IBM und die Konkurrenz halten sich zwar bedeckt, doch die Anwender können hoffen:

Bald gute Chancen für 3480-Lösung

05.09.1986

Weniger schwierig als das CPU-erweist sich das PCM-Peripheriegeschäft. Während für viele DV-Chefs die Zentraleinheit eine Prestigeangelegenheit zu sein scheint, sieht sich der Anwender bei Terminals, Platten und Bändern öfter mal am Markt um und greift zum Hardware-Mix. Das 3480-Band und die Position der optischen Platte in der IBM-Speicherhierarchie sind die aktuellen Themen am Peripheriemarkt.

Bei den Bandlaufwerken war die IBM in jüngster Zeit nur mäßig aktiv und das Modell 3480 erfüllt die Erwartungen nur zum Teil. Zwar geht die Datensicherung der Gigabyte-Platten jetzt deutlich schneller (einzelne Anwender sparen täglich rund zwei Stunden), doch vom erhofften operatorlosen Betrieb ist die IBM mit diesem Produkt noch weit entfernt.

Die Bandeinheit ist dafür auch gar nicht geeignet, behaupten Fachleute. Die Kassette verschwinde in dem Gerät und "kein Roboter hat so lange Fingernägel, um sie da herauszuholen". Die Folge davon ist, daß nach einem Re-Design der 3480-Laufwerke, wenn IBM sich dazu durchringen sollte, dem Anwender wahrscheinlich der Kauf neuer Laufwerke ins Haus steht, falls er auf den operatorlosen Betrieb Wert legt.

Ähnliches ist IBM-Kunden bei den Dünnfilmplatten der ersten Generation auch schon passiert. Die Käufer der A- und B-Modelle der 3380-Platten sind heute angeschmiert: Sie können ihre Geräte nicht zur doubledensity-Version aufrüsten. Das ist nur vom D-Modell aus möglich.

An der 3480-Bandeinheit bemängeln die Anwender vor allem den nicht möglichen operatorlosen Betrieb, die zu geringe Kapazität einer Bandkassette und mangelnde Alternativen auf dem Markt. In der Tat ist die Auswahl mager. Memorex etwa versucht mit einem 3480-kompatiblen Laufwerk unter Verwendung normaler Bandspulen mit Tricks wie Pufferspeicher und Datenkompression die Funktionalität des 3480-Laufwerkes zu erreichen.

Den anderen Mängelpunkten könnte vielleicht abgeholfen werden: Der IBM wird nachgesagt, an einer 3480-Einheit mit vierfacher Kapazität zu entwickeln (Codename Olymp) und Storage Technology arbeitet offenbar heftig an einem automatischen Bandarchiv auf 3480-Basis.

Doch den Imageverlust durch die voreilige Ankündigung der optischen Platte mit anschließendem Rückzug noch im Hinterkopf hält sich StorageTek mit Aussagen zu dem neuen Produkt stark zurück. Sicher scheint nur, daß das Produkt in den USA bereits im Betatest ist und Ende dieses Jahres auch bei einem bundesdeutschen Anwender ausprobiert werden soll. Technische Daten stehen derzeit nicht zur Verfügung, doch soll dem Vernehmen nach die operatorlose zugängliche Kapazität im Gesamtausbau ausreichen, um den Datenbestand der größten deutschen Versicherung zu archivieren. Insider vermuten, daß es sich um eine Variante des Masstor-Konzeptes handeln wird.

Selbst die Mitbewerber geben StorageTek eine reelle Chance, falls dieses Produkt wirklich in Serie gehen sollte. Noch allerdings sehen sie eine Reihe von Problemen, die das Unternehmen lösen muß: "Der Mikrocode der 3480 ist nicht trivial." In diesem Zusammenhang wird die Vermutung geäußert, daß der Controller noch nicht fertiggestellt sei.

Eine Unbekannte in dem Tape-Library-Spiel ist die Aktivität von Big Blue im Massenspeicherbereich. Insbesondere ist wenig über den Fortschritt der optischen Platte bei IBM bekannt. Es ist allerdings wenig wahrscheinlich, daß Big Blue einen optischen Speicher ausschließlich mit einer 3480-Emulation auf den Markt bringen wird. Vielmehr wird die Laserdisk in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, so daß beispielsweise die Betriebssoftware selbständig je nach Häufigkeit des Aufrufs entscheidet, ob Daten auf Band, Platte oder optischer Scheibe gespeichert werden.

Angesichts der auch vom Zeitrahmen her unklaren Situation blickt StorageTek ganz zuversichtlich in die Zukunft. In der Tat scheint sich das noch unter Gläubigerschutz nach Chapter 11 des amerikanischen Konkursrechtes stehende Unternehmen wieder aufzurappeln. Zwar produzierte die US-Gesellschaft auch im vergangenen Jahr noch munter Verlust, doch mit 53 Millionen Dollar lag er nur etwa halb so hoch wie für das Jahr genehmigt worden war. Im laufenden Geschäftsjahr blieb nach zwei Quartalen mit 13,8 Millionen Dollar erstmals wieder Gewinn in der Kasse. Dazu trugen sicher auch die Entlassungen bei: Weltweit reduzierte das Management die Belegschaft um 8000 auf jetzt noch 9000 Mitarbeiter.

Einen Silberstreif sieht auch die deutsche StorageTek-Tochter am Horizont. Nachdem das Unternehmen in den Jahren 1982 bis 1985 bei Umsätzen zwischen 60 und 80 Millionen Mark nur Verlust produziert hatte, kamen die Frankfurter nach eigenen Angaben jetzt auch wieder in die Gewinnzone. Dazu trug allerdings der Verfall des Dollar kräftig bei. Bei einem Zahlungsziel von 180 Tagen muß Geschäftsführer Klaus D. Beier die Rechnungen des ersten Quartals erst in diesen Tagen bei der Mutter begleichen.

Mittlerweile scheint auch sicher zu sein, daß das Chapter-11-Verfahren im Dezember dieses Jahres beendet werden wird. Eine Einigung zwischen dem Unternehmen und den Gläubigern soll erreicht worden sein oder unmittelbar bevorstehen. Danach wird StorageTek seine Verbindlichkeiten in Höhe von rund 700 Millionen Dollar durch Bargeld, Schuldverschreibungen und die Ausgabe neuer Aktien begleichen.