Australisches Kreditinstitut baut IS-Struktur mit Modellcharakter

Banker wollen mit PC Netz Marktveränderungen trotzen

28.08.1992

SYDNEY (IDG) - Banken haftet der Ruf an, Verfechter zentraler IS-Strukturen zu sein. Doch zumindest die Schweizer Finanzinstitute haben diesen Nimbus abgelegt. Sie reagieren auf den härteren Wettbewerb zunehmend mit verteilten DV-Systemen. Wie kürzlich bekannt wurde, entschied sich auch die australische Dependance der Credit Suisse (CS) bereits vor drei Jahren für ein PS/2-Netz, das jetzt als Vorbild für andere CS-Niederlassungen im asiatischen Raum dienen soll.

Die Schweiz scheint ein fruchtbarer Boden für innovative Bank-IS-Lösungen zu sein. Vor kurzem berichtete die COMPUTERWOCHE über ein Schweizer Börsenkonsortium aus Basel, Genf und Zürich, das seine Finanzgeschäfte mit Unix und Sun-Workstations organisiert (CW Nr. 30 vom 24. Juli 1992, Seite 5: "Schweizer Börsen..."). In kleinerem Rahmen setz jetzt auch die Credit Suisse auf dezentrale Rechner. Von der Altlasten-Problematik nicht geplagt, installierte die australische Niederlassung ein Token-Ring-Netz mit PS/2-Systemen.

Die Voraussetzungen waren günstig, die DV-technischen Anforderungen auf PC-Basis zu lösen. Als CS vor drei Jahren in den australischen Markt einstieg und dort eine Niederlassung eröffnete, beschäftigte sich diese primär mit dem Handel von Edelmetallen. Dabei konnten die Australier völlig autonom agieren - auch in bezug auf die DV. Vorgegeben war nur, eine Anbindung an die Schweizer Zentrale zu realisieren.

Für den IT-Verantwortlichen Jessi Papak stand fest, daß der Erfolg des Unternehmens auch von den Informationssystemen abhängt. "Der Markt ändert sich sehr schnell, daher sind Antwortzeiten und Verfügbarkeit sehr wichtig", erklärt der DV-Manager. Statt auf einen zentralen größeren Rechner zu gehen, dem diese Attribute meist anhaften, entschied sich Papak für PC-Systeme.

"Wir fingen mit der Suche nach Anwendungssoftware für Finanzinstitute an", erzählt Papak. Doch man habe keine Applikation gefunden, die die Anforderungen der Banker abgedeckt hätte. Mangels Angebot entschieden sich die Australier deshalb, selbst auf Clipper basierende Applikationen zu, schreiben. "Als wir diese Entscheidung trafen, wurde auch die Frage des Betriebssystems wichtig", merkt der DV-Profi an.

Daß PS/2-Computer unter OS/2 schließlich das Rennen machten, liegt offenbar stark in der IBM-Verbundenheit der schweizerischen Muttergesellschaft begründet, zu der eine Kommunikationsmöglichkeit aufzubauen war. Ferner gaben Papak zufolge auch die Multitasking-Funktionen des IBM-Betriebssystems den Ausschlag. Neben der Bankensoftware arbeiten die Australier mit Textverarbeitung, Datenbanken und Tabellenkalkulationen. "Unsere Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, ohne Umstände von einer Anwendung in die andere zu wechseln - mit OS/2 ist das möglich", argumentiert der DV-Manager. Wichtig sei ihm außerdem die Verfügbarkeit. Papak: "Falls beispielsweise die Textverarbeitung oder Kommunikationsanwendungen ausfallen, können wir trotzdem weiterarbeiten - das geht nur, wenn ein System echtes Multitasking bietet."

Mittlerweile besteht das australische Token-Ring-Netz aus 40 PS/2-Systemen und drei Fileservern. Die Knotenrechner arbeiten in der Minimalkonfiguration mit 386er Prozessoren, um Probleme durch zu lange Antwortzeiten zu vermeiden, erwähnt Papak. Der DV-Manager hat seinen Job aus Sicht der Bank offenbar gut gemacht: Die positionen Erfahrungen mit dem PS/2-Netz veranlaßten das Kreditinstitut dazu, bei anderen Töchtern im asiatisch-pazifischen Raum ähnliche Systeme zu implementieren.