Yahoo & Co. müssen ihr Geschäftsmodell überdenken, und die Anleger ihre Investments

Bannerwerbung - Schluss mit lustig?

23.03.2001
Die Zeiten, in denen Firmen wie Yahoo, Lycos, Infoseek und Excite den Anlegern fast sichere hohe Gewinne boten, scheinen vorbei zu sein. Ein endgültiges Aus für Portalbetreiber ohne Finanzreserven wird immer wahrscheinlicher. Von Stephan Hornung*

Die Anbieter von Web-Katalogen helfen dem Nutzer, sich im immer unübersichtlicher werdenden Internet zurechtzufinden. Erklärtes Ziel der Firmen war es, dem Nutzer kostenlos Inhalte zur Verfügung zu stellen und sich allein durch den Verkauf von Werbeflächen auf den Seiten zu finanzieren. Getrieben von der Phantasie stetig steigender Werbeeinnahmen explodierten die Aktien der Internet-Portale in der Vergangenheit in schwindelerregende Höhen. Tatsächlich klickten die Besucher zu Anfang noch viele Werbebanner an, da dies etwas Neues war. Heute hingegen liegt die Clickrate oft nur noch bei einem Tausendstel.

Spätestens seit der Gewinnwarnung von Yahoo - dem Aushängeschild der Branche - ist bei den Investoren Katerstimmung angesagt. Das Sterben der Dotcoms hinterlässt seine Spuren auch in den Bilanzen des Vorzeige-Portalbetreibers sowie seiner Wettbewerber. Die Unternehmen erzielen bisher noch bis zu 90 Prozent ihrer Erlöse aus Werbeeinnahmen. Davon stammt ungefähr ein Drittel von reinen Internet-Unternehmen und genau dort liegt das Problem. Der Anteil dieser Web-Companies soll laut Marktstudien im vierten Quartal des laufenden Jahres auf acht Prozent sinken.

Gleichzeitig fahren auch die Unternehmen der Old Economy ihre Werbeausgaben aufgrund der schwachen US-Konjunktur zurück. Schließlich wird in schwierigen Zeiten immer zuerst dort gekürzt, wo der Erfolg nicht gesichert ist, und dies gilt vor allem für das Werbemedium Internet. Es fehlt einfach noch an verlässlichen Erfahrungswerten. Höchste Zeit also für die Portalbetreiber, ihre Geschäftsmodelle zu überarbeiten. Sie müssen neue Mittel und Wege finden, um unabhängiger von den Werbeeinahmen zu werden.

Attraktive ÜbernahmekandidatenFür einige Firmen könnte es aber bereits zu spät sein. Sie verfügen nur noch über geringe finanzielle Ressourcen und werden eine Umstellung daher kaum noch aus eigener Kraft schaffen. Das Überleben des Branchenprimus Yahoo ist dennoch nicht gefährdet, da die Kalifornier noch über Nettofinanzmittel von weit über einer Milliarde Dollar verfügen. Sollte die Aktie jedoch weiter fallen, dann dürfte sich eines der unzähligen Übernahmegerüchte doch noch als wahr herausstellen. Potenzielle Käufer stehe bereits in den Startlöchern. Konzerne wie Bertelsmann, Viacom, Disney oder Vivendi würden sich Yahoo sicher gerne einverleiben, um einen Gegenpol zum hervorragend positionierten Konzern AOL Time Warner zu bilden. Ein weiteres interessantes Übernahmeobjekt dürfte der Vermarkter von Online-Werbeflächen Doubleclick sein. Der Pionier der Bannerwerbung zeichnet sich durch eine solide Bilanz, gute Werbeeinnahmen und stark frequentierte Internet-Seiten aus, die im Auftrag vermarktet werden. Gut steht auch die mit Lycos fusionierte Telefonica-Tochter Terra Networks da. Eine Stärke des Unternehmens ist sicher seine einzigartige Marktstellung in Lateinamerika.

Schlechte Aussichten für deutsche FirmenDie andauernde Schwächephase wird jedoch nicht nur auf internationaler, sondern auch auf deutscher Seite Opfer fordern. Zu den potenziellen Verlierern am Neuen Markt könnten Fortunecity.com, Endemann, Focus Digital oder Freenet zählen. Dagegen profitiert Tomorrow Internet von der Verflechtung mit den klassischen Medien über die Zeitschriften des Milchstraßenverlags wie TV Spielfilm, Amica, Max oder Bellevue. Schwarze Zahlen sind aber auch hier noch nicht in Sicht. Die Internet-Holding United Internet verfügt über teilweise gut positionierte Töchter wie GMX, Jobpilot oder Gatrixx, die aber nur national eine gute Marktstellung haben. Glücklicherweise hat United Internet aus den Fehlern der in massive Schwierigkeiten geratenen US-Holding CMGI gelernt und hält dauerhafte Verlustbringer nicht um jeden Preis über Wasser.

Allerdings ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Surfer in den nächsten Jahren weiter ansteigt. Damit wird wahrscheinlich auch der prozentuale Anteil der Werbebudgets, der in Onlinewerbung fließt, wieder zunehmen.

Langfristige ÜberlebenschancenFür diese Annahme sprechen - zumindest indirekt - auch die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung der Deutsche Post AG (siehe Grafik), wonach die viel zitierte Bannerwerbung für die Internet-Kunden in Deutschland mittlerweile der wichtigste Orientierungspunkt ist, um auf die Website eines spezifischen Unternehmens zu gelangen. Summa summarum sollte man deshalb davon ausgehen, dass die längerfristigen Chancen für die Überlebenden der Portalszene, zu denen Firmen wie Doubleclick, Yahoo oder TerraLycos zählen, gar nicht so schlecht stehen. Hier wie in der Natur dürfte das grausame Gesetz gelten: "Survival of the fittest."

* Stephan Hornung ist Analyst der CMW GmbH in München. Die hier veröffentlichten Informationen beruhen auf Quellen, die wir für vertrauenswürdig und zuverlässig halten. Trotz sorgfältiger Quellenauswahl und -auswertung können wir für Vollständigkeit, Genauigkeit und inhaltliche Richtigkeit der Angaben eine Haftung nur insoweit übernehmen, als grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz Haftung begründen. Jede darüber hinausgehende Haftung wird ausgeschlossen. Für Angaben Dritter übernehmen wir kein Obligo, Aktienanlagen sind durch stärkere Kursschwankungen gekennzeichnet.

Abb: So gelangen Nutzer zum Online-Shop

Trotz einer rückläufigen Tendenz ist der Weg über die Bannerwerbung noch immer der am häufigsten genutzte Pfad, um auf die Internet-Seiten eines Anbieters zu gelangen. Quelle: Deutsche Post AG