Web

App oder Stiftung?

Axel Springer und der Journalismus im Internet

08.08.2013
Axel Springer vermeldet erstmals Zahlen über ihren digitalen Angebote im Netz. Sie könnten eine Ermutigung für die Zeitungsbranche sein.

Der Satz klang zunächst wie ein kleiner Scherz, war aber durchaus ernst gemeint: "Bei 188 Millionen Euro - dafür hätte ich die "Washington Post" auch gerne genommen", sagte Mathias Döpfner am Mittwoch in Berlin. Einen Tag nach Bekanntgabe des spektakulären Deals, mit dem Amazon-Gründer Jeff Bezos das Traditionsblatt aus der US-Hauptstadt kauft, blickte der Vorstandschef des Medienkonzerns Axel Springer ("Bild", "Die Welt") kurz über den Atlantik. Der Preis sei "schockierend" und zeige, wie es um den Wert der Zeitungen in den USA bestellt sei.

Die Feststellung über Bezos' Schnäppchen könnte auch als Antwort auf die Kritiker Döpfners in Deutschland verstanden werden. Der jüngst angekündigte Verkauf von zwei Regionalzeitungen und sieben Zeitschiften aus dem Hause Springer für 920 Millionen Euro an die Funke Gruppe ("WAZ") ist in der Branche teilweise auf Kopfschütteln gestoßen.

Deutschlands größter Zeitungsverlag verabschiede sich vom gedruckten Journalismus, lautet der Tenor der Kritik. Dazu passt auch die bislang unbestätigte Meldung, dass Springer die Erlöse aus dem Verkauf an die Funke Gruppe nicht in journalistische Produkte anlegen möchte, sondern zusammen mit dem US-Finanzinvestor General Atlantic für die Scout24-Gruppe der Telekom biete. Döpfner sagte am Mittwoch, das Geld solle vor allem in journalistische Angebote im Netz und in das Geschäft mit digitalen Kleinanzeigen fließen.

Springer bekommt mit dem Funke-Geschäft fünf Mal mehr, als den Wert der gesamten "Post"-Gruppe - ein Zeichen, dass Journalismus auf Papier durchaus noch ein gutes Geschäft sein kann.

Zwar hat Döpfner die Devise ausgegeben, Springer zum führenden Digitalunternehmen auf ihren strategischen Märkten zu entwickeln. Doch bei der Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das zweite Quartal ging der Vorstandschef noch einmal auf seine Doppelstrategie ein - Internet und Print. Der Konzern wolle sich in Zukunft auf ihre überregionalen Marken "Bild" und "Welt" konzentrieren.

Dann verkündete Döpfner noch eine Nachricht, die er für seine Strategie als ermunternd empfindet: In gut einem halben Jahr seien 47.000 Digital-Abos der "Welt" verkauft worden. Das entspreche mehr als 20 Prozent der verkauften Auflage der "Welt" von 227.248 Exemplaren (2. Quartal). Der Erfolg zeige, dass es im Netz die Bereitschaft gebe, auch für Journalismus zu bezahlen.

Medienexperte Stephan Weichert wertet die digitalen Abozahlen auch als "sehr respektabel und erfreulich". "Doch wenn man die Zahlen im Kontext der aktuellen Auflagenrückgänge betrachtet, ist dieser Erfolg doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte der Journalismus-Professor der Hamburger Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation der Nachrichtenagentur dpa. Eine "schwarze Null" für die digitalen journalistischen Aktivitäten sei jedenfalls noch lange nicht in Sicht.

Weichert bescheinigt Springer immerhin "Weitsicht" bei seinen digitalen Investments und registriert, wie viel Geld der Berliner Medienkonzern für den Übergang in die Digital-Ära investiert. Schwieriger sei da die Lage für viele Regionalzeitungen, die nicht über die Investitionsmittel eines Springer-Verlags verfügten.

Der Medien-Experte empfiehlt den Verlagen, sich vorsorglich nach neuen Finanzierungsmodellen umzuschauen. Bei einer Umwandlung der Verlage in Stiftungen würden die journalistischen Angebote zwar keine Gewinne mehr abwerfen. "Aber immerhin könnte man mit Hilfe der Steuerbefreiung langfristig dem Qualitätsjournalismus sichern helfen, denn Stiftungen sind für die Ewigkeit gemacht." (dpa/tc)