Die Ex-Nixdorf-Software wird weiterentwickelt

Baan: Mit Comet sind wir führend im Mittelstand

12.09.1997

CW: Welche Pläne hat Baan mit Comet?

Voß: Fest steht, daß wir die vorliegende Versionsplanung von Siemens-Nixdorf übernehmen. Das betrifft insbesondere die Lösung für das Euro- und das Jahr-2000-Problem.

CW: Ein Großteil der Comet-Anwender hat den Code der Anwendung so verändert, daß der von SNI vorgesehene Release-Wechsel nicht reichen wird. Gibt es hier Lösungsansätze?

Voß: Dafür gibt es Umstellungsprogramme.

CW: Existieren Konzepte über die SNI-Planung hinaus?

Voß: Nein. Aber schon die jetzt von SNI übernommenen Verpflichtungen, die Software weiterzuentwickeln, reichen über das Jahr 2000 hinaus. Mitte bis Ende des nächsten Jahres werden wir entscheiden wie es danach weiter geht.

CW: Sie wollen den Comet-Anwendern Umstiegsangebote machen. Was meinen Sie damit konkret?

Voß: Wir räumen den Kunden natürlich ein, zu Vorzugskon- ditionen in die Baan-Welt zu migrieren.

CW: Ist das Ihre generelle Strategie?

Voß: Wenn der Kunde mit Comet weiterarbeiten will, haben wir damit kein Problem. Angesichts der Menge an Installationen rechnet sich die Unterstützung allemal.

CW: Sie werden den Umstieg also nicht forcieren...

Voß: Wir werden auf alle Fälle niemanden durch Maßnahmen wie die Einstellung des Supports zum Umstieg zwingen.

CW: Die Comet-Anwender sind fast durchweg kleine und mittelständische Unternehmen. Wie sieht Baans Engagement für diese Kundenschicht aus?

Voß: Mittelständische Software wird in der Regel über Partner vermarktet. Von den ehemaligen Nixdorf-Werksvertretungen sind schon seit Jahren mindestens 15 bei uns - vor allem die großen, die an die Industrie verkaufen.

CW: Was bezahlen Sie für die Comet-Firma?

Voß: Ich wurde schon gefragt, was SNI uns zahlt, damit wir Comet übernehmen. Aber im Ernst: Darüber ist Stillschweigen vereinbart.

CW: Mit welchem Grundkapital wird die neue GmbH von Siemens-Nixdorf ausgestattet?

Voß: Warum wollen Sie das wissen?

CW: Ein sehr niedriger Wert würde gegen eine lange Lebensdauer dieser Firma sprechen.

Voß: Ich glaube mit eineinhalb Millionen Mark.

CW: Übernehmen Sie eine Unternehmen mit schwarzen Zahlen?

Voß: Siemens-Nixdorf hat viel in neue Produkte investiert, aber fragen Sie hier bei Siemens-Nixdorf nach. (Die Zahlen sind laut SNI rot, Anm. d. Red.)

CW: Wie wird das unter Baan-Regie aussehen?

Voß: Wir rechnen die Entwicklungsausgaben gesondert ab, so daß sie das Geschäftsergebnis der Comet-GmbH nicht beeinträchtigen.

Außerdem vermarkten wir mögliche neue Produkte weltweit, so daß wir rascher in die Gewinnzone rücken als SNI, die damit in einem weit engeren Markt tätig waren.

CW: Wollen Sie Comet weltweit aktiv vermarkten?

Voß: Nein, nur die neuen Produkte. Das sind im wesentlichen die ALX-Anwendungen "APM" für Auftrags- und Produktions-Management und die Logistiklösung "LOG".

CW: Was halten die bisherigen Comet-Mitarbeiter von der Übernahme?

Voß: Sie sind hochmotiviert, weil sie einen Eigner bekommen, der international agiert.

CW: Müssen Sie Mitarbeiter freisetzen

Voß: Nein, wir übernehmen alle 200 Mitarbeiter - nicht, weil wir dazu verpflichtet sind, sondern weil wir sie alle brauchen. Ihre Qualifikation war ein wichtiger Teil des Deals.

CW: Kann sich Baan den momentanen Akquistionskurs leisten?

Voß: Ja, denn wir haben heute ein Börsenkapital von sieben Milliarden Dollar. Diese hohe Bewertung bringt viel Geld. Und wir werden weitere Firmen aufkaufen.

CW: Was ist das Ziel Ihrer Akquisitionen?

Voß: Ohne Aufkäufe haben wir keine Chance, die für unser Wachstum nötigen Mitarbeiter zu bekommen.

CW: Geht es bei dieser Personalaufstockung um Baan-Software oder um den mit Comet angepeilten Mittelstandsmarkt?

Voß: Um beides. Im Mittelpunkt steht dabei unser Ziel, die Nummer eins im Mittelstand zu werden. Ich glaube, mit der Q.4-Übernahme sind wir es auch.

CW: Bedeutet die Konzentration auf den Mittelstand ein Ausweichen vor dem großen Konkurrenten SAP?

Voß: Nein. Richtig ist aber, daß zumindest in Deutschland der Markt der Großanwender in den administrativen Bereichen in der Hand des Wettbewerbs liegt. Aber in der Fertigung haben wird durchaus Erfolge aufzuweisen. Im Bereich Luftfahrt und Verteidigung sind wir sogar Marktführer.

Der Comet-Deal

Am 29. September gründet Siemens-Nixdorf seinen Comet-Bereich als Q.4-IBS GmbH aus. Tags darauf kauft die holländische Baan BV die Firma für einen Mark-Betrag, der sich im zweistelligen Millionenbereich bewegt. Dafür übernehmen die Holländer neben der Software 200 Mitarbeiter, die Produktionsorte sowie die Verpflichtungen gegenüber den rund 15000 Usern. Dazu gehört vor allem die Freigabe einer Version 3.3 von Comet, die Euro-fähig sein soll. Schließlich vermarktet SNI künftig als Lösungsanbieter neben den Produkten von SAP und Peoplesoft weltweit die Baan-Produktpalette - wenn auch nicht die Mittelstandssoftware, die über Partner an den Kunden gebracht wird. Für den Erfolg von Comet unter Baan-Regie ist Zentraleuropa-Chef Karl-Heinz Voß verantwortlich.