Petersberger Erklärung

Aufruf der CIOs zur Digitalisierung

04.03.2015

Gesellschaft, Wirtschaft und Politik

  • Top-Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft müssen sich intensiv und öffentlich mit den Auswirkungen der Digitalen Transformation in sämtlichen Bereichen unserer Gesellschaft auseinandersetzen. Die Unterzeichner stehen - auch unter Nutzung ihrer jeweiligen Kompetenzen - für diesen Diskurs bereit.

  • Die Digitalisierung muss fester Bestandteil der Agenda unternehmerischer Führungskräfte sein. Dies umfasst das notwendige Wissen zu den sozialen, rechtlichen und den technischen Auswirkungen dieser Entwicklung.

  • Die steigende Bedeutung der Informationellen Selbstbestimmung für Bürger und Unternehmen, der Schutz des geistigen Eigentums und die drohende Monopolisierung großer Teile der digitalen Wertschöpfung muss in den Fokus der Verantwortlichen und Entscheider sowie aller am Diskurs Beteiligten rücken.

  • Bildung: Die gesellschaftlichen Multiplikatoren und Vermittler (wie z.B. das Lehrpersonal in Schule, Studium und Ausbildung) müssen in die Lage versetzt werden, die Fähigkeiten für eine zukunfts-gerichtete, kritische und dabei kreative Auseinandersetzung mit der Digitalen Transformation zu vermitteln. Dabei sollte der Wert des Programmierens und seine Rolle als "Sprache des 21. Jahrhunderts" für die kreative Gestaltung der modernen digitalen Welt eine zentrale Rolle spielen.

  • Unterstützung von partizipativen Organisationsformen in der Digitalwirtschaft, sodass der Einzelne sowohl Nutzer als auch Teilhaber sein kann (z.B. Genossenschaften), um eine breite ökonomische Partizipation an der Digitalisierung zu ermöglichen und um stabile Vertrauensstrukturen aufzubauen.

  • Transfer von bewährten und teilweise über Jahrzehnte geformten Werten des demokratischen Zusammenlebens in die digitalisierte Welt anstelle der bisher gelebten, hauptsächlich auf Verhinderung basierenden Strategien.

  • Etablierung einer neuen Ethik, um den ökonomischen Erfolg der Digitalisierung auf Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsens' langfristig abzusichern. Die wirtschaftlich starken Nationen wie Deutschland und supranationale Vertretungen (EU, UN,…) sind aufgefordert, ggf. nach dem Vorbild des Völkerrechts und des globalen Weltethos-Manifests, dies als Speerspitze voranzutreiben (z.B. durch entsprechende Abkommen zur Internet Kommunikation, Data Privacy, IP Protection, etc.).

Gesetzgebung und Rechtsprechung

  • Schnellstmögliche Befähigung der zuständigen Behörden und Institutionen z.B. durch die Bereitstellung adäquater technologischer Ausstattung und Schulung zur wirksamen Anwendung bestehender Gesetze hinsichtlich Digitalisierung und Datenverkehr, insbesondere unter Aspekten der Detektion und Prävention von Missbrauch.

  • Zügige Ergänzung / Änderung der deutschen und europäischen Gesetzgebung zur Beherrschung der im Zuge der Digitalisierung entstehenden, neuen Rechtsfälle. Dazu sind insbesondere existierende Rechtsbegriffe und -Grundsätze systematisch so weiterzuentwickeln, dass sie unter den neuen Bedingungen ihre ursprüngliche Intention wiedererlangen, anstatt - wie derzeit - verzerrte und lückenhafte Rechtslagen zu erzeugen. Dies muss in einem Tempo geschehen, das dem der Digitalisierung angepasst ist. Behinderungen der Verfahren zum Schutz gegen und zur Aufklärung von Missbrauch sind zu korrigieren. Nationale Regelungen sind dabei gegenüber einer grundsätzlich wünschenswerten internationalen Harmonisierung vorzuziehen, wenn hierdurch schneller gehandelt werden kann.

  • Aktive Mitwirkung beim Aufbau einer internationalen Regelung hinsichtlich der Modalitäten des weltweiten Datenverkehrs, z.B. nach dem Vorbild des seit 1944 in inzwischen 191 Ländern angewandten internationalen Luftfahrtverkehrsrechts (ICAO).

Technik

Die Akzeptanz der technologischen Entwicklung hängt in Zukunft auch davon ab, inwieweit es gelingt die Benutzung von Soft- und Hardware für den Benutzer transparent und vertrauenswürdig zu gestalten. Daraus leiten wir Forderungen ab nach:

  • Gezielte Förderung der Erforschung und der damit einhergehenden Selbstverpflichtung zum Einsatz neu zu schaffender technischer Optionen zur Sicherstellung

  • - der Transparenz bzgl. Datennutzung durch Dritte und bzgl. Systemverhalten auch für Laien, so dass die Informationelle Selbstbestimmung von jedem Nutzer von Hard- und Software auch tatsächlich realisiert werden kann.

  • - der technologisch gesteuerten und gesicherten Einhaltung vorgegebener Zugriffsverfahren (die bislang nur organisatorisch regelbar ist, was stets Risiken mit sich bringt).

  • Gezielter Förderung "vertrauensorientierter", das heißt transparenter, überprüfbarer und Missbrauch verhindernder Produkte und Dienstleistungen durch

  • - Forschung, Entwicklung und gezielte Industrieförderung.

  • - Bevorzugten Einsatz solcher Produkte in europäischen öffentlichen Institutionen und Unternehmen.

Die Petersberger Erklärung entstand in Bonn bei den Petersberger Gesprächen des Dienstleisters Comma Soft im Januar 2015.
Die Petersberger Erklärung entstand in Bonn bei den Petersberger Gesprächen des Dienstleisters Comma Soft im Januar 2015.
Foto: CIOmove

Die Umsetzung dieser Aktivitäten verlangt von allen Beteiligten Energie, Engagement, Leidenschaft und Agilität. Wollen wir die Digitale Transformation nämlich wirklich mitgestalten, dann müssen wir alle damit so schnell wie möglich anfangen. Das gilt für die Diskussion und die Realisierung gleichermaßen. Vor allem muss das Thema dort platziert werden, wo es hingehört: ganz oben auf der Agenda.

Bonn, Januar 2015

Die Petersberger Erklärung mit der Liste der Unterzeichner finden Sie auf der Seite von Comma Soft.