Personaldefizit stellt der Bundesanstalt Qualitätsniveau in Frage:

BA-Qualifizierung auf dem Verschiebebahnhof

08.01.1988

NÜRNBERG (loh) - Für qualifizierte Leistung braucht die Bundesanstalt für Arbeit (BA) mehr Personal. Nürnberger Behörde und Bonner Haushaltsausschüsse gehen auf Kollisionskurs: Statt neue Stellen zu bewilligen, werden nämlich alte Verträge gestrichen,

,Wir setzen die Priorität auf die Erhöhung der Qualität. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Heinrich Franke, signalisiert mit diesem Motto für Maßnahmen der Fortbildung und Umschulung (FuU) ein "hohes Niveau". Doch mit dem "finanziellen Verschiebebahnhof", so das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) des DGB über die 8. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz und den außerplanmäßigen Einsparungen, scheint der Zug für die Offensive in der Berufsbildung abgefahren zu sein. Mit rund 39,7 Milliarden Mark erhöht sich der Nürnberger Haushalt um eine Milliarde. Davon sieht der BA-Etat 5,5 Milliarden Mark für Bildungsausgaben vor. Auf Fortbildung entfallen 1,5 Milliarden, auf Umschulung und berufliche Ausbildung je 0,7 Milliarden. Der Anteil des Unterhaltsgeldes beträgt 2,6 Milliarden. Seit 1980 haben sich jedoch nicht nur Ausgaben wie auch Zahl der Teilnehmer um rund das Doppelte erhöht. Hinzugekommen sind Problemgruppen wie Aussiedler, Asylberechtigte sowie das "Benachteiligten-Programm". Der Finanzierungsfehlbetrag steigt dadurch von 3,2 auf 4,17 Milliarden Mark.

Noch bleibt offen, ob damit tatsächlich eine Finanzierungsverlagerung - zu Lasten von Fortbildung und Umschulung - stattfinden wird.

Der Verwaltungsrat in Nürnberg jedoch muß auf geplante zusätzliche 933 Stellen verzichten. Schlimmer noch: Rund 1000 Arbeitsplätze fallen dem Rotstift zum Opfer. Insgesamt soll ein Prozent der 53 000 BA-Positionen gestrichen, frei werdende Plätze weiterhin erst nach einem halben Jahr wieder besetzt werden.

Sollen Bildungsmaßnahmen höherwertiger als bisher gestaltet werden, steigen nach Ansicht von Ursula Engelen-Kefer auch die Anforderungen an BA-Mitarbeiter: Ein umfangreiches Instrument wie die berufliche Fortbildung erfordere "eine zunehmende Beratungsqualität". Der Vize-Präsidentin der BA sekundieren Bildungsexperten des Berliner Bundesinstituts für Berufsbildung: Berater müßten schließlich erst selbst einmal qualifiziert werden, um gewandelten Gesetzeslagen und Kriterienkatalogen gerecht werden zu können. Schließlich gelte es, kostspielige Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Arbeitsämter hätten sich mit den Ansprüchen der Unternehmen auseinandersetzen und zu Gunsten einer schnellen Vermittlung häufig auf echte Qualifizierung zu verzichten, konnte etwa Peter Bosch beobachten: "Anpassungsfortbildung degeneriert daher in vielen Fällen zu einer reinen Lohnkostensubvention." Der WSI-Forscher liefert so auch eine eigene Interpretation für die Maßnahmeerfolge der Nürnberger Behörde: Der "Mitnahme-Effekt" von der BA-Einarbeitungsunterstützung steige zunehmend bei Unternehmen an Beliebtheit. Mehr Außenkontakte der Sachbearbeiter könnten indes zur Transparenz beitragen. Doch derzeit sei vor allem das Problem der befristet Beschäftigten in den Arbeitsämtern noch ungelöst. Etwa 12 bis 15 Prozent aller BA-Mitarbeiter fielen darunter. Ihre Verträge in unbefristete umzuwandeln, lehnt das Bundesarbeitsministerium ab. Mit diesem zusätzlich eingesetzten und geschulten Personal aber ließe sich, so Frau Engelen-Kefer, an anderer Stelle Geld einsparen.