Firma engagiert sich bei der Lehrlings- und Arbeitslosenausbildung

Azubis arbeiten von Anfang an eigenständig in Projekten

17.09.1999
Von Gabriele Müller* Der IT-Dienstleister DV Management und Beratung AG (DVMB) aus Solingen hat für sich ein Rezept gefunden, um Mitarbeiter auf dem engen IT-Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Das bergische Unternehmen bildet nicht nur junge Leute in den neuen IT-Berufen aus, sondern macht aus arbeitslosen Jobsuchern neue Kollegen.

Zehn Prozent aller DVMB-Mitarbeiter sind Azubis. Sie erlernen einen Beruf, den Fachinformatiker, mit dem sich so manches Unternehmen und so manche Berufsschule noch schwertut. Denn die Ausbildung gibt es erst seit zwei Jahren. Das merkt auch Tobias Häger, 21 Jahre alt, der seit September 1998 beim Solinger IT-Dienstleister DV Management und Beratung seine Ausbildung macht. "Die Berufsschulen hinken in der Ausstattung, den Lernmaterialien und dem Unterricht der Realität hinterher", ist er überzeugt.

In seinem Ausbildungsbetrieb dagegen werden die Praxis und das Thema "Förderung duch Forderung" groß geschrieben. Auch Häger war schon im "Echteinsatz" beim Kunden, wo er im Support "ganz eigenständig gewisse Probleme lösen" durfte. Eine Vorstellung, die so manchen Ausbilder eher verunsichern dürfte und bei den Mitschülern fast so etwas wie Neid auslöst.

In ihrem Unternehmen werden Häger und die neun anderen Azubis, vom Hauptschüler bis zum abgebrochenen Studenten, so praxisnah wie möglich ausgebildet. "Ich lege Wert darauf, daß alle zehn Lehrlinge in konkrete Projekte eingebunden werden", erklärt Ausbildungsleiter Hermann Schwenne. Was für Häger und seinen Mitazubi Henning Buchholz zum Beispiel hieß, schon im ersten halben Jahr der Lehre bei einer Software-Umstellung in einer Steuerberaterpraxis mitzuwirken. "Wir hatten die Aufgabe, einen neuen File-Server zu installieren, der mit dem Betriebssystem Windows NT 4.0 ausgestattet werden sollte", erinnert sich Buchholz stolz.

Parallel zur Ausbildung beackert der Nachwuchs noch ein zweites Lernfeld. "Wir hoffen, daß alle noch vor Bestehen ihrer IHK-Prüfung den Microsoft Certified System Engineer (MCSE) in der Tasche haben", erklärt Ausbildungsleiter Schwenne das ehrgeizige Ziel. Das zu erreichen, ist die Truppe auf gutem Weg". "Ein großer Teil von uns hat schon die erste Prüfung hinter sich gebracht", resümiert Häger.

Daß die Solinger großen Wert auf das Thema Ausbildung und Zertifizierung legen, kommt nicht von ungefähr. Das Unternehmen, 1993 noch als GmbH gegründet, expandiert stetig weiter und hat im vergangenen Jahr mit rund hundert Mitarbeitern in der Solinger Zentrale und in den Niederlassungen Berlin, Frankfurt und Mannheim einen Umsatz von zehn Millionen Mark erzielt. Als unabhängiger IT-Dienstleister für die Planung, Umsetzung und Betreuung von heterogenen Netzwerken beschäftigt sich das Unternehmen vor allem mit IT-Consulting, Support, IT-Training und der Entwicklung von Software.

"Qualifiziertes Personal ist auch für uns nicht immer leicht zu bekommen", schildert Schwenne. "Um so wichtiger, daß wir für uns und unsere Kunden genau die Leute aus- oder weiterbilden, die wir so dringend benötigen." Bei DVMB ist daher die Zertifizierung der Mitarbeiter eine Selbstverständlichkeit. Und die Azubis stöhnen keineswegs über soviel Lernen: "Je besser ich qualifiziert bin, um so mehr Chancen auf einen guten Job habe ich später", hat Azubi Häger erkannt.

Dieser Gedanke hat auch den Ausschlag für eine ungewöhnliche Form der Zusammenarbeit mit dem örtlichen Arbeitsamt gegeben. Zwar gehören Schulungen zum täglichen Brot der Firma, aber aus Arbeitslosen qualifizierte Mitarbeiter für die IT-Branche zu machen, war auch für den DVMB-Vorstandsvorsitzenden Eckhard Klockhaus zunächst neu. "Darüber lamentieren, daß Universitäten veraltete Lehrinhalte unterrichten und Arbeitslose sowieso nicht über das richtige Wissen verfügen, ist sehr bequem. Wir glauben aber, daß jedes Unternehmen einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten kann."

Gesagt, getan. 1998 veranstaltete die IT-Firma zum ersten Mal im Auftrag des Arbeitsamtes eine viermonatige Fortbildung und machte Teilnehmer mit Netzwerken und Windows NT vertraut, um die Grundlagen für den Microsoft Certified Professional (MCP) zu schaffen. "Mit dieser Aktion wollen wir den Arbeitslosen neue Perspektiven am Markt schaffen und auch ein Signal für andere geben", erklärt Klockhaus seine Motivation. Und nicht nur das: Von den Teilnehmern, die den Kurs beendeten, wurden gleich drei für das eigene Unternehmen engagiert. "Etwas, das wir immer wieder tun würden", versichert Ausbilder Schwenne. "Wir haben gute Erfahrungen mit der Motivation der neuen Kollegen gemacht."

Nun läuft zum dritten Mal, diesmal von August bis zum Januar 2000, diese Maßnahme - zur Zufriedenheit des Arbeitsamtes. Berater Peter Grob, der dort den Lehrgang betreut: "Eine Zusammenarbeit in dieser Form ist auch für uns einmalig. Ich schätze daran vor allem die praxisorientierte Ausbildung, die von Profis aus der Wirtschaft für die Wirtschaft gemacht wird. Und noch dazu ist DVMB eben nicht nur Ausbilder, sondern auch potentieller Arbeitgeber."

Ob dieser Lehrgang trotz allen Erfolges, wie eigentlich geplant, nun zweimal jährlich fortgesetzt wird, steht noch in den Sternen. Denn die Mittel der Arbeitsverwaltung sind begrenzt. "Für einen Kurs, der nur einmal im Jahr stattfindet, Räume, Dozenten, Betreuer und Lehrmaterial zur Verfügung zu halten, rechnet sich für uns eigentlich nicht", so Ausbildungsleiter Schwenne. "Weitermachen wollen wir trotzdem. Schließlich suchen wir ja kontinuierlich gute Mitarbeiter."

*Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal.