Einsatz des neuen Mediums bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall:

Außendienst im Btx-Dialog mit der Zentrale

25.07.1986

Die ersten Bildschirmtext-Anwendungen stellte die Bausparkasse Schwäbisch Hall Ende des vergangenen Jahres ihren Außendienstmitarbeitern zur Verfügung. Realisiert haben die Schwaben auch die Anbindung der DV-Anlage an das Btx-System. Wolfgang Ladewig, Leiter der Abteilungen Org./DV, Bau und Technik, gibt im folgenden Beitrag einen Überblick über den derzeitigen Stand.

Zu Beginn der Feldversuche wurde bei Schwäbisch Hall das Medium Btx als Informations- und Werbeträger genutzt. Organisatorisch interessant wurde die neue Kommunikationstechnik aber erst durch die Möglichkeit, unsere zentrale EDV-Anlage an das Btx-System zu koppeln.

Damit eröffnete sich uns die Perspektive, im Btx-Rechnerverbund Informationen und Serviceleistungen unserem direkten Vertriebsnetz zur Verfügung zu stellen. In Btx sahen wir die Chance, ein betriebliches Informations- und Kommunikationssystem aufbauen zu können, das dem Außendienst unmittelbar vor Ort aktuelle, bedarfsgerechte sowie individuell und regionalspezifisch zusammenstellbare Informationen zur Verfügung stellt.

Planung und Ablauf des Projekts

Die Bausparkasse Schwäbisch Hall befaßt sich seit 1980 intensiv mit dem Thema Bildschirmtext.

Zunächst lag der Schwerpunkt in der Schaffung eines Informationsangebots für jedermann. Dieser Schwerpunkt verlagerte sich jedoch schnell hin zu einer firmeninternen Nutzung in Form einer Informationsversorgung dezentraler Stellen im Rahmen einer geschlossenen Benutzergruppe.

Im folgenden die Vorgehensweise in Stichworten:

- In einem Arbeitskreis, der sich aus den Leitern nahezu aller betrieblichen Funktionsbereiche zusammensetzte, wurden die Anwendungen je Btx-Berechtigungsgruppe erarbeitet. Dies war der Stand im Jahre 1982.

- Parallel dazu wurden bestehende Dialog-Anwendungen für den Außendienst erweitert oder neu geschrieben sowie das Btx-Sicherungskonzept erstellt. Dieses Konzept basiert auf dem im Zentralen Kreditausschuß von den Spitzenverbänden des Kreditgewerbes und der Deutschen Bundespost erarbeiteten Abkommen über Btx.

- Mitte 1985 haben wir mit zirka 40 Außendienstmitarbeitern im ganzen Bundesgebiet sowohl erste Btx-Anwendungen als auch Btx-Endgeräte erprobt.

- Nachdem die Ergebnisse dieser Erprobungsphase ausgewertet und umgesetzt waren, haben wir Ende 1985 erste Btx-Anwendungen unserem gesamten Außendienst zur Verfügung gestellt.

Im Test wurden zwei Punkte deutlich:

- der relativ langsame Bildaufbau bei Btx generell sowie bei konkreten Anwendungen,

- die - zum damaligen Zeitpunkt - mangelhafte Stabilität unseres Rechnerdialogs.

Zu diesen Punkten haben wir dem Außendienst deutlich machen müssen,

- daß der Bildaufbau bei Btx generell langsamer ist als zum Beispiel bei Bildschirm-Lokalbetrieb der Bausparkasse Schwäbisch Hall oder im PC-Betrieb;

- daß man bei konkreten Anwendungen die Bildaufbauzeiten wesentlich verkürzen kann durch ein intesives Softwaretuning;

- daß die Verbesserung der Dialogverfügbarkeit ständige Anstrengungen erfordert. Durch unsere konsequenten Bemühungen konnte die Dialogverfügbarkeit inzwischen erheblich verbessert werden.

Trotz dieser Kritik wurde aber auch im Test überzeugend deutlich daß unser Außendienst Btx akzeptiert und möglichst schnell das gesamte Btx-Angebot von Schwäbisch Hall nutzen möchte.

Erste Anwendungen für unseren Außendienst sind die Bausparerauskünfte:

- Einsteigen kann der Vertreter über die Bausparnummer oder Bausparadresse. Er erhält die zur Kundenberatung und -betreuung notwendigen Daten wie Umsätze, Sparzeit, Akquisition etc. Da ein Außendienstmitarbeiter eine bestimmte Anzahl genossenschaftlicher Kreditinstitute betreut, kann er durch Eingabe der Bankleitzahl oder durch Eingeben des Namens der Bank sogenannte Bankenauskünfte einholen.

