Banken stellen kein Venture-capital bereit Software ist deutschen Banken kein Risiko wert

01.09.1995

ST. GEORGEN (CW) - Die Finanzierung und Vermarktung neuer Softwareprodukte ist in Deutschland schwierig - zu schwierig, wie die GFT GmbH, St. Georgen, moniert. Software werde hierzulande noch immer nicht als Wirtschaftsgut gewuerdigt. Sie sei nach deutschem Recht nicht aktivierbar und tauche daher auch nicht als Anlagevermoegen in der Bilanz eines Softwarehauses auf. Das fuehre zu Finanzierungsnoeten bei den Anbietern.

Das betriebswirtschaftlich wichtigste Gut eines Softwarehauses, die eigenentwickelten Programme, stellt zum Aerger von GFT-Chef Ulrich Dietz keinerlei Sicherheit in der von Banken gewuenschten Weise dar. Eine Bankenfinanzierung, die sich auf das eigentliche Kapital eines Unternehmens stuetze, sei hierzulande nicht zu bekommen (siehe auch Interview der Woche, Seite 7). Dietz beeilt sich zu beteuern, dass sich die GFT dieses Themas lediglich im Rahmen von Projekten angenommen habe und selbst "aeusserst gesund" dastehe.

Auch die typischerweise ueppige Computerausstattung eines Softwareherstellers ist als klassische Banksicherheit ungeeignet, so die GFT. Zwar geht das Equipment ins Anlagevermoegen ein, doch vollzieht sich der Preisverfall so schnell, dass es innerhalb kuerzester Zeit wertlos ist. Softwarehaeuser gehen deshalb laut Dietz immer haeufiger dazu ueber, die Hardware-Ausstattung zu mieten oder zu leasen, anstatt sie zu kaufen. "Die gemieteten oder geleasten Computersysteme erscheinen ueberhaupt nicht mehr im Anlagevermoegen der Bilanz, sondern koennen nur noch auf der Kostenseite gebucht werden", aergert sich der GFT-Chef.

Nachdem jedoch sowohl die eigenentwickelte Software als auch die DV-Systeme im Anlagevermoegen nicht auftauchen, koennen die Softwarehaeuser fuer Bankenfinanzierungen keine nennenswerten Gueter aus dem Stammgeschaeft heranziehen. Sie muessen artfremde Sicherheiten wie Grundstuecke oder Geschaeftsgebaeude einsetzen - sofern diese vorhanden sind.

Ist dies nicht der Fall, erteilen die Banken den Softwarehaeusern meistens Absagen. Laut Dietz halten die Frankfurter Bankenzentralen ihre Filialen sogar dazu an, Kredite nur auf Sicherheiten wie etwa den Immobilienbesitz der Eigentuemer abzustuetzen.

Der GFT-Geschaeftsfuehrer vermisst seitens der Bundesregierung ausgleichende Massnahmen gegen die "innovationshemmende" Politik der Banken. Die meisten staatlichen Foerderprogramme, von denen es eine Menge gebe, seien fuer die Softwarebranche ungeeignet. Denn dort wuerden durchweg nur in der Bilanz aktivierbare Investitionen beruecksichtigt, waehrend selbstentwickelte Software nicht als Investition im Sinne der Foerderprogramme anerkannt werde.

"Venture-capital" koennen Softwerker in Deutschland kaum bekommen - denn die wenigen Risikokapitalgesellschaften, die es gibt, gehoeren fast durchweg den Banken und verfolgen eine aehnliche Politik wie diese. Somit bleibt den deutschen Herstellern fast nur der Weg in die USA, wo insbesondere im kalifornischen Raum zahlreiche Venture-capital-Gesellschaften ansaessig sind. Wie Dietz beobachtet, beginnen Softwarehaeuser schon in einem Fruehstadium ihres Bestehens mit der Gruendung von US-Gesellschaften, um sich den dortigen Kapitalmarkt zu erschliessen.