Berufsbild des DB- Administrators:

Aufgabenkatalog eines Spezialisten

01.07.1977

MÜNCHEN (uk)- Ein eigenständiges Berufsbild Ó la Systemanalytiker oder Systemprogrammierer wird sieh in nächster Zeit auch für den Datenbankadministrator entwickeln, meint Gerhard Häberlein (32), seit 13 Jahren in der EDV tätig und jetzt DB- Spezialist bei der Nürnberger Lebensversicherung. So neu ist diese Ansieht allerdings nicht. In den USA ist bereits unumstritten, daß zu jedem Database Management System auch ein solcher "Superstar" gehört, der mit EDV- und Organisationskenntnissen und viel diplomatischem Geschick die DB-Belange nach außen vertritt. Häberlein hat bei den Nürnberger Lebensversicherern eine Stellenbeschreibung für den DB-Spezialisten zusammengestellt und dabei unter anderem auf IMS- Handbücher und Informatica- Schulungsunterlagen zurückgegriffen. Um zur Durchsetzung des neuen Berufsbildes in der BDR beizutragen, bringt CW in sieben Folgen die wichtigsten Punkte aus dem umfangreichen Aufgabenkatalog:

Betrachtet man bei einem Anwendungssystem die Personen, die an der Entwicklung beteiligt sind, so ergibt sich folgendes Bild: Der Fachbereich formuliert im allgemeinen seine Ziele I und Bedürfnisse. Von dieser Situation ausgehend untersucht der Organisator oder Systemanalytiker den Ist- Zustand und entwickelt ein mit Fachbereich, Programmierung und Rechenzentrum abgestimmtes Konzept. Die Verfeinerung dieses Konzepts in Form von Programmvorgaben führt dann zur Programmierung. Die Übergabe an Rechenzentrum und Benutzer im Fachbereich beenden den Entwicklungsprozeß. An dieser Stelle ist nun die funktionelle Einordnung des Datenbankadministrators zu sehen. Ist ein Datenbanksystem vorhanden, so kann nicht mehr jeder Organisator und Programmierer frei über die Nutzung von Datenbanksätzen entscheiden, da er in der Regel die physische und teilweise auch die logische Anordnung der Daten nicht mehr kennt.

Aufgaben des Datenbankadministrators

Zu unterscheiden sind hier zwei grundsätzlich verschiedene Aufgabenkomplexe. Der eine, mit "Allgemeine Aufgaben des Datenbankadministrators" zu bezeichnende Komplex hat die laufende Wartung, Optimierung und Sicherung der Datenbank zum Inhalt. Datenunabhängigkeit, Zugriffsunabhängigkeit und permanente Verfügbarkeit sind die wichtigsten Ziele, die hier angestrebt werden müssen. Der zweite Komplex, mit "Projektbezogene Aufgaben des Datenbankadministrators" zu benennende Aufgabenkatalog hat alle Tätigkeiten zum Inhalt, die während einer Anwendungsentwicklung durchzuführen sind.

Projektbezogene Aufgaben

1. Aufgaben bei der Analyse des Problems.

Für den Anwendungsentwickler, den Organisator, ist die Kenntnis des Ist- Zustandes unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit. Ebenso ist die Situation beim Datenbankadministrator. Er muß wissen,. welches fachliche Problem gelöst werden soll, wie ein möglicher Zusammenhang mit anderen Anwendungen zu berücksichtigen ist und mit welchen Datenmengen zu rechnen ist.

2. Erforderliche Datenstrukturen

Über diesen Punkt muß gesprochen werden, wenn der Organisator erste Vorstellungen zur Problemlösung hat. Ideal wäre es, wenn er bereits wüßte, welche Datenelemente er braucht. Diese detaillierte Kenntnis wird jedoch meistens noch nicht gegeben sein, so daß man sich auf der Ebene von Datenkomplexen bewegen wird. Im Vordergrund steht dabei die sachlogische Zusammengehörigkeit der vorhandenen und künftigen Datenelemente. Es werden dabei gleichsam erstmals Datenbanksätze definiert, die aber durchaus noch nicht mit denen übereinstimmen müssen, die letztlich implementiert werden.

