Automatische Rufverteilung wird Bestandteil des Kundenservice Der Integration von Sprache in DV-Systeme gehoert die Zukunft

24.09.1993

PARIS (pg) - Die zwischen der AT&T Global Business Commu- nication Systems (AT&T GBCS) und Datapoint geschlossene Allianz zur gemeinsamen Erschliessung des europaeischen Marktes fuer Automatic Call Distribution (ACD) koennte richtungsweisend sein. Uebereinstimmend sagen die Marktforscher diesem Markt ein enormes Wachstum voraus. Bei der kombinierten Anwendung von Sprach- und DV-Systemen in Unternehmen soll Deutschland - heute noch ein Nobody - in Europa bereits in fuenf Jahren an der Spitze liegen.

Eingefleischten Datenverarbeitern ist Datapoint bislang wahrscheinlich nur als Hersteller des Netzwerkes Arcnet ein Begriff gewesen. Immerhin war Arcnet lange Zeit die am haeufigsten installierte Netztopologie. 1992 machte das amerikanische Unternehmen mit Arcnetplus erneut Schlagzeilen, das die Uebertra- gungsgeschwindigkeit im LAN von 2,5 auf 20 Mbit/s steigerte. Insider bewerteten die Erfolgsaussichten des lange angekuendigten Produkts im Zeitalter der Diskussion um 100-Mbit/s-Ethernet allerdings skeptisch.

Asher Edelman, der Vorstandsvorsitzende von Datapoint, raeumte anlaesslich der Bekanntgabe der Kooperation mit AT&T auch ein, dass sich das Unternehmen schon fruehzeitig nach weiteren Standbeinen umgesehen habe. Heute, so der CEO, mache das Networking noch ein Drittel des gesamten Umsatzes aus, der sich im vergangenen Geschaeftsjahr insgesamt auf 208 Millionen Dollar belief.

Neben der Kopplung von proprietaeren DV-Loesungen mit Unix-, DOS- und OS/2-Komponenten hat sich Datapoint in der Vergangenheit verstaerkt auf das Geschaeft im Bereich des Videoconferencing sowie in DV-Systeme integrierte Sprachkommunikation konzentriert. Dabei versteht sich das Unternehmen in erster Linie als Systemintegrator. Bei der Vermarktung von automatischen Rufverteilsystemen haelt die Company eigenen Angaben zufolge in Europa einen Marktanteil von rund 25 Prozent.

Laut David Phillips, Managing Director von AT&T GBCS, hat dieser Umstand den TK-Konzern bewogen, ein Abkommen mit Datapoint anzustreben. Die Vereinbarung sieht vor, dass AT&T seine ACD- Produktlinie "Definity" als Plattform einbringt, auf die Datapoint kundenspezifisch eigene Loesungen wie Telemarketing-Software, interaktive Voice-Processing-Features oder die Koppelung zum Beispiel mit Datenbank-Systemen in Unternehmen aufsetzt.

Die Marktforscher sagen grosses Wachstum voraus

Das AT&T-Produkt ermoeglicht Datapoint nun ferner, Kunden eine Wahlmoeglichkeit zwischen ACD-Loesungen und Nebenstellenanlagen mit ACD-Features anzubieten. Ausserdem sollen bei der Vermarktung die Vertriebskanaele von Datapoint in Europa genutzt werden.

Innerhalb der naechsten drei Jahre erwarten sich beide Unternehmen ein Verkaufsvolumen von mehr als 140 Millionen Dollar auf dem europaeischen Markt. Datapoint rechnet laut Edelman damit, in diesem Zeitraum allein 45 000 ACD-Anwenderplaetze zu installieren. Prognosen der Marktforscher haetten dem Datapoint-Chef zufolge ergeben, dass bis zum Jahr 1996 in der Alten Welt mit einem Bedarf von knapp 80 000 ACD-Einheiten auszugehen ist. Die durchschnittlichen Kosten fuer einen ACD-Agent im Unternehmen werden derzeit mit rund 3000 Dollar angesetzt.

AT&T und Datapoint zufolge ist ein solches Wachstum durch mehrere Faktoren zu begruenden: Erstens gibt es in Unternehmen einen zunehmenden Trend, integrierte Computer- und Telefonloesungen einzufuehren, um dem Bedarf nach mehr Service gegenueber dem Kunden sowie mehr Produktivitaet gerecht zu werden. Zweitens ist die digitale Technologie der ACD-Systeme, die heute am Markt angeboten werden, unterdessen flexibel und zuverlaessig. Drittens gibt es heute eine ausreichend gute Infrastruktur der Anbieter, die auch nach dem Verkauf von ACD-Systemen fuer Kundenservice sorgt.

Edelman ist insbesondere von einem Boom fuer ACD in Deutschland ueberzeugt, der das Land seiner Ansicht nach binnen fuenf Jahren an die Spitze der installierten Basis katapultieren wird. Gruende fuer diese Entwicklung sieht der CEO vor allem in dem in Deutschland stark vertretenen Versicherungs- und Bankwesen sowie Unternehmen der Touristik und anderer Dienst- leister, fuer die eine Installation von ACD-Systemen in Sachen Vertrieb, Marketing und Kundenservice unausweichlich ist.

Eine weitere Ursache ist seiner Meinung nach ein sich veraenderndes Bewusstsein der Anwender in der Sprachkommunika- tion, hervorgerufen durch die Liberalisierung dieses Sektor hierzulande. Als dritten Grund fuehrt Edelman schliesslich an, dass der deutsche Markt im Gegensatz zu England, wo die ACD-Nutzung in Unternehmen wie auch in den Vereinigten Staaten schon sehr stark verbreitet ist, nahezu bei Null anfange.