- Interessanteste Information ist die aktuelle Bauspargeschäfts-Produktion der Kreditinstitute.

- Ebenso interessant ist die Qualität der Produktion.

Die Anwendung "Mitteilungsdienst" versetzt den Außendienstmitarbeiter einerseits in die Lage, neue beziehungsweise zurückgelegte Mitteilungen abzurufen; andererseits kann er Nachrichten an Innendienstmitarbeiter oder Außendienstkollegen schreiben. Weiterhin sind Anforderungen von Werbe- und Adreßmaterial möglich. Unter dem Stichwort "Der Außendienst" können aktuelle Rundschreiben, Rundschreiben nach Alphabet, nach dem Erscheinungsdatum, nach der Rundschreibennummer und nach beliebigen Suchbegriffen abgerufen werden.

Gezielte Information in eigener Sache

"In eigener Sache" kann sich ein Vertriebsorgan über seine Produktion, über seinen Marketing- und Verdienstetat und seine Bestandsstruktur informieren.

Unter dem Begriff "Personifizierte Briefsteuerung" verstehen wir die Möglichkeit, gezielt zum Bausparer oder zu einer bestimmten Bausparergruppe Briefe abzurufen, zum Beispiel Werbebriefe. Hierbei erfolgt die Versandsteuerung automatisiert und wahlweise an den Bausparer, den Außendienstmitarbeiter oder die Bank. Die Anwendung "Konditionen" informiert den Außendienstmitarbeiter über Zwischenkreditkonditionen, Wettbewerbskritieren und ähnliches.

Aus diesen Kurzbeschreibungen wird ersichtlich, daß Btx so genutzt wird, daß entweder die Information selbst am Btx-Monitor angezeigt wird (Sofortauskünfte) oder die Ausgabe auf konventionellem Datenträger (Karteikarten, persönliche Briefe, Statistiken) veranlaßt wird.

Anbindung von Online-Anwendungen

Basis für die aufgezeigten Anwendungen der Außendienstmitarbeiter sind die vorhandenen Datenbanken und bestehenden Online-Programme der Hauptverwaltung. Auch neue Programmentwicklungen für den Außendienst werden als Dialoganwendungen geschrieben.

Dadurch ist sichergestellt, daß Innendienst und Außendienst "dieselbe Sprache sprechen" aufgrund einer gemeinsamen Daten- und Programmbasis. Redundante Programmentwicklungen werden vermieden. Die Verbindung der Btx-Rechnerverbund-Software mit den Dialoganwendungen haben wir durch Einsatz der sogenannten ASP/FKP-Software hergestellt. Diese Software unterstützt unter anderem das Umsetzen des Btx-Formats in die Konventionen der Datensichtgeräte und umgekehrt. Ausschlaggebend für die Verwendung dieser Software war die dadurch erreichte Standardisierung der Btx-Schnittstelle für Anwendungen. Diese Standardisierung bewirkt, daß auch neue Anwendungen keine Btx-spezifische Logik enthalten. Durch das ASP reduziert sich der bei einer Anbindung entstehende Programmieraufwand sowie der sich bei Änderungen ergebende Wartungsaufwand auf das notwendige Mindestmaß.

Nach Abschluß eines Hardwaretests mit zirka 40 Außendienstmitarbeitern haben wir uns für eine Loewe-Opta-Konfiguration als Endgerät entschieden. Zum Thema PC haben wir die Entscheidung getroffen, daß zunächst nur in Landesstellen und in Bezirksdirektionen Btx-fähige PCs installiert werden. Das sind annähernd 150 Geräte. Wir werden in den nächsten Monaten PC-Programme wie Finanzierungsmodelle, Programme zur Individuellen Informationsaufbereitung sowie zur Textverarbeitung bereitstellen.

Rechnereinschaltzeiten wesentlich erhöht

Die Außendienstmitarbeiter erwarten, daß ihnen Btx nach Möglichkeit "rund um die Uhr" zur Verfügung steht. Wir haben deshalb die Rechnereinschaltzeiten wesentlich erhöht:

Der Rechner, auf dem die Btx-Anwendungen laufen, steht täglich mindestens von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr zur Verfügung. An Wochenenden und Feiertagen steht Btx rund um die Uhr zur Verfügung. An den Tagen, an denen außer Btx keine weiteren Anwendungen auf dem Rechner laufen, arbeitet der Rechner mit der Btx-Software operatorlos.

