Zertifikats-Infrastruktur soll die Sicherheit garantieren

Banken entwickeln ein Internet-Zahlsystem für Firmen

22.06.2001
MÜNCHEN (mo) Die Bankentochter Identrus arbeitet an einem Bezahlsystem für den Business-toBusiness-Bereich auf der Basis von digitalen Zertifikaten. "Project Eleanor" geht in den nächsten Wochen in den Testbetrieb. Es konkurriert dabei mit einem ähnlichen System des Bankennetzbetreibers Swift.

Einen neuen Anlauf für sicheres Bezahlen im Internet startet Identrus LLC, New York. Das von weltweit führenden Banken gegründete Unternehmen bietet Produkte und Technologien für digitale Zertifikate an (Public Key Infrastructure = PKI). Damit lassen sich Geschäftspartner im Internet eindeutig identifizieren und die Kommunikation rechtsverbindlich absichern. Auf der Basis dieser Infrastruktur entsteht nun unter dem Codenamen Project Eleanor ein Bezahlsystem.

Zahlen auf drei ArtenUnternehmen können hierbei auf drei Arten zahlen. Bei einer Zahlungsanweisung hat der Käufer die Hoheit und kann den Zahlvorgang ohne Rücksprache mit dem Verkäufer widerrufen. Im Gegensatz dazu lässt sich eine Zahlungsverpflichtung nur von Käufer und Verkäufer gemeinsam zurücknehmen. In diesen beiden Fällen haftet aber der Käufer für die Zahlung. Bei der dritten Variante, einer von einer Bank zertifizierten Zahlungsverpflichtung, garantiert die Bank des Verkäufers die Zahlung. Die Überweisung kann bei Project Eleanor auch an Bedingungen geknüpft sein, die erfüllt sein müssen, zum Beispiel die Vollständigkeit einer Lieferung oder bestimmte Qualitätskriterien. Durch die Nutzung der Identrus-PKI lassen sich die Identität von Käufer, Verkäufer und Dritten jederzeit überprüfen sowie die Integrität und Sicherheit von Transaktionen und Mitteilungen realisieren.

Nur für GeschäftskundenDie Zahlungsverkehrsdienste richten sich dabei ausschließlich an Geschäftskunden. Damit unterscheidet sich das System grundlegend von dem SET-Verfahren, das die Kreditkartenherausgeber Mastercard und Visa entwickelt haben und das ebenfalls PKI-basierendes Bezahlen ermöglicht. SET hat sich im Markt bislang nicht durchgesetzt, bietet aber auch viel weniger Funktionalität.

Bei Project Eleanor beginnt zurzeit die Pilotphase. Neun Banken haben sich verpflichtet, bis Ende des Jahres das System zu installieren und jeweils einen Kunden anzubinden. Die Ergebnisse aus diesem Feldversuch werden in der ersten Jahreshälfte 2002 ausgewertet; dann folgt die Anbindung weiterer Pilotkunden. Bereits Mitte 2002 soll das Verfahren allen Identrus-Mitgliedsbanken offen stehen.

Die Lösung konkurriert mit einem ähnlichen System des Dienstleisters Swift, der ebenfalls auf der Basis der Identrus-Infrastruktur ein Bezahlsystem für den B-to-B-Bereich entwickelt hat. "Trustact" setzt zwar seinen Schwerpunkt im Bereich der Identifizierung von Geschäftspartnern, soll aber auch den Zahlungsverkehr absichern. Auch dieses System steht kurz vor der Einführung. Da die Identrus-Mitgliedsbanken aber nur wenig Interesse an zwei konkurrierenden Systemen haben, arbeiten Swift und die Eleanor-Initiatoren bereits daran, die Anwendungen zueinander kompatibel zu machen.

Identrus ist 1997 von sieben internationalen Banken, darunter Deutsche Bank und Hypo-Vereinsbank, gegründet worden. Mittlerweile sind rund 50 Finanzdienstleister an dem Unternehmen beteiligt. Nur Mitgliedsbanken können die Infrastruktur von Identrus nutzen, dürfen diese aber auch wieder Dritten zur Verfügung stellen.

Ziel ist es, PKI als Dienstleistung für Bankkunden anzubieten. Damit können Geschäftspartner eindeutig identifiziert und der Datenverkehr verschlüsselt werden.