Analysten bewerten Angebote aller Hersteller kritisch

Baan gründet eigenständige GmbH für kleinere und mittelgroße Betriebe

27.03.1998

"Mit der Gründung einer eigenständigen Mittelstands-Company verfolgen wir konsequent den Weg, unser Geschäft in diesem Wachstumsmarkt auszubauen", erklärt Burghard Kleffmann, Geschäftsführer der BMS GmbH für Zentral- und Osteuropa sowie langjähriger Vertriebschef von Baan Deutschland. Hauptaufgabe der BMS soll es sein, das Vertriebspartner-Netz auszubauen. Durch die Übernahme des Comet-Geschäfts der Siemens-Nixdorf AG im Sommer letzten Jahres habe man bereits eine breite Basis, die durchaus ausbaubar sei.

Neben dem Aufbau des indirekten Vertriebskanals bietet BMS für Mittelständler spezielle Softwarepakete an. Diese gründen auf "Baan on Board", der Mittelstandslösung der Niederländer. Damit sollen die Installationszeiten deutlich verringert werden. Das Bündel umfaßt die Standardsoftware "Baan ERP" (ehemals Baan IV), Middleware, eine Datenbank sowie Hardware, Schulungen, Support und Dokumentation. Darüber hinaus sei geplant, Baan on Board vorkonfiguriert auszuliefern.

Für Großhandelsunternehmen und Maschinenbaubetriebe stellten die Softwerker zur CeBIT die ersten zwei dieser Branchenpakete vor, die ab Mitte des zweiten Quartals offiziell verfügbar sein sollen. Laut Kleffmann plant Baan, insbesondere Comet-Kunden für diese Pakete zu gewinnen. Doch scheinen die Bemühungen der Niederländer, die weltweit rund 15000 Comet-Installationen auf Baan zu migrieren, schwieriger als zunächst angenommen. Viele Anwender sind nicht gewillt, auf den Baan-Zug aufzuspringen (siehe CW Nr. 11 vom 13. März 1998, Seite 9: "Wieviel Zukunft haben Comet-Anwender?"). Von Migrations- oder Ablöseprojekten haben bislang eher Konkurrenten wie Navision und QAD profitiert.

Auch Berater und Analysten bewerten die Mittelstandsangebote von Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)Anbieter - SAP, Oracle und SSA haben ebefalls entsprechende Bündel im Programm - sehr kritisch. Laut Andreas Pestinger, Analyst bei der Meta Group, sollen sich mit Mittelstandspaketen zwar kürzere Installationszeiten realisieren lassen. Doch müsse Unternehmen klar sein, daß ihre Anforderungen damit meist nur zu 80 Prozent abgedeckt würden. Zeit, um "alte Zöpfe abzuschneiden" und Geschäftsprozesse zu überdenken, bleibe bei den gewollt kurzen Projektzeiten erst recht nicht.

Als weiteres Highlight stellt Baan die Produktfamilie "Baan Series" vor. Unter diesem Begriff sortiert die Softwareschmiede ihren durch Zukäufe und Kooperationen entstandenen Produktbauchladen. Basis dafür ist eine Komponentenarchitektur, mit der sich via Business Object Interfaces (BOI) einzelne Anwendungsbausteine verbinden lassen sollen. Baans Komponentenmodell unterstützt Standards wie das Distributed Component Object Model (DCOM) von Microsoft und die Common Object Request Broker Architecture (Corba) der OMG.

"Vorteil unserer Architektur ist es, Applikationen künftig in kleinen Häppchen unabhängig voneinander zu aktualisieren", erklärte Kleffmann. Auch die Zyklen, in denen man neue Funktionen ausliefern will, sollen dadurch verkürzt werden. Elemente von Baan Series sind Baan ERP, das gegenüber dem Vorgänger Baan IV einen um 50 Prozent gestiegenen Funktionsumfang aufweise. Durch Objekttechniken wie Wiederverwendung und Vererbung sei die Software allerdings deutlich schlanker als ihr Vorgänger: Gerade mal 480 MB Festplattenspeicher seien nötig. SAPs R/3 muß für sich mehr als das Zehnfache in Anspruch nehmen.

Integration von Front-Office-Anwendungen

Weitere Komponenten von Baan Series sind das Modellierungswerkzeug "Dynamic Enterprise Modeller Strategy Execu- tion" (DEM-SE), ein objektorientierter Produktkonfigurator und Supply-Chain-Management-(SCM-)Werkzeuge. Zudem wird durch Komponentenbauweise die Integration von Front-Office-Anwendungen wie Sales Force Automation (SFA) unterstützt. Baan hatte sich in diesem Bereich durch den Kauf von Aurum, Matrix und Beologic verstärkt. Auf der CeBIT zeigte das Unternehmen seine Anwendungssuiten "Aurum Customer Enterprise" und "Aurum Interactive Selling Solution". Die Integration in Baan ERP bleibt das Unternehmen allerdings noch schuldig. "Einen konkreten Zeitplan dafür stellen wir auf der Hausmesse Baan World in Denver Ende April 1998 vor", sagte Bernhard Höh, verantwortlich für den Geschäftsbereich Aurum bei Baan in Hannover.