Volksbanken-Leasing praktiziert die Integration:

Bald schreiben auch die Sachbearbeiter

30.09.1983

MÜNCHEN (hö) - Die echte Integration von Text- und Datenverarbeitung, so wie Branchenkenner sie verstehen - ist bis heute noch sehr wenig realisiert. Die Münchner Volksbanken-Leasing, eine hundertprozentige Tochter der Volks- und Raiffeisenbanken praktiziert sie seit etwa einem Jahr. Obwohl dadurch auch die Sachbearbeiter an ihrem Arbeitsplatz heute Briefe selbst zusammenstellen könnten, wird dies in München bewußt noch unterlassen. Das soll sich aber demnächst ändern.

Die VL-Leasing ist seit nunmehr zehn Jahren im Leasinggeschäft tätig. Sie zählt heute mit einem Geschäftsvolumen von 350 Millionen Mark netto - wobei das Geschäftsvolumen netto = Summe der noch ausstehenden Mietraten per 1. 3. 1983 ist - zu den ersten zehn deutschen Leasinggesellschaften. Zu dem Unternehmen gehören noch vier weitere Töchter. Die Datenverarbeitung hat zirka 20 000 Stammdateien zu pflegen und zu verwalten. Aber nicht nur die alten Daten müssen gepflegt werden, sondern bei einem jährlichen Neuzugang von 4000 Leasingverträgen - nicht alles sind Neukunden - gibt es viel Verwaltungsund Schreibarbeiten zu erledigen. Um diesen Aufwand aber möglichst in Grenzen zu halten, bedient sich die VL-Leasing schon seit Jahren neuester technischer Computersysteme.

Nach wie vor hat die Verwaltung der Kunden- und Vertragsdaten der Leasinggesellschaft absoluten Vorrang. Bereits 1979 aber wurde überlegt, wie der Schriftverkehr mit den Kunden schneller und kostengünstiger abgewickelt werden könnte. Der erste Schritt in die organisierte Textverarbeitung wurde mit der Einrichtung eines zentralen Schreibdienstes und der Installation des M. A. I.-Textverarbeitungsystems 930 getan. Die eingehenden Leasingverträge konnten nun am System erfaßt und den Sachbearbeitern zur weiteren Bearbeitung übergeben werden. Anschließend wurden im Schreibdienst die Formblätter mit zusätzlichen Kundendaten, wie Laufzeit und Leasingrate ergänzt. Da die Adressen gespeichert waren, wurde nun die Kundenkorrespondenz über den Textautomaten abgewickelt. Schon mit diesen Hilfsmitteln konnte eine Produktivitätssteigerung und ein besserer Personalausgleich bei Krankheit und Urlaub verzeichnet werden. Hatte man früher Rückstände bei der Bearbeitung der Leasingverträge von einigen Tagen, so war man nach dem Einsatz des Textautomaten tagaktuell.

Da allerdings zu dem damaligen Zeitpunkt eine Integration mit den beiden Systemen nicht möglich war, mußte eine Doppelerfassung durchgeführt werden. Von diesem zusätzlichen Zeitaufwand und einer möglichen Fehlerquelle wollte die VL unbedingt weg. Deshalb sollte ein eigenes Programm für die Integration der Daten- und Textverarbeitung auf dem MAI-System 710 implementiert werden.

Baustein-Korrespondenz schafft die 70-Prozent-Hürde

Drei Faktoren haben dabei maßgeblich dazu beigetragen, daß die integrierte Lösung sehr schnell in Angriff genommen wurde: Um am Markt bestehen zu können, war es unbedingt notwendig, schnell auf Anfragen oder eingehende Verträge reagieren zu können. Zudem hatte die Bausteinkorrespondenz inzwischen einen Anteil von zirka 70 Prozent der täglich anfallenden Korrespondenz erreicht, und man wollte möglichen Personalanforderungen der Fachabteilungen zuvorkommen.

