DV-Trends aus Burroughs-Sicht:

Bank-Terminal im Wohnzimmer des Kunden

22.08.1980

Um Trends in der Banken-Automation zu verstehen, muß man über den Bankbereich selbst hinausschauen in die Bereiche Gesellschaft, Volkswirtschaft und Technologie. Banken sind integrale und fundamentale Bestandteile der sozialen Struktur. Änderungen in der sozialen Struktur berühren die Banken sowohl in ihrer Funktion als Geldinstitute als auch in ihrer Eigenschaft als wichtige Arbeitgeber.

Jede Bank, die sich mit der Planung zukünftiger Automation befaßt, muß hierbei sehr umsichtig zu Werke gehen und darf die sozialen Veränderungen von heute und morgen nicht aus den Augen verlieren.

Automatisierungshierarchie

Wie lassen sich nun die technologischen Fortschritte der letzten Jahre mit den Anforderungen an Geräte zur Bankenautomation, wie sie für morgen projektiert sind, kombinieren? Die Antwort, die Burroughs darauf gibt ist einfach, die Ausführung vielleicht nicht so sehr. Unsere Antwort heißt: Strukturierte Näherung durch Kreation von kompatiblen Produkten die die bereits vorgenommenen Investitionen in Geräte und System sowie in die Mitarbeiterausbildung bewahrt die den derzeitigen Änderungen in der sozialen und ökonomischen Umgebung gewachsen sind und die bereits die Basis für die projektierte Zukunft darstellen.

Der derzeitige Trend geht zum echten "distributed processing", des heißt, dem zentralen Computer werden Satelliten-Rechner und möglicherweise Terminal-Netze zugeordnet. Es bleibt jedoch ein einheitlich koordiniertes System, in dem Informationen zwischen den einzelnen Elementen beliebig ausgetauscht werden können.

Ein gut geplantes "verteiltes" System kann einer Bank viele Antworten auf Probleme der sozialen und ökonomischen Veränderungen geben.

Starten wir mit der Bankzentrale oder der Hauptverwaltung der Bank. Das zentrale EDV-System wird zwei Hauptaufgaben haben. Zum einen wird es die Quelle für Management-Information sein, mit der dafür notwendigen Datenbank. Das Management-Informations-System (mit Zugriffs-Restriktionen) wird die berechtigten Personen mit Informationen versorgen etwa über den augenblicklichen Liquditätsstatus der Bank, den augenblicklichen Status der Filialen sowie Informationen über alle Kunden wie Status der Konten, Kreditausschöpfung, Hobbies und wirtschaftliche Kategorie.

Weiterhin wird dieses System alle finanziellen, sozialen und ökonomischen Informationen zur Verfügung stellen, die gebraucht werden für kurz- und langfristige Planungen der Bank, für die Erstellung von Verkehrs- und Vergleichszahlen und für Marketing-Kampagnen .

Host als Schaltzentrale

Die zweite Aufgabe dieses Systems ist die einer "Verkehrsleitzentrale" für das gesamte Netzwerk. Das zentrale Computersystem wird ein Kontrollelement für eine sehr viel größere Konfiguration sein und muß nicht zwangsläufig das größte im Netzwerk sein. Andere Großsysteme in der Gesamtarchitektur werden ähnliche Aufgaben wahrnehmen und darüberhinaus noch lokale Verarbeitung sowie Datenbank- und Netzwerk-Service für das Gesamtsystem bereitstellen.

Das administrative Zentrum wird auch ein "administratives Terminal-System" beinhalten, ein eigenes Kommunikationssystem, das mit dem Zentralcomputer verbunden ist und über das Zentralsystem mit dem externen Filial-Netzwerk. Die angeschlossenen Terminals werden aus gleichen Komponenten bestehen, beinhalten jedoch aufgrund interner Programmierung unterschiedliche Funktionen. Das interne und externe Kommunikationssystem befördert digitale Daten die von diesen Terminals übersetzt werden können, in Sprache, Daten oder originalgetreue Abbilder (Images).

