung

- Personalförderung.

Das Datenbank-System soll aus folgenden Datenbanken bestehen:

- Personal-Datenbank

- Fähigkeiten-Datenbank

- Stellenplan-Datenbank

- Tätigkeiten-Datenbank

- Personalstatistik-Datenbank

- Tarifgruppen-Datenbank

Untereinander sind die Datenbanken verknüpf, Daten aus mehreren Bereichen können also zu logischen Blöcken zusammengefaßt und ausgewertet werden.

Kennziffern für Fähigkeiten

Besonders aufschlußreich ist ein Blick auf diese Verknüpfungsmöglichkeiten bei der "Skills"-Datei, die zweifach sortiert vorhanden ist: alphabetisch und nach den einzelnen Fähigkeiten zugeordneten Kennziffern. Beispiele: 1022 Operations Research, 1060 Statistische Methoden, 1065 Marktforschung usw. Alphabetische Reihenfolge: 2000 Arbeitsplatzbewertung, 2050 EDV- Kenntnisse, 1065 Marktforschung usw. Es wird dadurch möglich, einerseits alle für eine bestimmte Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten - verschiedentlich, wie bei Fremdsprachen, noch unterschieden nach Beherrschungsgrad - aufzulisten und andererseits abzufragen, welche Tätigkeiten eine bestimmte Fähigkeit benötigen. Daß ein Bewerber von draußen oder ein innerbetrieblich umzusetzender Mitarbeiter künftig per Bildschirm ungleich schneller als bei der früheren manuellen Auswertung von Fragebogen die für sie und den Betrieb optimale "Freistelle" finden können, ist ebensogut vorstellbar wie die erzielbaren Kosteneinsparungen.