Für die Erfassung bei den Sachbearbeitern wurden weitere elf Bildschirme an den MAI-Computer angeschlossen. "Fehler durch die Doppelerfassung waren somit ausgeschlossen" freut sich der DV-Chef Kramer. Da die Mitarbeiter bereits die Vorteile der Textverarbeitung kannten, war es nicht schwierig, sie auch von der neuen Arbeitsweise zu überzeugen. Die mit der Antragsbearbeitung beschäftigten 14 Mitarbeiter geben nun die Daten der eingehenden Verträge an ihrem Bildschirm mit Hilfe einer Formularmaske ein. Bei der Eingabe prüft das System, ob es sich um einen Neukunden oder einen Altkunden handelt. Neukunden werden dem Sachbearbeiter in einer Dialogzeile angezeigt. Er ergänzt die Daten mit einer Kennziffer, über die automatisch ein Telex an eine Auskunftei für die notwendige Bonitätsprüfung ausgelöst wird. Zum Senden ist an das MAI-System ein Telexcomputer angeschlossen. Der Vertrag wird solange nicht zur weiteren Bearbeitung freigegeben, bis eine Nachricht von der Auskunftei vorliegt. Durch den Anschluß des Telexcomputers entfällt das mühsame Anfertigen des Telexstreifens und die Anwahl der Auskunftei.

Die VL hatte bereits bei der dedizierten Lösung ein Texthandbuch erstellt, mit dem die Sachbearbeiter ihre Briefe diktieren konnten und in den Schreibdienst gaben. Individuelle Informationen mußten sie allerdings per Hand in den Schreibauftrag eintragen. Dies war aufwendig und zudem konnten sich wiederum Fehler bei der Übernahme einschleichen. Im Computersystem standen diese Informationen jedoch abrufbereit zur Verfügung. Was lag näher als die Überlegung, wie die TV mit der DV zu verknüpfen ist. Zu diesem Zeitpunkt, 1981, bot MAI der VL-Leasing ihre integrierte Textsoftwarepakete Dataword II und TECO an. DV-Leiter Kramer entschied für TECO, "da es in der Integration gegenüber Dataword II erhebliche Vorteile hat, wie die direkte Zugriffsmöglichkeit zu allen Dateien, die für uns vorrangig war". Der Komfort, den das Softwarepaket in der Textbearbeitung bot, reichte der VL völlig aus. Denn für die individuelle Korrespondenz stehen noch die Textverarbeitungssysteme und elektronische Speicherschreibmaschinen zur Verfügung.

Obwohl der Sachbearbeiter heute seine Briefe selbst am Bildschirm zusammenstellen könnte, wird dies bewußt noch nicht gemacht. Auch weiterhin gibt der Sachbearbeiter wie bisher seinen Schreibauftrag in den Schreibdienst. Nur muß er heute die individuellen Daten und Zahlen nicht mehr in den Schreibauftrag eintragen. Diese Arbeit nimmt ihm TECO ab.

