Preisverfall und Dollarabschwächung zeigen Auswirkungen:

Baisse bei Japans Elektronik-Industrie

18.10.1985

TOKIO (vwd) - Die japanische Elektronik-Industrie hat in den vergangenen Monaten schwere Rückschläge hinnehmen müssen und wird am Ende des laufenden Geschäftsjahres (31. März 1986) vermutlich zum ersten Mal seit Jahren rückläufige Gewinne ausweisen. Fast alle führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben entsprechende Prognosen verbreitet.

Die rasch ansteigenden Umsätze dieser Branche waren in den vergangenen Jahren der Motor für das japanische Wirtschaftswachstum schlechthin gewesen. Jetzt hat vor allem der wirtschaftliche Rückgang in den USA, dem wichtigsten Exportland, für Einbrüche gesorgt.

So erwartet Hitachi Ltd. den ersten Gewinnrückgang seit elf Jahren, er wird vermutlich bei 20 Prozent liegen. Am schlechtesten geht es aber den Halbleiterherstellern, die bis zum letzten Jahr wesentlichen Anteil an den Gewinnen der Elektronik-Industrie hatten. Die scharfen Absatzrückgänge für Heimcomputer in den USA haben dafür gesorgt, daß die Nachfrage für die Halbleiter allgemein nachließ.

Darüber hinaus haben zu viele Unternehmen auf beiden Seiten des Pazifik versucht, am Boom zu partizipieren. Die rasch gebauten Werke haben eine Überkapazität geschaffen, die erst in den kommenden Jahren abgebaut werden kann. Hinzu kommt der Preisverfall: 256-KB-Chips, auf die die Produzenten große Hoffnungen gesetzt hatten, werden jetzt für 600 Yen (7,50 Mark) verkauft, für ein Sechstel des vor einem Jahr erzielten Preises.

Außer Hitachi haben auch die anderen großen Elektronik-Konzerne Toshiba Corp., Mitsubishi Electric Corp., Fujitsu Ltd. und Oki Electric Industry Co. ihre früher veröffentlichten Umsatz- und Gewinnprognosen bereits revidiert und beträchtlich zurückgesteckt. NEC Corp., der führende japanische Halbleiterhersteller, ist dagegen weniger als die Konkurrenten von Speicherchips abhängig und erwartet immer noch Gewinnsteigerungen.

Auch die japanischen Hauptabnehmer von Halbleitern, Hersteller automatischer Kameras, beispielsweise oder die Produzenten von Videorecordern, haben Umsatzeinbußen und Preiseinbrüche zu verzeichnen. Ähnliche Hiobsbotschaften kommen aus den Branchen Informationstechnologie und Telekommunikation: Überkapazitäten und Preiskämpfe verderben die Gewinnaussichten.

Außerdem werden die Kursgewinne des Yen im Vergleich zum Dollar in den letzten beiden Wochen von der exportabhängigen japanischen Elektronik-Industrie mit Sorge betrachtet: Sie verteuern japanische Produkte in den USA.