Jan Baan zieht sich als CEO zurück

Baan will den Verdacht der internen Kungelei ausräumen

10.07.1998

Noch immer liegt der Aktienkurs von Baan um knapp 20 Prozent unter dem Jahreshoch, doch konnten die Softwerker zuletzt wieder größere Steigerungsraten verbuchen. Zuvor hatten die Brüder Jan und Paul Baan angekündigt, die undurchsichtige Verquickung ihrer Privatunternehmen mit der Softwareschmiede aufzugeben und für mehr Transparenz zu sorgen.

Die Brüder besitzen gegenwärtig 39 Prozent der Anteile an der Softwareschmiede, die von der eigens gegründeten Baan Investment BV gehalten werden. Dabei handelt es sich um ein Venture-Capital-Unternehmen, das eine Reihe kleinerer Gesellschaften kontrolliert. Diese sind vor allem darauf spezialisiert, Baan-Software an kleinere und mittlere Unternehmen zu verkaufen.

Baans undurchsichtige Bilanzierungspraktiken

Analysten hatten aufgrund dieser ungewöhnlichen Konstellation moniert, die Softwareschmiede erhöhe ihre Umsatzzahlen künstlich, indem sie Software an die Töchter der Baan Investment verkaufe. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, mußte Baan gegenüber der amerikanischen Börsenaufsicht tatsächlich einräumen, im vergangenen Jahr 9,8 Prozent seines Umsatzes durch den Absatz von Produkten an unternehmensverwandte Firmen erwirtschaftet zu haben. Im Jahr davor waren es demnach 3,5 Prozent.

Am vergangenen Freitag kündigte das Softwarehaus nun an, getrennte Wege von Baan Investment zu gehen. Das Unternehmen soll künftig als Vanenburg Ventures BV firmieren, um den Anlegern die Unabhängigkeit der Investment-Gesellschaft vom Softwaregeschäft vor Augen zu führen.

Vanenburg soll nicht länger in Besitz der Tochtergesellschaften Baan Business Systems (BBS, ein Reseller-Netzwerk) und der für das Mittelstandsgeschäft gegründeten Baan Midmarket Solutions (BMS) bleiben. Wer künftig die Kontrolle über diese beiden Firmen übernehmen wird, ist noch nicht entschieden. Offenbar ist jedoch das Softwarehaus Baan daran interessiert, zumindest "Komponenten" der BMS aufzukaufen, während die BBS voraussichtlich nicht übernommen wird. Goldman, Sachs & Co. sowie ABN Amro N.V. sind Unternehmensangaben zufolge damit befaßt, die Trennung von Investment-Gesellschaft und Software-Mittelstandsgeschäften zu organisieren. Ungeachtet der Querelen um die Bilanzierungstechniken des SAP-Konkurrenten, entschloß sich Firmengründer Jan Baan (52) überraschend zu einem Teilrückzug aus dem Geschäft. Er werde seine Funktion als Chief Executive Officer an Tom Tinsley (45) abgeben, der auch die Position eines President erhalten soll. Jan Baan selbst möchte dem Unternehmen als Chairman erhalten bleiben und weiter Einfluß auf die Ausrichtung des Standardsoftware-Anbieters geltend machen.

Tinsley war nach 18jähriger Führungstätigkeit bei McKinsey im November 1995 zu Baan gekommen, wo er unter anderem die enge Bindung an Microsoft und die Ausdehnung des Produktspektrums durch Zukäufe einleitete. Zusammen mit Jan Baan und Klaas Wagenaar, dem Finanzchef und Chief Operating Officer, bildete er das Führungstriumvirat des Unternehmens.