Hannover Messe 2021

Aufbruch in die Plattform-Ökonomie?

27.04.2021
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Coopetition statt Konfrontation. Im Zuge der Digitalisierung der Produktion setzen immer mehr Unternehmen auf Plattformen, auf denen auch Konkurrenten situationsbezogen zusammenarbeiten.
Moderne IT wie KI oder Digital Twins erobert immer mehr die klassische Produktion.
Moderne IT wie KI oder Digital Twins erobert immer mehr die klassische Produktion.
Foto: KUKA Group

Edge Computing, 5G, KI, Digital Twins, industrielle und digitale Transformation - angesichts der diesjährigen Hot Topics hätte die virtuelle, digitale Hannover Messe fast als CeBIT 4.0 durchgehen können. Zumal es noch ein Jubiläum zu feiern gab: 10 Jahre Industrie 4.0. Unter dem Strich standen auf der Industriemesse bislang selten so stark IT-Themen im Fokus wie auf dem diesjährigen Event.

An der Frage, ob eine Dekade Industrie 4.0 jetzt eine deutsche Erfolgsgeschichte war oder nicht, schieden sich auf der Hannover Messe die Geister. So mahnte etwa SAP-Vorstandsmitglied Thomas Saueressig angesichts von über 41 Prozent deutscher Unternehmen, die noch immer keine Industrie-4.0-Strategie haben, ein "Call to Action" an und forderte, sich endlich von den "Ego-Systemen zu verabschieden und sich einer Wirtschaft der Ecosysteme zuzuwenden". "Keiner kann das Thema Industrie 4.0 allein lösen", zeigte sich Saueressig auf der HMI überzeugt.

2.200 Terabyte Daten pro Monat

Eine Zahl untermauert diese These anschaulich: Es scheint schlicht unmöglich, dass ein Unternehmen die rund 2.200 Terabyte an Daten, die heute eine moderne Fabrik pro Monat erzeugt (etwa eine halbe Million Netflix-Streams), allein verarbeitet. "Die Konsequenz ist, dass diese Daten oft überhaupt nicht genutzt werden", kritisierte Cedrik Neike, Siemens Vorstandsmitglied und CEO von Siemens Digital Industries. Deshalb hält Neike auch den oft gehörten Spruch "Data is the new oil" für falsch, denn ähnlich wie zu Beginn des Öl-Zeitalters begehe man jetzt erneut den Fehler, aus dem wertvollen Rohstoff nur ein oder zwei Produkte zu generieren. Hierin sieht er auch einen Grund, warum 10 Jahre Industrie 4.0 nicht die Erfolgsgeschichte war, die sie hätte sein können: "Im Zuge von Industrie 4.0 produzieren wir riesige Datenmengen, die wir dann nicht sinnvoll nutzen." Letztlich habe man sich im Rahmen von Industrie 4.0 zu sehr darauf fokussiert, Daten zu generieren anstatt zu fragen, wie aus diesen Daten Use Cases und Business-Modelle entstehen können.

Digitalisierung? 1951 erfolgte die Autoproduktion noch klassisch analog.
Digitalisierung? 1951 erfolgte die Autoproduktion noch klassisch analog.
Foto: Mercedes-Benz

Er fordert deshalb, dass Anwender und Firmen wie Siemens, Kuka, SAP oder Microsoft einen Infinity Loop bilden müssten, um die Daten miteinander zu vernetzen - anstatt dass jeder sein eigenes kleines Silo baut, um sie dort zu optimieren. Auf diese Weise gelinge es auch eine Brücke zwischen Shop Floor und Top Floor sowie zwischen IT und OT zu schlagen und so modulare und flexible Produktionssysteme zu realisieren.

Die Notwendigkeit dieser Agilität in der industriellen Fertigung sieht auch T-Systems-Chef Adel Al-Saleh. "84 Prozent der Unternehmen räumen laut einer Bitkom-Studie der Digitalisierung eine wichtigere Priorität ein, doch was bedeutet das in der Praxis?", hinterfragt Al-Saleh. Schließlich seien Fernwartung, Predictive Maintenance, Analytics etc. nichts Neues und Daten hätten wir schon immer gesammelt, um Ausfallzeiten zu reduzieren. Er plädiert dafür, Digitalisierung nicht nur als ein Zusatz-Feature zu betrachten. Digitalisierung müsse vielmehr ein Bestandteil jeden neuen Produktes sein, um damit gleichzeitig die althergebrachten Prozesse zu verändern und agiler zu gestalten. Letztlich werde die Digitalisierung angesichts der globalen Konkurrenz zu einer Überlebensfrage für die deutschen Unternehmen.

