Auswandern für den Job

17.06.2003
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Yogalehrer und Hausmann

Nach Indonesien zog es Jürgen Laske 1996. Mit einem Hochschulabschluss und einigen Jahren Berufserfahrung folgte der damals 27- Jährige seiner Verlobten, die von ihrem Arbeitgeber nach Asien entsandt wurde. „Meine Hauptmotivation waren Abenteuerlust und der Drang, die Welt zu entdecken. Deutschland erschien mir zu eng, zu engstirnig und zu gesättigt. Ich hatte Angst davor, in einen Trott und in eine Tretmühle zu geraten?, erzählt Laske. Asien lockte ihn mit Palmen, gutem Essen und den Versprechungen einer dynamisch wachsenden Wirtschaftsregion.

Das Abenteuer begann für Laske mit der Jobsuche. Der Stellenmarkt der deutschen Handelskammer half ihm nicht weiter. „Ein Job war ausschließlich über privates Networking zu finden. Ich habe Visitenkarten und die Information gestreut, dass ich als Informatiker einen Job suche. Nach einigen Anstrengungen hat es auch geklappt, wenn auch nur zu lokalen Bedingungen.? Ein Berufseinsteiger mit Hochschulabschluss kann mit zirka 500 Euro im Monat rechnen, erfahrene Leute mit ungefähr 1000 Euro. Auf Management-Ebene ist ein Monatsgehalt von 2000 Euro üblich.

Die größere Hürde wartete noch auf Laske, denn der Antrag auf eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung funktioniert dort nach eigenen Gesetzen. „Indonesien ist neben Nigeria das korrupteste Land der Welt und zeichnet sich durch eine aufgeblähte und extrem uneffektive Verwaltung aus?, schildert Laske seine Erfahrungen. Er erlebte eine fast einjährige Odyssee durch den Behördendschungel, ein Besuch der Geheimpolizei bei ihm zuhause inklusive. Ohne die Hilfe eines so genannten Agenten, der Behördengänge übernimmt, Formulare besorgt und Umschlägen mit Dollarnoten unter dem Tisch weiterreicht, wäre ihm nur der Rückflug geblieben. Doch der abenteuerlustige Informatiker lernte seine Lektion: „Mit Geld und Beziehungen kann man fast jedes Problem lösen.?

Im Nachhinein hätte sich Laske die Unterstützung und das Netzwerk eines großen Unternehmen gewünscht, das ihn von der Kontoeröffnung bis zur Steuererklärung unterstützt. Während der politischen Unruhen 1999 verließ das Ehepaar Laske Indonesien, ging kurzfristig nach Deutschland zurück, um bald wieder die Koffer zu packen und nach Shanghai umzuziehen. Während des ersten Jahres als Freiberufler und Teilzeit-Hausmann in China kümmerte sich Laske um die beiden Kinder, schrieb einen Roman und bildete sich zum Yoga-Lehrer weiter.

Seit drei Jahren arbeitet der heute 35-Jährige als Projekt-Manager in einem kleinen Joint Venture von DaimlerChrysler. „Meine Frau hat eine Ex-Patriate-Stelle und sie ist diejenige, die mir in den jeweiligen Anfangszeiten in Indonesien und China die wirtschaftliche Sicherheit garantierte und so den Nachzug erst ermöglichte.? Zu einem Neuanfang auf eigene Faust rät Laske nur Leuten, die sich gut darauf vorbereiten, über Erfahrung verfügen und mit einer Zusatzausbildung und Persönlichkeit punkten können.

„Als IT-Fachmann muss man sich darüber im Klaren sein, dass nun beinahe jedes Land eine große Schar junger und auch recht gut ausgebildeter Leute hat, die mit den Ausländern um einen Job in einer interessanten Firma konkurrieren?, und er fügt hinzu: „Vor den heimischen Problemen davonzulaufen und auszusteigen endet meistens mit einem Berg Schulden und der umgehenden reumütigen Heimkehr. Deshalb mein Tipp: Bevor man aussteigt, muss man erst eingestiegen sein.? Wer im Heimatland den Anforderungen nicht gewachsen sei, werde im Ausland ebenfalls Schwierigkeiten bekommen.

Beruflich bedeutete der Umzug eine Verschlechterung für den Informatiker, denn die Arbeitstage in China sind lang, das Einkommen niedrig. Fachlich erfordert der Job die Qualitäten eines Generalisten, der in der Lage ist, Brücken zu schlagen. „Jeder Anfang ist schwer. Im privaten und persönlichen Umfeld habe ich ein interessantes Leben gewonnen.?