Auf die Zielvorgaben des Unternehmens kommt es an:

Batchverarbeitung oder Dialog?

13.02.1976

Sie sind "in", die Bildschirme. Sagt man. Und doch bleibt ganz nüchtern zu fragen: "Soll eine neue Möglichkeit in der technischen Landschaft gleich in die Realität des Betriebes Eingang finden?" Nur "in" zu sein, ist hierfür sicher kein überzeugendes Argument.

Vielmehr sind die wesentlichen Entscheidungskriterien zu prüfen, die eine Änderung der DV-Ausstattung begründen könnten. Wo liegen diese Kriterien? Um das ganz kurz und global zu beantworten: In der unternehmerischen Zielsetzung und Notwendigkeit, diese in jedem Teilbereich adäquat zu erfüllen. Nirgends anders.

So herausfordernd das klingt, schon die nächste, tiefergehende Frage beweist es, nämlich die Frage nach der Meßbarkeit dieser Kriterien.

Kriterien untersuchen

Woran sich ein Kriterium besser als an der jeweiligen Zielvorgabe? Wenn ein Unternehmen davon "lebt", seinen Kunden nahezu täglich über den Bearbeitungsstand des jeweiligen Auftrages Auskunft geben zu können, wird die hohe Auskunftsbereitschaft das entsprechend formulierte Unternehmensziel besser erfüllen helfen als eine Kostenersparnis mit dem Effekt abbröckelnder Marktanteile.

Man muß also die Beibehaltung und die Veränderung von Arbeitsabläufen und Ausstattung in ihrer Auswirkung auf die Zielerfüllung sehen, und zwar wenigstens auf Integrationskreisebene (Bereich), am besten jedoch im Gesamtunternehmen. Daher ist auch hervorzuheben, daß sich die Frage nach dem Einsatz eines Dialog-Systems eigentlich nirgends "total" stellt. Es wird immer Bereiche geben, für dies eine Batchverarbeitung unbedingt sinnvoll ist, und es kann daneben Bereiche geben (besonders diejenigen der unmittelbaren Nähe zum Markt), in denen der Einsatz eines Dialog-Systems Vorteile bringt.

Hierzu haben sich Einsatzuntersuchungen auf der Basis detaillierter Checklisten bewährt. Für den Bereich der Finanzbuchhaltung beansprucht eine solche Untersuchung (natürlich unter Einbeziehung des DV-Bereiches) beispielsweise 3 Tage. Aufbau, Abläufe und Kosten in den relevanten Teilbereichen werden zunächst in ihrer Bedeutung für das Gesamtunternehmen gewichtet, eine Aufgabe, die auch den Einsatz des Managements erfordert. In der fachlichen Vertiefung wird dann für jedes gewichtete Detail untersucht, welches Auswirkungen der Einsatz eines Batch-Systems einerseits und eines Dialog-Systems andererseits hierauf haben. Dementsprechend werden Wertungsfaktoren vergeben. Die hieraus ermittelten Wertsummen zeigen mit objektiver Klarheit die Entscheidungsbasis für, die zukünftige Systemgestaltung - Batch oder Dialog?

Lösung prüfen

Eine Entscheidung für ein Dialog-System bedeutet noch lange nicht, das System auch schon nutzen zu können. So setzt die nächste Untersuchungsphase ein mit dem Ziel, ein geeignetes Software-Produkt auf dem Markt zu finden oder ein Programmsystem selbst zu erarbeiten.

Auch hier ist es unerläßlich, eine Zielvorstellung als umfassendes Anforderungspofil zu definieren und die angebotenen Lösungen danach zu werten. So führen Unternehmensberatungen spezielle Einsatzuntersuchungen mit dem Ziel durch, beim Formulieren des Anforderungsprofils zu helfen und andererseits herauszufinden, wie weit das Leistungsprofil (eines Softwareproduktes) die Anforderungen zu erfüllen vermag. Erst der Untersuchungsbericht mit Darlegung des Aufwandes für etwaige individuelle Besonderheiten wird Basis eines detaillierten Angebotes.

Auch hier geht es zunächst einmal um die Aufgabe des Untersuchenden, alle Kriterien zur Entscheidungsfindung zusammenzutragen, um dann den Weg zu der Lösung zu finden, die seiner Zielsetzung entspricht. Diese Vorgehensweise zahlt sich aus: Das Unternehmen kann Einführung und Kosten sorgfältig planen. Es vermeidet damit alle Gefahren, die sich bei ungenügender Prüfung und damit spontaner Entscheidung als immer neue Anpassungsnotwendigkeiten und Kosten bemerkbar machen. Denn eines darf nicht übersehen werden: Der Schritt (beispielsweise) von den Maschinenbebuchten, materiell vorliegenden Konten zur bloßen Op-Liste war eher kleiner als der jetzt zu entscheidende Sprung zum Dialog zwischen Fachabteilungskraft und Computer.

Was bleibt?

Wer heute aus Gründen noch höherer Ansprüche an die Flexibilität und Auskunftsbereitsschaft den Einsatz eines Dialog-Systems zu entscheiden hat, kann sich aus eben denselben Gründen die Entscheidung nicht leichtmachen. Das Argument, "es wäre schön, wenn mir sofort Bescheid wüßten", ist einer bloße Wunschvorstellung. Maßgebend ist allein der Effekt der besseren Erfüllutig von Unternehmenszielen. Und dieser Effekt ist meßbar und damit planbar. Nüchternheit und Gründlichkeit zahlen sich selten so kIar aus wie bei der Vorbereitung dieser Entscheidung.

Klaus G. Vogel ist Management-Berater der ADV/Orga F.A. Meyer KG, Wilhelmshaven