Die erweiterten Rechnereinschaltzeiten erforderten unter anderem

- eine Anpassung des Wartungskonzepts,

- eine Änderung der Rechnerbedienung,

- besondere Maßnahmen zur Betriebssicherung bei bedienungslosem Rechenzentrumsbetrieb.

Der operatorlose Rechenzentrumsbetrieb wird durch ein besonderes Programm zur Rechenzentrums-Betriebsbeobachtung abgesichert.

Alternative Wege in Erwägung gezogen

Wir haben auch andere Möglichkeiten als den Einsatz von Btx für unseren Außendienst untersucht. Diese Untersuchungen haben einen erheblichen Zeitaufwand erfordert. Dabei war relativ schnell klar, daß eine beispielsweise auf einem PC weiterverarbeitbare Herausgabe des Bausparvertragsbestands an jeden Bezirksleiter (zum Beispiel auf Disketten) nicht in Frage kommen konnte. Der Organisationsaufwand wäre unangemessen hoch gewesen. Pro Außendienstmitarbeiter müßten hierzu zehn bis zwölf Disketten, insgesamt also 14 000 bis 15 000 Disketten, erstellt werden. Für die dezentrale Bereitstellung von Kundendaten auf Disketten wären rund 1200 Stunden zu veranschlagen. Um die Disketten innerhalb einer Woche erstellen zu können, hätten 18 Diskettenlader im Schichtbetrieb eingesetzt werden müssen.

Anmerkung: Der Arbeitsaufwand pro Diskette nimmt zirka fünf Minuten in Anspruch. Die Kosten pro Jahr betragen bei zwölfmaliger Diskettenerstellung etwa 750 000 Mark.

Aber auch andere Wege zur Informationsversorgung unserer Außendienstmitarbeiter scheiden unserer Meinung nach aus, zumindest derzeit.

Nichtintelligente contra intelligente Endgeräte

Wir haben den Weg über Datex-Leitungen mit sogenannten intelligenten beziehungsweise nichtintelligenten Endgeräten geprüft. Bei den derzeitigen uns bis Ende 1986 voraussehbaren Anwendungen im Außendienst und der geschätzten Nutzungshäufigkeit dieser Anwendungen ergeben sich eindeutige Kostenvorteile zugunsten der Btx-Lösung. Diese Kostenvorteile verringern sich aber bei stark zunehmenden Anwendungen und stark zunehmender Nutzungshäufigkeit (nach der derzeitigen Gebührenregelung). Wir werden in regelmäßigen Abständen unsere Prognosen überprüfen.

In der Endausbaustufe des Btx-Systems soll der Außendienstmitarbeiter am Btx-Monitor auf alle marketing- und vertriebsrelevanten Programme und Informationen zugreifen können.

Durch den Einsatz von Telesoftware und automatischer Btx-Dialoge lassen sich die in den Bezirksdirektionen eingesetzten intelligenten Endgeräte noch effizienter nutzen.

In diesem Zusammenhang stellen wir derzeit Überlegungen und Untersuchungen an, inwieweit durch weitere Verlagerung von Anwendungen beziehungsweise Anwendungsteilen aus dem Großrechner in den PC

- eine Reduktion der durch den Btx-Betrieb verursachten Rechnerlast,

- eine Minimierung des zu übertragenden Datenvolumens und

- eine noch elegantere und bedienerfreundlichere Benutzeroberfläche erreicht werden kann.

Das Btx-Engagement soll nicht nur der Außendienstorganisation zugute kommen, sondern auch unseren genossenschaftlichen Kreditinstituten und unseren Bausparern.

Wir sind der Ansicht, mit Btx ein geeignetes Medium zur Verfügung zu haben, welches eine kontinuierliche weitere Unterstützung des Vertriebsnetzes sicherstellt. Unsere Btx-Philisophie läßt sich in dem Grundgedanken zusammenfassen, die vorhandenen und neu zu schaffenden Dialoganwendungen und Datenbanken einem größeren Personenkreis zu öffnen, um so zeitlich wie räumlich nahezu unbegrenzt Vertriebsorgane mit bedarfsgerechten und möglichst aktuellen Informationen zu versorgen.

Der Beitrag von Dr. Ladewig ist die gekürzte Version eines Vortrags, der anläßlich der diesjährigen "Telematica" gehalten wurde. Das Referat wurde dem Kongreßband "Telematik" auf den Seiten 499 bis 505 entnommen. Insgesamt sind drei Kongreßbände im Verlag Reinhard Fischer, Fallmerayerstraße 36, 8000 München 40, erschienen. Der Preis für die drei Bände liegt bei knapp 130 Mark.