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Bayerischer Rechnungshof geißelt IT-Verschwendung

10.12.2002
Der jüngst vorgestellte Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes kritisiert, wie locker mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen wird. Dabei stehen auch IT-Projekte am Pranger.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im jüngst vorgestellten Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH) kritisiert Präsident Alfons Metzger, wie locker mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen werde. Dabei stehen auch verschiedene IT-Projekte des Freistaats im Visier der Rechnungsprüfer.

Auf 206 Seiten geißelt der aktuelle ORH-Jahresbericht die Verschwendung von Steuerngeldern für unter anderem IT.
Auf 206 Seiten geißelt der aktuelle ORH-Jahresbericht die Verschwendung von Steuerngeldern für unter anderem IT.

Nachdem zuletzt der Bundesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2002 verschiedene IT-Projekte wegen fehlerhafter Planung und Koordination gerügt hat (siehe CW 49/02 vom 6. Dezember 2002, Seite 1), kritisiert auch der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Bericht für 2002 verschiedene IT-Vorhaben, die unnötig den Freistaat viele Millionen Euro gekostet haben. Metzger hofft angesichts der aktuellen Wirtschaftsschwäche und der sich daraus ergebenden Steuerausfälle, dass sein Bericht die "ganz besondere Aufmerksamkeit des Parlaments finden wird".

Zunächst jedoch zog das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung die Aufmerksamkeit der Prüfer auf sich. Wegen der bundesweiten Vernetzung der Statistikaufgaben haben die Rechnungshöfe der Länder und des Bundes vereinbart, das öffentliche Statistikwesen genauer zu prüfen. Dabei hat der ORH in Bayern festgestellt, dass erhebliche Einsparpotenziale realisiert werden könnten. So würden beispielsweise nicht alle Möglichkeiten der IT-Unterstützung ausgeschöpft. Auch die bereits vorhandene IT weise Schwachstellen auf. Defizite bei den Fachanwendungen seien in erster Linie auf das schwerfällige System der Verbund-Programmierung der Landesämter mit dem Statistischen Bundesamt zurückzuführen.

Die bestehende IT-Organisation könnte wesentlich verbessert werden, wenn die Daten in elektronischer Form angeliefert würden und nicht wie bisher vorwiegend auf Papier. Damit ließe sich die Datenverarbeitung ohne Medienbrüche fast vollständig automatisiert abwickeln, so die Einschätzung der Rechnungsprüfer. Der Personalbedarf könnte damit auf etwa 20 Prozent reduziert werden. Nicht folgen können die Prüfer der Argumentation der Verwaltung, das Einsparpotenzial ließe sich deshalb nicht realisieren, weil eine elektronische Lieferung der Daten langfristig nicht zu erwarten sei. So strebe die Bayerische Staatsregierung schließlich im Rahmen des E-Government-Projektes an, bis 2005 alle staatlichen Stellen an die elektronische Kommunikation anzuschließen.

Die IT-Organisation der Bayerischen Universitätskliniken in München, Erlangen, Regensburg und Würzburg könnte laut Rechnungshof jährlich rund zehn Millionen Euro einsparen. Die Verantwortlichen würden hier vor allem durch unterschiedliche IT-Verfahren und eigenständige Beschaffung von Hard- und Software Steuergelder verschwenden.

Obwohl sich ein Gutachterausschuss bereits 1994 für die Einführung der SAP-Systeme "IS-H" für die Patientenabrechnung und -verwaltung sowie "IS-H med" für die Leistungs- und medizinische Dokumentation (IS-H steht für Industry Solution for Hospitals) ausgesprochen habe, würden in den Kliniken nach wie vor Individuallösungen eingesetzt. Grund dafür sei, dass beispielsweise der Datenaustausch zwischen den Altsystemen und IS-H oft nicht funktioniere. Auch würden die Ärzte das SAP-System wegen der umständlichen Handhabung wenig nutzen. Infolge dieser Probleme hätten die IT-Verantwortlichen der Kliniken in den letzten Jahren rund acht Millionen Euro für die Entwicklung, Einführung und Betreuung von Individuallösungen ausgegeben. Ein Großteil davon wäre vermeidbar gewesen, hätten sich die Kliniken untereinander abgestimmt.

Auch mit dem HR-System (Human Resources) von SAP für die rund 22.000 Mitarbeiter der bayerischen Universitätskliniken gebe es Schwierigkeiten, kritisieren die Rechnungsprüfer. Obwohl ein Lenkungsausschuss 1994 die Einführung der SAP-Software empfohlen habe, seien die Module für Dienstplanung und Abrechnung bis heute nicht einsatzbereit. Diese müssten nach wie vor manuell erstellt werden. Um sich zu behelfen, hätten die Kliniken insgesamt acht Personalverwal-tungsprogramme für rund 500.000 Euro angeschafft.

Gespart werden könnte auch durch die Zusammenlegung der fünf verschiedenen Rechenzentren, deren Betrieb jährlich rund 18,7 Millionen Euro kostet. Dies scheitere jedoch, so die Argumentation der bayerischen Verwaltungsbehörden, an der Organisationsform der Kliniken. Diese agierten als voneinander unabhängige Staatsbetriebe. Um eine effektive IT-Konsolidierung umzusetzen, wie vom Rechnungshof gefordert, müsste diese Eigenständigkeit zunächst aufgegeben werden.

Zuletzt bemängelt der Rechnungshof das Projekt "Bayern Online" der bayerischen Staatskanzlei. Hier sollte mit einem Etat von rund 180 Millionen Euro ein Hochgeschwindigkeitsnetz aufgebaut sowie der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien gefördert werden. Wesentliche Ziele wie die Integration der verschiedenen Netze und die Vereinigung der Sprach- und Datenkommunikation seien dabei nicht erreicht worden. Außerdem sei bei der Realisierung des Projekts gegen Vergabe- und Haushaltsrecht verstoßen worden. Fazit des Rechnungshofs: "Durch unwirtschaftliches Handeln sind allein in diesem Bereich unnötige Ausgaben von 8,5 Millionen Euro entstanden." (ba)