" Platzhalter" für die EDV-Daten

Im Schreibdienst, in dem sechs Damen arbeiten, werden an zwei Bildschirmarbeitsplätzen nur die Schreibaufträge abgearbeitet. Die Bedienungskraft wird dabei von einer Bildschirmmaske im Dialog geführt, so werden schon bei der Eingabe mögliche Fehler ausgeschlossen. Über die Vertragsnummer wird die jeweilige Kundenadresse aus der Adreßdatei abgerufen und am Bildschirm angezeigt. Anschließend "verlangt" das System die Eingabe der Textbausteinnummer. Wo Daten aus der EDV benötigt werden, sind in den Bausteinen sogenannte Platzhalter eingebaut. Von der Software gelangen die Informationen aus den entsprechenden Dateien an die entsprechenden Textstellen. "Für uns ?????ar es äußerst wichtig", so der DV-Verantwortliche, daß wir ohne zusätzlichen Programmierungsaufwand und ohne das Textprogramm zu verlassen, auf alle Dateien direkten Zugriff haben. Die durch die Einfügungen notwendigen Zeilenumbrüche führt TECO nach der Wortumbruchmethode automatisch durch. Obwohl die VL nur den Halbseitenbildschirm einsetzt, gibt es keine Gestaltungsprobleme. Die Briefe werden zur Kontrolle auf dem Bildschirm angezeigt, dadurch ist noch nachträgliche Silbentrennung möglich. Auch um den Seitenumbruch muß sich die Bedienungskraft nicht kümmern. Im Seitenformat ist die Zeilenzahl pro Seite angegeben, so daß der Seitenumbruch nicht erst beim Drucken sichtbar wird. Bereits auf dem Bildschirm kann die Schreibkraft entscheiden, ob der restliche Text eventuell auf die zweite Seite gedruckt werden soll. Da die VL für die einzelnen Tochtergesellschaften eigene Briefbögen hat, werden die Briefe mit einem Kennzeichen für das jeweilige Briefpapier versehen. Ist der Brief fertig, so wird er in einer Druckdatei abgestellt, um sie später auf Endlosbriefbögen über den angeschlossenen Typenraddrucker ausdrucken zu lassen. Somit ist gewährleistet, daß die Briefe jeweils auf das richtige Briefpapier gedruckt werden. Automatisch wird hierbei auch das Tagesdatum eingesetzt: Die Korrespondenz, die bis mittags gedruckt ist, erhält das aktuelle Tagesdatum, Briefe nach 12.00 Uhr werden auf den nächsten Tag datiert.

"Durch die neue Lösung sind wir wesentlich flexibler geworden", meinen die VL-Verantwortlichen. "Vor allem durch den direkten Zugriff auf die Dateien reduzieren sich die Eingabefehler im Schreibdienst auf Null. Briefe müssen heute nur noch einmal geschrieben werden. Und der Sachbearbeiter liest heute nicht mehr den ganzen Brief durch, sondern er checkt nur noch die Bausteinnummern auf Richtigkeit ab und unterschreibt." Ein weiterer Vorteil sei daß sich durch den Einsatz der integrierten Daten- und Textverarbeitung eine Personalreserve ergeben hat. Da die VL in den nächsten Monaten mit einem Zuwachs an Anträgen rechnet, kann die dann anfallende Arbeit ohne Personalaufstockung und ohne Engpässe in der Bearbeitung bewältigt werden.

Beim Einsatz der integrierten Daten- und Textverarbeitung gab es nach Aussage von Kramer keine Akzeptanzprobleme: "Die betroffenen Mitarbeiter wurden über jeden Schritt informiert und wußten somit welche Hilfsmittel sie zur Erledigung ihrer täglichen Arbeit einsetzen konnten." Die Sachbearbeiter und die Schreibkräfte erhielten zudem eine entsprechende Ausbildung, die sich vor allem mit dem Eingabeformalismus befaßte. Ebenso wurde die Benutzung des Texthandbuches in der Schulung besprochen. Heute diktiert kein Sachbearbeiter nach der "Freistilmethode", sondern alle halten sich an das Handbuch, da das schneller und viel sicherer ist.

Nachdem diese erste Phase des Integrationsprozesses als abgeschlossen angesehen werden kann, denken die Verantwortlichen bei der VL-Leasing darüber nach, in Zukunft allen Sachbearbeitern einen Bildschirm auf ihren Schreibtisch zu stellen. Die Leasingbearbeiter können dann die Bausteinnummer selbst eingeben. Nur die individuelle Korrespondenz oder Schreibaufträge mit individuellen Daten, die nicht aus Dateien abgerufen werden können, sollen weiterhin im zentralen Schreibdienst erledigt werden. Zur Realisierung dieser Lösung wird bei der VL in den nächsten Monaten das neue M. A. I.- System 810 installiert, an das 64 Bildschirme anschließbar sind.