Big Blue trennt sich von Traditionsproduktion

Bald keine Schreibmaschinen und Keyboards mehr von IBM

10.08.1990

ARMONK (CW) - Die IBM Corp. bietet ihren traditionellen Produktbereich zum Verkauf an und hat höchstwahrscheinlich bereits einen Abnehmer dafür: Der Geschäftsbereich Office Products wird aus dem Konzern ausgegliedert; die Mehrheit an dem Spin-off wurde dem Investment-Unternehmen Clayton & Dubilier für 2,3 Milliarden Dollar angeboten, schätzen Analysten.

Einem Bericht des "Wall Street journal" zufolge steht fest, daß der amerikanische Büroprodukte-Bereich - Schreibmaschinen, Tastaturen und Bürodrucker mit einem jahresumsatz zwischen 2,5 und drei Milliarden Dollar - als eigenständiges Unternehmen aus - der Corporation ausgelagert werden soll; bei den überseeischen Operations überlege IBM noch. Ein Sprecher der Stuttgarter IBM GmbH sagte, zum letztgenannten Punkt habe er keine Informationen; ansonsten bestätigte er den Bericht des "Wall Street Journal".

Vor der Presse in New York stellten Konzernsprecher fest, mit Clayton & Dubilier habe es bisher lediglich vorbereitende Übereinkünfte gegeben, die zu der Hoffnung Anlaß gäben, diesen die Mehrheit an dem neuen Unternehmen verkaufen zu können. Die "Financial Times" geht von folgender Verteilung der Anteile aus: Clayton & Dubilier: über 50 Prozent; IBM: 20 Prozent, Angestellte und Management: 15 Prozent; der Rest werde an Banken oder einen außenstehenden Investor übergehen.

Bereits im vierten Quartal 1989 hatte sich Big Blue offenbar auf die Trennung von seinen Büromaschinen-Wurzeln vorbereitet: Damals war ein Betrag von 2,4 Milliarden Dollar abgeschrieben worden, der jetzt laut "Financial Times" für die notwendige Stellenreduzierung verwendet werden soll: Auf diese Weise würden keine zusätzlichen Kosten entstehen, eventuell werde man sogar einen Gewinn aus der Transaktion verbuchen können.

1000 bis 1200 Mitarbeiter der IBM-eigenen Fabrik in Lexington, Kentucky, so das "Wall Street journal", hoffe IBM durch Prämien zum freiwilligen Ausstieg bewegen zu können; 5000 weitere sollten übernommen werden. Die"Financial Times" dagegen berichtet, IBM wolle die Mitarbeiterzahl bis zum jahresende auf 3500 bis 4000 verringern. Entlassungen werde es entsprechend der Firmentradition nicht geben.

Das Lexingtoner Werk war Mitte der Achtziger Jahre für 350 Millionen Dollar modernisiert worden unter der Vorgabe, danach mit der Qualität und Kostengünstigkeit japanischer Produktionsstätten konkurrieren zu können. Beobachtern zufolge habe sich jedoch kürzlich in einer IBM-Studie herausgestellt, daß die fernöstlichen Wettbewerber noch immer wesentlich billiger produzierten.

IBM-Chairman john Akers hegt die Hoffnung, das neue Unternehmen werde von der bevorstehenden Ausdünnung des Managements, höheren Forschungsinvestitionen und einem steigenden Umsatz durch Auftragsfertigungen profitieren. Die Geschäfte würden von einigen IBM-Managern geführt werden, wobei Clayton & Dubilier eine "beobachtende Rolle" einnähme.

Auf der Pressekonferenz gestand Big Blue auch ein, daß die Nachfrage nach einigen PC-Modellen aus der PS/2-Familie äußerst schwach sei: Die Produktion der Rechner PS/2-60-041, -60-071, -80-041 und -80-071 werde demzufolge eingestellt. Die 60er Modelle sollen nach IBM-Angaben im März 1991 durch den PS/2-65SX ersetzt werden, während die 80er-Reihe zum gleichen Zeitpunkt in leistungsstärkerer Ausführung auf den Markt kommen. Die PC-Modelle waren von Big vor allem als Server positioniert worden.