Niederländer bekommen Finanzhilfe

Baan zieht Notbremse und koppelt CRM-Bereich ab

07.04.2000
MÜNCHEN (CW) - Mit einer Radikalmaßnahme will sich Baan aus den Turbulenzen der vergangenen Monate manövrieren: Der zugekaufte CRM-Spezialist Aurum soll aus dem Unternehmen wieder ausgegliedert werden. Finanziell scheint das angeschlagene Softwarehaus aus den Niederlanden vorerst wieder abgesichert.

Das US-Investmenthaus Bear Stearns International hat sich verpflichtet, in den kommenden 18 Monaten Baan-Aktien im Wert von bis zu 150 Millionen Euro zu erwerben. Im Gegenzug erhält Bear Stearns bis zu 1,5 Millionen neue Baan-Anteilscheine. Aufgrund dieser Nachricht zog die Amsterdamer Börsenaufsicht ihre Drohung, den Hersteller aus dem Blue-Chip-Index zu werfen, wieder zurück.

Als nicht unbedingt überraschend werten Branchenexperten die Pläne Baans, den Unternehmensbereich für Kunden-Management-Software "Customer Relationship Management" (CRM) auszugliedern, um ihn innerhalb von sechs bis neun Monaten an die Börse zu bringen. Bereits im Juni dieses Jahres soll eine Tochter in Golden, Colorado, gegründet werden, die sich ausschließlich auf den Verkauf von CRM-Software und -Services fokussiert. Dazu gehören Web-fähige Produkte, mit denen sich das Marketing, der Verkauf und das Call-Center automatisieren und optimieren lassen. Zudem sind Technologien für den Handel im Internet vorgesehen. Die neue CRM-Division basiert größtenteils auf Produkten, die Baan im Mai 1997 mit Aurum Software Corp. übernommen hatte. Ebenso sind Komponenten der Töchter Beologic und Matrix enthalten. Bis Mitte April soll die neue Tochter einem eigenen Chef unterstehen. Unklar ist derzeit noch, ob Baan bereit ist, den Geschäftsbereich mehrheitlich abzugeben und sich ganz auf das ERP-Geschäft zu konzentrieren.

Damit zieht Baan nach monatelangen Schwierigkeiten die Notbremse. Nach fehlerhaften Bilanzen, sechs Verlustquartalen in Folge, einem konstant sinkenden Aktienkurs und dem Ausscheiden der Chefin Mary Coleman hatte der ERP-Anbieter mit einer umfangreichen Reorganisation der Geschäftsbereiche begonnen. Analysten hatten jedoch seit längerem die Ausgliederung des relativ erfolgreichen CRM-Bereichs als Maßnahme gegen den anhaltenden Abwärtstrend gefordert. "Ich glaube einfach, sie hatten gar keine andere Wahl", so John Bermudez, Vice President beim Marktforscher AMR Research aus Boston. Mit dem Spinoff erhalte Baan die Möglichkeit, dringend benötigtes Geld in die leeren Unternehmenskassen zu bekommen.