Terminals mit Tastatur und Anzeigeschirm werden für Textver- und -bearbeitung einsetzbar sein. Sie könnten die zentralen Informationen der Datenbank für Kundendaten benutzen und beispielsweise Marketing-Literatur herstellen, die einem bestimmten Kundenkreis zugestellt wird. Sie könnten ebenfalls Verträge erstellen, Erinnerungsschreiben und Mahnungen. sowie Rundschreiben an die Filialen - alles automatisch von der Datenbank. Telekopierer im selben Netzwerk werden als Einheiten für elektronische Post fungieren. Text und/oder "Abbilder" (Images) könnten mit Sprachausgabe kombiniert werden.

Ein Sachbearbeiter könnte auf seinem administrativen Terminal einen Brief entweder auf dem Bildschirm oder als Hardcopy aus dem angeschlossenen Drucker empfangen. Beides könnte mit Kommentaren des Absenders versehen sein, die möglicherweise über eine Art Telefonhörer am Terminal abgehört werden. Falls der Sachbearbeiter nicht am Platze sein sollte, könnte dieser Brief am Terminal auch zwischengespeichert und nach Bedarf abgerufen werden.

Chefetage modernisiert

Das Terminal für Führungskräfte könnte ein Bildschirm mit gekoppelter Sprachein- und -ausgabe sein, die dem Bediener gestattet, sofort verbal auf eine Nachricht zu reagieren. In größeren Organisationen könnten diese Möglichkeiten noch erweitert werden, um Konferenzen abzuhalten. Auf diese Art und Weise könnte ein Stab aus der Verwaltungszentrale mit Filial- oder Regionalleitern Probleme durchdiskutieren, ständig begleitet von den neuesten Zahlen aus der Datenbank.

Die Schalterterminals werden ebenfalls in dieses System einbezogen. Diese werden im wesentlichen aus Tastaturen und Bildschirmen mit Sprachein- und -ausgabe und kleinen Belegerfassungsgeräten bestehen. Zunächst wären dieses Belegleser, die eine kodierte Zeile auf Schecks oder Überweisungen beziehungsweise Plastikkarten mit einem kodierten Magnetstreifen lesen. Später könnten diese Lesegeräte auch in der Lage sein, ganze Abbilder von dem zu verarbeitenden Material zu erfassen. Das Formular selbst könnte auf Echtheit geprüft, und bei eigenen Belegen könnten die Unterschriften automatisch mit einer Tabelle von gültigen Unterschriften verglichen werden.

Selbstbedienung

Schließlich wurden die eigentlichen variablen Daten aus diesem Abbild für die eigentliche Verarbeitung extrahiert. Nach der Annahme der Transaktion durch das System könnte der Beleg entwertet und sofort an den Kunden zurückgegeben oder vernichtet werden. Nur in den Fällen, wo die Bank noch mit älterem Gerät arbeitet müßte das Beleggut einbehalten, sortiert und physikalisch transportiert werden.

Kundenaktivierte Terminals in der Schalterhalle erlauben dem Kunden Geld einzuzahlen, abzuheben und zu überweisen. Er kann sich seinen Kontostand anzeigen lassen oder einen Kontoauszug drucken. Die logische Ausweitung dieser Funktionen wäre der Einsatz von Point-of-Sales Terminals in Supermärkten oder in den Büros von kommerziellen Kunden und letztendlich im Wohnzimmer des Einzelkunden. Die Terminals könnten Kommunikationseinrichtungen für Daten, Sprache und Abbilder haben. Wo erforderlich, müßte die Identität durch persönliche Identikations-Nummern (DIN), durch Unterschriftenvergleich (Abbild), Plastikkarten mit kodiertem Magnetstreifen und später möglicherweise durch Sprachcharakteristik festgestellt werden.

Bank-Filialen werden in Distrikten oder Regionen organisiert sein, alle mit eigenen Terminals, Prozessoren und lokalen Datenbanken. Zusätzlich wird bei entsprechender Zugangsberechtigung der Datenbestand des gesamten Netzwerkes verfügbar sein. Das Netzwerk selbst wird so redundant ausgelegt sein durch automatische Schalter und doppelte Datenbestände auf verschiedenen Systemen daß ein Ausfall praktisch nicht mehr vorkommen kann.

Diese Betrachtung könnte nun endlos fortgeführt werden und immer mehr ins Phantastische abgleiten. Soweit wie vorstehend beschrieben kann die Computerindustrie bereits heute blicken.

* Wolfgang Schröder ist Mitarbeiter der Burroughs Deutschland GmbH.