3. Durchführbarkeitsstudie

Im Zusammenhang mit der fachlichen Durchführbarkeitsstudie muß auch hinsichtlich des künftigen Datenbankeinsatzes festgestellt werden, ob die erstmals festgehaltenen Datenbanksätze sinnvoll und möglich sind. Zwei Aspekte sind dabei generell zu beachten: Technische Durchführbarkeit und wirtschaftliche Durchführbarkeit. Bei den technischen Belangen ist insbesondere zu prüfen, ob über die Ordnungskriterien der jetzigen Dateien die Zuordnung zum Datenbanksatz herbeigeführt werden kann oder nicht.

4. Ermitteln von Leistungskriterien

Will man bei einer Anwendung feststellen, ob sie erfolgreich ist oder nicht, muß man sie an den Kriterien messen, die durch die Entwicklung realisiert werden sollten. Der gleiche Sachverhalt ist beim Einsatz einer Datenbank gegeben. Im Detail können hier folgende Leistungskriterien genannt werden:

1. Präsenz der Daten: Für die spätere Behandlung der Reorganisationsproblematik ist es von erheblicher Bedeutung, ob über einen täglichen Zeitraum von acht oder von 24 Stunden der Zugriff möglich sein soll.

2. Antwortzeit: Unabhängig von den Einflüssen des DC- Teils einer Datenbankanwendung sollte frühzeitig die maximale Antwortzeit bekannt sein, da aus dieser Forderung Maßnahmen zur Datenstrukturierung abgeleitet werden können.

5. Ermitteln von Sicherheitsanforderungen

Aus den Anforderungen hinsichtlich der Präsenz der Daten und der erforderlichen Reorganisationszeit läßt sieh vorerst grob ableiten, ob eine tägliche, wöchentliche oder monatliche Sicherung der Datenbank notwendig ist. Beeinflußt werden diese Überlegungen noch durch die Bewegungshäufigkeit, mit der die Datenbank verändert wird. Für den Fall, daß ein zur Wiederherstellung der Datenbank erforderliches Logband einen Lesefehler bringt, ist es zweckmäßig, wenn kumulierte und einzelne Logbänder gleich lang aufbewahrt werden. Bestimmend für alle Sicherheitsmaßnahmen ist generell der Zeitraum, der für die Wiederherstellung einer ganz oder teilweise zerstörten Datenbank von ihren Benutzern, d. h. den Fachbereichen, gefordert wird.

6. Programmabbruch, Recovery, Restart

Beschäftigen sich die Überlegungen zu den Sicherheitsanforderungen mit der Situation, daß die Datenbank aus mancherlei möglichen Gründen nicht mehr verfügbar ist, so geht es hier um die Feststellung der erforderlichen Maßnahmen, wenn ein Programm nicht korrekt und zuverlässig arbeitet bzw. wenn es zu einem Programmabbruch kommt. Wie kann die Datenbank gleichsam zurückgesetzt werden, so daß ihr letztgültiger Zustand wieder vorhanden ist? Wer stellt fest und entscheidet, was zu unternehmen ist?

7. Erarbeitung Grobdesign

Nachdem nun bereits einige Eigenschaften der künftigen Datenbank mit ihren Anwendungen bekannt sind, kann eine Zusammenfassung in Form eines Grobdesigns durchgeführt werden. Folgende Informationen stehen dazu zur Verfügung:

- Der fachliche Inhalt der Anwendung.

- Die (vorläufig) erforderlichen Da tenstrukturen.

- Die Ergebnisse der Durchführbarkeitsstudie.

- Die Leistungskriterien.

- Die Sicherheitsanforderungen.

- Die Anforderungen bei einem Programmabbruch.

Die Gesamtheit dieser Punkte ermöglicht es dem Datenbankadministrator, erste Überlegungen bezüglich der Gestaltung der Datenbank zu machen. Folgende Punkte sind dabei zu

berücksichtigen:

- Welche Speicherungs- und Zugriffsform wird zweckmäßig sein?

- Wie können die verschiedenen Datenstrukturen am zweckmäßigsten an geordnet werden?

- Wie können sie am zweckmäßigsten miteinander verbunden werden?

- Sind logische Verknüpfungen zu bereits bestehenden Datenbanksätzen herzustellen oder können sie vermieden werden?

- Wie müssen mögliche Ladeprogramme aufgebaut werden?

Welche Reorganisations- und Restarttechniken können angewandt werden?

Die Zusammenfassung dieser Punkte muß mit dem Organisator abgestimmt werden und kann dann als Ausgangsbasis für die nachfolgende Phase der Systemplanung herangezogen werden.