Höhere Qualifikation der Endbenutzer erhöht auch die Leistungsfähigkeit der EDV-Dienstleister:

Ausbildung ist eine Führungsfrage

05.06.1981

Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, Effektivität und Transparenz in der EDV - das sind zur Zeit die Stichworte, auf die man häufiger als je zuvor in den Fachzeitschriften unserer Branche trifft. EDV-Doktoren finden da ausgiebig Gelegenheit, in wortreichen Analysen den geplagten Anwendern Rezepte für das richtige Vorgehen zu vermitteln. Sie bieten die verschiedensten Werkzeuge und Techniken an, die eine bessere Wirtschaftlichkeit der EDV gewährleisten sollen.

Was aber heißt in unserer Branche Wirtschaftlichkeit? Die einschlägige Literatur - so etwa Kosiol - teilt die Wirtschaftlichkeit im Prinzip in mengenmäßige Wirtschaftlichkeit, das heißt die Produktivität, und in die wertmässige Wirtschaftlichkeit, die sogenannte Ökonomität, auf.

Bleiben wir einen Augenblick bei der nicht nur im EDV-Bereich vielzitierten Produktivität und ihrer Steigerung. Die EDV-Doktoren sind sicher zu Recht der Meinung, daß die Produktivität bei der Projektrealisierung jetzt und in nächster Zukunft unbedingt erhöht werden müsse, und sie weisen nach, daß sie im Laufe der letzten zehn Jahre nur gerade um etwa fünf Prozent angestiegen ist. Dieser Prozentsatz ist in unserer Branche offensichtlich eine magische Zahl geworden. Sie hat nämlich eine Vielzahl von EDV-Naturärzten auf den Plan gerufen, die - wie das übrigens bei manchen Naturheilärzten der Fall ist - darauf schwören, daß nur das Produkt Alpha oder eben Beta und Gamma fähig sei, die Wirtschaftlichkeit, das heißt die Produktivität, zu steigern.

Von welchem Standort aber muß man nun ausgehen, um die Produktivität zu erhöhen? Ein Ausgangspunkt ist die Meßfähigkeit. Wer Produktivität messen kann, hat sie im Griff und wird sie auch in Zukunft im Griff haben. Ich meine nun aber, daß Produktivität und ihre Steigerung nicht einfach eine Frage des Messens sei, sondern vielmehr ein Problem des Leistungswillens und des Leistungsvermögens.

Sehen wir klar: Leistungswillens Leistungsvermögen und Leistungsbereitschaft setzen eine qualitativ anspruchsvolle Ausbildung und Weiterbildung voraus, nicht nur bei den spezialisierten EDV-Mitarbeitern, sondern vor allem bei den Benutzern, den Fachabteilungen, kurzum bei den tatsächlichen Auftraggebern der EDV-Dienstleister. Diese Gremien, und nicht die EDV-Spezialisten, müssen ihre Anforderungen an ihre zu realisierenden Projekte umfassend und klar formulieren können. Ohne diese Vorgaben ist eine EDV-Produktivitatsbetrachtung kaum fähig, objektive Resultate zu liefern.

Und die andere Seite, die Ökonomität von der Kosiol auch spricht: Ist die überhaupt meßbar? Das ist eine Frage, die sich viele Unternehmer immer wieder stellen. lch bin der vollen Überzeugung, daß sie tatsächlich meßbar ist. Allerdings unter einer entscheidenden Voraussetzung: Schon bei der Problemformulierung müssen die verantwortlichen Fachvertreter ihre Erwartungen an diese Ökonomität klar und eindeutig formulieren. Sie und nicht die EDV-Spezialisten müssen präzise Forderungen stellen, sonst wird das Auftragsverhältnis umgestülpt, zum Nachteil aller Beteiligten.

Nur eben: Erwartungen und Forderungen an die EDV formulieren - und

damit einen effektiven und optimalen Arbeitsprozeß auslösen - können nur Auftraggeber, die systematisch dafür ausgebildet sind. Das heißt nichts anderes, als daß die bestmögliche Nutzung der EDV bei der Ausbildung des Auftraggebers und der Ausbildung des Benutzers beginnt. Ausbildung aber - und das wissen wir alle aus andern Fachgebieten - ist eine Aufgabe der Führung und Planung, eine Frage der Information auch, der Durchsetzung von Entscheidungen.

Wer aber muß die Initiative ergreifen, damit auf viel breiterer Basis als bisher eine derartige breite Ausbildung, eine zielgerichtete Ausbildung vor allem, betrieben wird? Es sind, um das ganz klar zu sagen, nicht wir EDV-Spezialisten, es ist das Management einer Firma. Wir können Hilfe leisten, und wir müssen dazu jederzeit bereit sein. Wir können fordern und mithelfen, daß sich die Benutzer die Fähigkeit erwerben (und sie weiterentwickeln), ihre Probleme zu erkennen, sie zu durchleuchten, um bei der Problemlösung aktiv mitwirken zu können .

Ausbildung ist nicht billig, weder im Bereich der EDV noch in irgendeinem andern. Budgets werden da zusätzlich belastet. Aber es ist eine Tatsache, daß unwirtschaftliche Lösungen auf allen Gebieten - und nicht zuletzt im Bereich der EDV - immer wieder auf ungenügende Ausbildung zurückzuführen sind.