CD-Anbieter: "Das ist pure Erpressung"

Autodesk zerrt Topware vor den Münchner Kadi

23.01.1998

Goldrausch! Mit diesem Schlagwort bewirbt der Mannheimer Großdistributor Topware seit Mitte November letzten Jahres ein 14teiliges, nicht ganz 50 Mark teures CD-Sammelsurium mit dem Titel "CD Gold 4". Insgesamt 36 Anwendungen wie die Micrografx-Werkzeuge "Photo Magic" und "Windows Draw 5.0", das System-Utility "Norton Crashguard" von Symantec, Borlands "Intrabuilder" oder aber Autodesks Visualisierungs- und Animationspaket "3D Studio Release 4" umfaßt das überwiegend in Kaufhäusern oder Handelsketten angebotene Applikationsbündel.

Doch mit der Integration des Multimedia-Pakets von Autodesk, das der Hersteller selbst separat für nicht weniger als 2600 Mark der Kundschaft andient, sind die Kurpfälzer den Münchnern zu weit gegangen: "Wir waren mit Topware in Verhandlungen, sind jedoch zu keiner Einigung gekommen", formuliert Bettina Müller, Pressesprecherin bei Autodesk, den Stand der Dinge aus Sicht der bayerischen Vertretung des US-amerikanischen CAD-Pioniers.

Billig-Bündel als Stein des Anstoßes

Topware habe zu keiner Zeit eine Zustimmung für die Produk- tion oder den Vertrieb der Software erhalten - weder mündlich noch schriftlich. Auf eine Aufforderung, den Vertrieb zu unterlassen und ein Verhandlungsangebot anzunehmen, habe Topware schlichtweg nicht reagiert, begründet die Autodesk-Sprecherin, weshalb sich ihr Brötchengeber dafür entschieden hat, den Streit unter Zuhilfenahme der Justiz auszufechten - Aussagen, die Topware so nicht gelten lassen will.

Fakt ist, so der Vorstandsvorsitzende des 50köpfigen Unternehmens, Dirk Hassinger, daß Autodesk einen Vorschlag zur Integration von 3D Studio Release 4 unterbreitet habe und sogar bereits über einen Lizenzvertrag verhandelt worden sei. "Uns wurde von einem Vertriebsleiter bei Autodesk Kinetix, (der mittlerweile nicht mehr zum Unternehmen gehört, Anm. d. Red.), zugesagt, daß der Vertrag von Autodesks Muttergesellschaft in den USA unterschrieben wird", beharrt Hassinger auf den seiner Meinung nach geltenden mündlichen Vereinbarungen. Ein schriftlicher Lizenzvertrag bestehe nicht.

Topware habe eine sogenannte Master-CD von Autodesk sowie eine entsprechende Anleitung darüber erhalten, wie das Produkt auf die CD aufzubringen sei. "Die haben es sich dann irgendwann anders überlegt", so der Topware-Verantwortliche Hassinger. Sein Fazit: "Wir werden Schadensersatzklage gegen Autodesk beziehungsweise gegen den Vertriebsleiter erheben."

Noch etwas brisanter könnte sich das Hickhack entwickeln, geht es um Lizenzgebühren für die Integration von 3D Studio Release 4.

"Leidtragende sind die Kunden"

Während Autodesk laut Hassinger anfangs von einer einmaligen Lizenzgebühr in Höhe von 180000 Mark gesprochen hat, sei nach der Integration des Produkts in die CD-Sammlung plötzlich von 600000 Mark die Rede gewesen. Nach den Worten des Managers existiert ein Schreiben von Autodesk, in dem der Hersteller "den dreifachen Betrag fordert oder sonst rechtlich vorgehen will". Der Vorstandsvorsitzende: Autodesks Drohung, "Entweder Sie zahlen, oder wir mahnen den Handel ab, ist pure Erpressung". Topware werde das Produkt aus der Sammlung entfernen und "Autodesk für den Schaden haftbar machen".

Der Geleimte, so scheint es zumindest momentan, ist zunächst der Käufer der CD Gold 4. Während Hassinger verlangt, das Gericht solle "entscheiden, was Kunden tun müssen", steht für Autodesk-Anwalt Tilman Mueller-Stöfen fest: "Leidtragende sind die Kunden, die das auf der CD Gold 4 erworbene Programm nicht nutzen dürfen." Dementsprechend seien Besitzer auch nicht berechtigt, Support und Upgrades zu erhalten.