Microsofts Objektmodell als Basis für Komponentenanbindung

Baan integriert zugekaufte Software

08.05.1998

Laut Analysten entstehen rund 30 Prozent des Gesamtaufwands für die Einführung einer Enterprise-Resource-Planning-(ERP-) Lösung bei der Integration von Applikationen verschiedener Anbieter. Dem möchte Baan mit einer "Integrations-Offensive" begegnen und stellte in Denver den neuen Geschäftsbereich "Baan Connect" vor. Rund 60 Mitarbeiter sollen Schnittstellen und Middleware für die Integration von Produkten entwickeln. Neben kürzeren Implementierungszeiten sollen sich künftig auch einzelne Anwendungen unabhängiger voneinander aktualisieren lassen. Realese-Wechselzeiten können dadurch reduziert und die Wartung vereinfacht werden.

Das Rückgrat der Integrationsstrategie bilden dabei Microsoft-Techniken: Das Component Object Model (COM) sowie das Distributed Component Object Model (DCOM) sollen der Interface-Standard für Baan Series werden. COM ist eine Technik, die es erlaubt Programme für eine Anwendung zu entwickeln, die sich innerhalb eines Rechners auch von anderen Applikationen nutzen lassen. Durch DCOM wird der Einsatz der Bausteine auch über Rechnergrenzen hinweg möglich. Beide Standards sind bislang ausschließlich für die Microsoft-Betriebssysteme Windows 95 und NT verfügbar. Mit Blick auf plattformunabhängige Standards wie die Common Object Request Broker Architecture (Corba) und Java riskierte Bill Gates, Gastredner auf der Baan World, einen Blick in die Kristallkugel. Er hoffe, COM und DCOM in "absehbarer Zeit" auch für Unix-, AS/400-Rechner und Mainframes unter MVS anbieten zu können. Auf einen konkreten Zeitplan wollte sich Gates allerdings nicht festlegen. Baan selbst unterstützt mit seiner Anwendung eigenen Angaben zufolge auch Corba- sowie Java-Standards.

Zu den Komponenten, die Baan enger an seine ERP-Suite koppeln möchte, gehören Vertriebs- und Marketing-Lösungen, Software für das Management von Lieferketten sowie Data-Warehouse- und Finanzanwendungen. In allen Bereichen hat sich Baan durch Kooperationen und durch Aufkäufe von Unternehmen wie Aurum und Matrix (Vertrieb und Marketing), Berclain (Lieferketten), Coda und Hyperion (Finanzwesen) sowie Magic (Personal-Management) verstärkt. Dem Thema Supply Chain Management (SCM) schenkte Baan besondere Beachtung und etabliert mit "Baan Supply Chain Solutions" (Baan SCS) einen unabhängien Unternehmensbereich, der aus Santa Clara, Kalifornien, agieren soll. Erste Entwicklungsergebnisse zur Nachfrage-, Produktionsfein- und Zeitplanung sowie ein Leitstand wurden auf der Baan World vorgestellt.

Bobby Cameron, Analyst von Forrester Research, Cambridge, Massachusetts begrüßt die Integrations-Offensive: "Anwender warten schon seit längerem, daß Baan eine Strategie vorstellt, wie es seinen Gemischtwarenladen zu einer stabilen, integrierten Lösung verbinden will" erklärt er. Doch vor zuviel Euphorie warnt Byron Miller, Spezialist für Software-Architekturen bei der Giga Information Group: "Es dauert noch mehr als ein Jahr, bis Baan ein objektorientiertes Komponentenpaket vorstellt, bei dem sich Anwendungen Stück für Stück aktualisieren lassen."