Aus- und Weiterbildung - auch eine Aufgabe für Strategen

23.05.1986

Dr. Richard Hofmaier, Digital Equipment GmbH, München, Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung

Daß Aus- und Weiterbildung heute für jedes Unternehmen unabdingbar ist, wurde schon in zahlreichen Veröffentlichungen beschrieben und ist inzwischen allgemein bekannt. Daß Aus- und Weiterbildung jedoch eine eigenständige Aufgabe, nämlich die "Strategische Personalentwicklung" im Rahmen der gesamten strategischen Unternehmensplanung darstellt und auch entsprechend gehandhabt werden sollte, wird heute vielfach noch nicht berücksichtigt oder weitgehend unterschätzt.

Wie kann nun aber strategische Personalentwicklung und auch Aus- und Weiterbildung für das einzelne Unternehmen durchgeführt werden? Bedarf es dafür sowohl einer aktuellen als auch einer auf den gewünschten Planungshorizont ausgerichteten Trainingsbedarfsanalyse als Grundlagen für eine darauf aufbauende Aus- und Weiterbildungskonzeption?

Für eine beachtliche Zahl von Unternehmen stellt sich hier oft die scheinbar nicht zu lösende Aufgabe: mit aussagefähigem Datenmaterial und einem soliden Informationssystem die richtigen Mitarbeiter im richtigen Umfang zur richtigen Zeit und am richtigen Ort zu trainieren. Vor allem, wenn es darum geht, neue Technologien einzuführen und auszubauen - beispielsweise CAD/CAM oder CIM, aber auch Büroinformationssysteme, Netzwerke wie auch künstliche Intelligenz - und im Zusammenhang damit die Mitarbeiter systematisch zu trainieren. Denn "Technologienutzen" kann im wirtschaftlichen Sinn nur dann optimiert werden, wenn Anwender und Entscheider den technologiebedingten, zunehmend komplexeren Anforderungen durch ihre eigene Qualifikationsentwicklung gerecht werden.

Die Formel für Unternehmen, denen es an Erfahrung und entsprechendem Know-how für eine Personalentwicklung mangelt, kann deshalb nur fundierte Beratung für die strategische und operative betriebliche Aus- und Weiterbildung lauten.

Zum einen sollen die Unternehmen durch sie aktuell unterstützt, zum anderen auch längerfristig befähigt werden, den vorhandenen und noch zu gestaltenden Trainingsbedarf zu erfassen und zu entwickeln. Dazu zählt dann, die Weiterbildungsziele konkret festzulegen und, dementsprechend, ein eigenes Weiterbildungsprogramm - einschließlich "Courseware" - aufzustellen. Weitere Schritte eines Aus- und Weiterbildungs-Consulting sollten sein, die notwendige Organisation sicherzustellen, das Weiterbildungskonzept langfristig zu implementieren, die Kosten der Weiterbildungsmaßnahmen in den Griff zu bekommen sowie die Personalentwicklung als strategisches Werkzeug - im Rahmen der Unternehmensziele und der Gesamtstrategie - zu integrieren und zu optimieren. Aus- und Weiterbildungs-Consulting verfolgt für das Unternehmen damit strategische wie auch operative Ziele. Strategische Ziele sind verbunden mit den Fragen: Wie muß ich meine Human-Resource- und Personalentwicklungsplanung mit dem strategischen FuE-, Beschaffungs-, Produktions-, Marketing- und Finanzplan zur strategischen Marktpositionierung des Unternehmens abstimmen? Operative Ziele sind verknüpft mit den Fragen: Wie kann ich den technologiebedingten Anforderungen Rechnung tragen, wobei Effizienz dann der Deckung von Anforderungen und Fähigkeiten am Arbeitsplatz entspricht; wie läßt sich durch breitangelegte Qualifizierung - oder auch polyvalente Weiterbildung - qualitative Personalbeschaffung und qualitativer Personaleinsatz durchführen, also externe Beschaffungskosten reduzieren; und wie können durch gezielte Personalentwicklung die Leistungsmotivation und die innerbetriebliche Aufstiegsplanung sichergestellt werden?

Aus- und Weiterbildungs-Consulting sollte daher im wesentlichen auf sechs Schritten fußen. Dies sind Vorstudie, Bedarfsanalyse, Weiterbildungskonzeptionierung und -optimierung, Implementierung und Kontrolle. Aufgabe der Vorstudie ist es, die Ziele, den Umfang und die Vorgehensweise des Projekts zu definieren. Die Bedarfsanalyse umfaßt die Erhebung des aktuellen und künftigen Trainingsbedarfs durch entsprechendes Instrumentarium. Dabei werden sowohl im "Top-down-approach" die Anforderungsprofile und Qualifizierungsbedarfe nach Prioritäten heruntergebrochen als auch im "Bottom-up-approach", also von der Mitarbeiter- und Stellen ebene ausgehend, die Qualifizierungspotentiale und -bedürfnisse hochgerechnet. Eine längerfristige Entwicklungsplanung ist dann im Zusammenhang mit den Faktoren Unternehmens-,

Investitions-, DV- sowie Projektziele und -pläne zu sehen.

Für eine Weiterbildungskonzeptionierung müssen Aus- und Weiterbildungsgänge - die Curricula - erarbeitet und synergetisch zusammengelegt, weiterhin zielgruppen-, methoden- und medienspezifisch determiniert werden. Als Werkzeug können etwa Fix-Vario-Lerneinheiten und Trainingsmodule eingesetzt werden, die eine variable Anpassung an zukünftige Bedarfsveränderungen kostengünstig ermöglichen.

Die Ressourcen - dazu zählen Trainer, Kursräume und Auslastung - zu bestimmen und Organisatorisches - Stichworte können Weiterbildungs- oder Information-Center, aber auch Weiterbildungsbeauftragte sein - abzuwickeln, gehören ebenso zur Implementierung wie die Festschreibung entsprechender Weiterbildungsbudgets, die eine flexible Anpassung an künftige Entwicklungsziele nach dem Prinzip der "rollenden Planung" gewährleisten müssen. Den Abschluß bildet dann die Einbindung notwendiger Aus- und Weiterbildungskontrollen.

Die Chance für Unternehmen, strategische wie auch operative Ziele mit dem Aus- und Weiterbildungs-Consulting zu verfolgen, sollte nicht ungenutzt bleiben. Ist doch die strategische Personalentwicklung gerade für jene Unternehmen von großer Bedeutung deren Wettbewerbsposition im Markt erst im Zusammenhang mit einer gezielten, systematischen und längerfristigen Personalentwicklungspolitik - auch "Human Resource Management" - optimal realisiert und verbessert werden kann.