Personalisierte Finanzportale

Bankkunden erwarten individuelle Leistungen und Informationen

09.02.2001
Die Grossbanken rechnen damit, dass das Internet in fünf Jahren als Zugangskanal für viele Kunden eine wichtige Rolle spielen wird. Als entscheidender Faktor für den Erfolg im Web gelten personalisierte Finanzportale, die dem Anwender individuell zugeschnittene Informationen und Leistungen bieten. Von Ulrich Pöttgens, Andreas Szinovatz und Peter Klenk*

Voraussetzung für eine erfolgreiche Darstellung von Finanzdienstleistungen im Internet ist eine klare Hervorhebung des Kundennutzens. Eine Technologie- und Themenführerschaft im E-Business lässt sich nur mit Maßnahmen erzielen, die dem Anwender einen echten Mehrwert bieten. Bankkunden erwarten nicht nur "Convenience" und Qualität, sondern auch einen sachlichen, übersichtlichen und zuverlässigen Web-Auftritt - je individueller, desto besser.

Über Personalisierungsfunktionen lassen sich selbst in einem anonymen Medium wie dem Internet abstrakte Finanzdienstleistungen mit kundenindividuellem Zusatznutzen präsentieren. Auf diese Weise ist es auch bei austauschbaren, körperlosen Produkten, die auf ein hohes Maß an Vertrauen von Kundenseite angewiesen sind, möglich, emotionale Assoziationen zu erzeugen und so die Kundenbindung zu erhöhen.

Personalisierungsfunktionen fördern die Interaktivität und sorgen für eine stärkere Einbindung von Kommunikations- und Transaktionsmöglichkeiten. Auf diese Weise lassen sich auch die Zugriffshäufigkeit und die Verweildauer erhöhen - Größen, die für den wirtschaftlichen Erfolg eines Portals entscheidend sind. Denn je intensiver ein Web-Angebot genutzt wird, desto weniger werden Konkurrenzprodukte wahrgenommen. Erfahrungen führender Suchportale zeigen, dass der Einsatz von Personalisierungsfunktionen die Nutzungsintensität um den Faktor drei bis fünf erhöhen kann. So erzielt der Internet-Buchhändler Amazon durch ausgefeilte Personalisierungsmethoden ein im Vergleich zu seinen Wettbewerbern um rund vier Prozent höheres Verhältnis zwischen Visits und Transaktionen - die so genannte Conversion Rate.

Sinn und Zweck der Personalisierung eines Web-Angebots ist es, dem Anwender Informationen und Leistungen bereitzustellen, die individuell auf ihn zugeschnitten sind. Eine Möglichkeit besteht zum Beispiel darin, Kunden, die über einen längeren Zeitraum keine Transaktionen veranlasst haben, das Dienstleistungsangebot der Bank in Erinnerung zu rufen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Kommunikation. Gemeint ist nicht nur der Kontakt zwischen Anbieter und Kunden, sondern auch der Austausch der Kunden untereinander - etwa in Foren und Communities. Das Finanzportal erhält auf diese Weise wertvolle Informationen, die es nutzen kann, um jedem Kunden personalisierte Produkte anzubieten.

Bei der Personalisierung lassen sich zwei Ansätze unterscheiden: Die explizite Personalisierung meint eine individuelle Anpassung von Content, die auf den Angaben des Anwenders basiert, das heißt, sie setzt voraus, dass sich dieser auf der Site registriert. Die Kundendaten - demografische Angaben sowie Auskünfte zu Interessengebieten - werden über Fragebögen erhoben. Auch persönliche Watchlists, die die Kurse ausgewählter Aktien für den Anleger kontinuierlich beobachten, dienen dem Finanzdienstleister als Quelle für Informationen über seine Kunden.

Bei der impliziten Personalisierung wird das Verhalten des Anwenders im Web beobachtet, um auf diese Weise dessen Interessen und Bedürfnisse zu ermitteln. Aus den Bewegungsdaten lassen sich Regeln ableiten, auf deren Basis der Content personalisiert wird. Der Kunde kann beispielsweise als affin zu Aktien von Automobilherstellern eingestuft werden, wenn er bei den letzten drei Sessions Kurse des Daimler-Chrysler-Papiers abgerufen hat. Bei weiteren Aufrufen werden ihm daraufhin an prominenter Stelle Informationen zu Automobil-Aktien präsentiert. Auch auf Gestaltungsebene bieten sich Personalisierungsmöglichkeiten an - etwa Funktionen, mit denen der Anwender die Bestandteile der Site selbst anordnen und mit beliebigen Schriftarten und Farben verknüpfen kann.

Sowohl die explizite als auch die implizite Personalisierung erfordert Regeln, auf deren Basis die individuellen Inhalte erzeugt werden. Diese Regeln bestehen aus "Wenn-dann"- Beziehungen - etwa: "Wenn Kunde Alter >50, dann zeige Banner Altersvorsorge". Auch sitzungsübergreifende Regeln lassen sich definieren - zum Beispiel: "Wenn sich der Kunde seit drei Wochen nicht mehr eingeloggt hat, dann sende ihm das aktuelle Angebot per E-Mail." Darüber hinaus können solche Regeln auch als Basis für Marketing-Kampagnen von Nutzen sein.

Voraussetzung für die Aufstellung der Regeln ist eine Erfassung des Nutzungsverhaltens während des Besuchs der Site - auch "Web-Tracking" genannt. Dabei stehen die Datenhaushalte idealerweise in Echtzeitverbindung mit dem Customer-Relationship-Management-(CRM-)System, das den Datenfluss zentral zusammenführt und steuert (siehe Abbildung).

Die aufgezeigten Varianten und das Zusammenspiel der einzelnen Datenhaushalte lassen vielfältige Strategien der Personalisierung zu. Grundsätzlich empfiehlt es sich aber, mit der expliziten Personalisierung zu beginnen und erst im Anschluss daran implizite Funktionen der Individualisierung anzuwenden, da diese ein funktionierendes Web-Tracking voraussetzen.

Kundenbetreuung auf diversen KanälenDie Personalisierung eines Web-Auftritts ist zunächst einmal eine Investition. So steckt die Dresdner Bank etwa 50 Millionen Euro in ein individuelles Finanzportal für private Kunden, um die persönliche Beratung in ihren Geschäftsstellen mit den vielfältigen Transaktions- und Informationsmöglichkeiten im Internet zu verknüpfen. Das CRM-System ist dabei mit Abstand der größte Einzelposten im Budget - dicht gefolgt von der Entwicklung der Personalisierungsmöglichkeiten. Via Internet werden die Informationskanäle so zusammengeführt, dass ein Kunde auf Wunsch seinen Berater "zuschalten" kann (Shared Browsing), der den gleichen Bildschirminhalt sieht und somit im Gespräch darauf eingehen kann. Mit Hilfe eines personalisierten Portals und CRM-Tools hofft die Dresdner Bank, bis Mitte des Jahres eine weitgehende Multi-Kanal-Kundenbetreuung verwirklichen zu können.

*Ulrich Pöttgens ist Bereichsleiter E-Commerce/Internet bei der Dresdner Bank in Frankfurt am Main. Dr. Andreas Szinovatz ist Generalbevollmächtigter und Dr. Peter Klenk Senior Consultant bei der Beratungsgesellschaft für Bankbetriebswirtschaft Jacob & Co. in Wiesbaden.

Abb: Tracking-Daten geben Auskunft über das Verhalten der Anwender im Netz. Über ihre Auswertung lassen sich die Bedürfnisstrukturen der Kunden ermitteln. Quelle: Dresdner Bank