Wie mitbestimmungspflichtig sind Personalinformationssysteme?

BAG-Entscheidung noch im August erwartet

10.08.1984

MÜNCHEN (pi) - "Mitbestimmung bei der Einführung und Handhabung von Personalinformationssystemen ja oder nein oder jein" ist ein Dauerbrennerthema zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Etliche Gerichtsurteile liegen inzwischen dazu vor. Mit Spannung wird derzeit der Spruch des ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu der strittigen Mitbestimmungsfrage erwartet, ob Personalinformationssysteme im Sinne des Paragraphen 87, Abs. 1, Ziff. 6 Betriebsverfassungsgesetz anzusehen und damit in vollem Umfange mitbestimmungspflichtig sind oder nicht. Der Termin ist für den 28. August in Kassel anberaumt.

Das mittlerweile fast alle Betriebe ihre Personaldatenverarbeitung, zumindest aber die Lohn- und Gehaltsabrechnung und das sich hieraus er gebende Berichts- und Statistikwesen mit Hilfe der automatischen Datenverarbeitung ausführen, das Personal Computing, besser: der PC-Einsatz, sukzessive in den Arbeitsbereichen des Personalwesens Eingang findet, wird dieser Entscheid zentrale Bedeutung für das weitere mögliche Informationsverhalten rund um die Arbeitsverhältnisse und die Mitarbeiterdaten erlangen.

Arbeitgeber, Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften aber auch Einigungsstellen und Arbeitsgerichte erwarten durch diesen Spruch eine grundsätzliche Klärung der Mitbestimmung des Betriebsrates bei Entwicklung, Einführung und Betrieb von Personalinformations- und Abrechnungssystemen.

Der derzeitige Stand ist so, daß die Arbeitgeberverbände aus ihrer Rechtsauffassung heraus ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates verneinen und ihren Mitgliedern empfehlen, keine Betriebsvereinbarungen über Personaldatenverarbeitung abzuschließen. Die Gewerkschaften sehen im Betriebsverfassungsgesetz das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretungen als eindeutig gegeben und unterstützen die Arbeitnehmervertretungen bei ihren Forderungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen zur Durchsetzung der Mitbestimmung. Die Positionsbezüge sind in den Tagungsbänden der 5. und 7. Dafta (Datenschutzfachtagung) ausgeführt 1).

Die rechtliche Unsicherheit und die differenziert zu behandelnden betrieblichen Gegebenheiten haben mittlerweile dazu geführt, daß eine nicht unerhebliche Anzahl an Betrieben Betriebsvereinbarungen abgeschlossen haben, mit denen die betroffenen Unternehmen mehr oder weniger gut leben können. Diese reichen von der ausschließlichen Unterrichtung bis hin zur Genehmigung der Speicherung und Verarbeitung von Einzeldaten der Arbeitnehmer für alle Programme.

Dort, wo auf betrieblicher Ebene keine Einigung erzielt werden konnte, wurden Einigungsstellen und Arbeitsgerichte bemüht. Die nebenstehende Übersicht zeigt in chronologischer Reihenfolge die Beschlüsse auf, die zur Mitbestimmung im Rahmen der Personaldatenverarbeitung ergangen sind.

Diese seit 1980 einsetzenden Gerichts- und Einigungsstellenverfahren erhielten mit der Einführung des Standardsoftwarepakets "Paisy" bei Opel eine öffentliche Breitenwirkung und damit auch politische Dimension, die bis zur Forderung und zu Beschlüssen auf Gewerkschaftstagen eines gesetzlichen Verbotes von Personalinformationssystemen geführt haben.

Unbenommen der BG-Entscheidung entwickelt sich daneben die "Zulässigkeit der Personaldatenverarbeitung" zu einem weitgreifenden Problembereich, der bißlang noch nicht in seiner ganzen Tragweite erkannt und abgedeckt ist.

Zulässigkeitsfrage die Achillesferse

Die Zulässigkeitsfrage dürfte über kurz oder lang zur Achillesferse der Personaldatenverarbeitung avancieren, da der Arbeitgeber aus den bestehenden Kontroll- und Überwachungsbefugnissen des Paragraphen 80 Betriebsverfassungsgesetz heraus (das BDSG ist nach herrschender Meinung ein Schutzgesetz im Sinne des Paragraphen 80 BetrVG) diese nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch gegenüber dem Betriebsrat und den Aufsichtsbehörden zu beantworten und zu dokumentieren hat 2). Es gilt daher, kurzfristig Informationsdefizite zu beseitigen.

t) Tagungsband 5. Dafta "DSB-Forum: Arbeitnehmerschutz in Datenschutz: Ordnungsfaktor für Datenverarbeitung und Informationstechnologien, 1982, Datakontext-Verlag, Köln. Tagungsband 7. Dafta "Forum: Arbeitnehmerdatenschutz und Personalinformationssysteme" in Datenschutz-Management und Kostendruck, 1984, Datakontext-Verlag, Köln, Hentschel/ Wronka "Personalinformationssysteme in der Diskussion", l982,Datakontext-Verlag,Köln.

2) Hentschel/Gliss/Wronka Vorrangige Rechtsvorschriften bei Personalinformations-und Abrechnungssystemen - Dokumentation der Datenspeicherungs- und Datennutzungsrechte und -pflichten der Betriebe anhand eines Muster-Personaldatenstammsatzes nachgewiesen, 1984, Datakontext-Verlag, Köln.