60 Jahre später ist die Herstellung eines Autos (im Bild ein Mercedes-Werk) ohne digitale Unterstützung praktisch nicht mehr vorstellbar.
60 Jahre später ist die Herstellung eines Autos (im Bild ein Mercedes-Werk) ohne digitale Unterstützung praktisch nicht mehr vorstellbar.
Foto: Mercedes-Benz

Allerdings ist die Digitalisierung bereits heute - während der Corona-Krise - entscheidend für den Fortbestand der Unternehmen. Unisono waren sich die Redner auf der HMI darin einig, dass Unternehmen und deren Fabriken, die das Thema Digitalisierung bereits angegangen sind, bislang besser durch die Krise kamen. Und vieles sei erst durch die Digitalisierung möglich geworden - etwa neue Fabriken trotz Kontaktbeschränkung zu eröffnen und remote zu steuern, oder die Impfstoffproduktion. Ohne Digitale Zwillinge, Lieferketten-Resilienz etc. wäre ein so schneller Start der Impfkampagnen schlicht unmöglich gewesen. So sei etwa Biontech ein Beispiel dafür, wie aus Daten, die in den letzten sechs Jahren im Zuge der Krebsforschung gewonnen wurden, unter Mithilfe der Digitalisierung ein neues Produkt entstanden sei - der COVID-19-Impfstoff. Ebenso sei die Umstellung des Marburger Werks auf die mRNA-Impfstoffherstellung nur dank Digitalisierungslösungen innerhalb von fünf Monaten zu bewältigen gewesen - normalerweise hätten solche Projekte eine Laufzeit von einem Jahr.

Vernetzt die digitalen Inseln

Gleichzeitig darf Neike zufolge aber Eines nicht vergessen werden, "es gibt kein Ende der Digitalisierung, zahlreiche Unternehmen digitalisieren bereits seit zehn bis 15 Jahren - nur bislang geschah die Digitalisierung in Silos". So seien etwa Einkaufssysteme, CAD-Systeme oder Maschinensteuerungen digitalisiert worden. "Jetzt gilt es, diese einzelnen digitalen Inseln zu einem "Continous Loop of Information" zu verbinden" so der Siemens-Manager weiter.

Beispiele hierfür sind für ihn im eigenen Haus die Partnerschaft mit SAP, wo das eigene Teamcenter mit den ERP-Tools verknüpft wird, sowie die jüngst angekündigte Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz. Ein anderes Beispiel ist die Kooperation mit Google, um die Daten-Cloud und der KI/ML-Funktionen von Google Cloud mit dem Siemens-Portfolio für die Fabrikautomatisierung zu kombinieren. Dies soll Anwendern die Möglichkeit zu geben, ihre Fabrikdaten zu vereinheitlichen. Darüber hinaus können sie auf Grundlage dieser Daten Cloud-basierte KI/ML-Modelle ausführen und Algorithmen maschinennah einsetzen.

Ist Plattform-Ökonomie die Zukunft?

Letztlich, so das Credo auf der diesjährigen HMI, führt die Forderung nach einer Verknüpfung der digitalen Inseln beziehungsweise Silos zu einer Plattform-Ökonomie, in der die unterschiedlichsten Partner über Unternehmensgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Eine große Herausforderung dabei: Viele Unternehmen müssen sich erst an den Gedanken gewöhnen, dass sei einmal mit dem Wettbewerber als Partner agieren, um dann in anderen Marksegmenten wiederum als Konkurrenten gegeneinander anzutreten.

Dass der Plattform-Gedanke keine graue Theorie mehr ist, zeigen bereits zahlreiche realisierte Lösungen. So etwa die vor rund fünf Jahren von Siemens ins Leben gerufene IoT-Plattform MindSphere. Laut Konzernangaben beteiligen sich an der Plattform mittlerweile rund 500 Partner und für die Anwender stünden mehr als 600 Apps zur Verfügung. Gleichzeitig ist sie ein Beispiel dafür, wie aus Konkurrenten Partner werden, wenn man etwa die Zusammenarbeit mit den großen US-Hyperscalern betrachtet, die ja ebenfalls mit eigenen IoT-Lösungen am Markt agieren.

US-Hyperscaler sind keine Konkurrenz

Die Gefahr, dass die großen Hyperscaler mittelfristig den deutschen Anbietern die Show stehlen könnten, sieht Siemens-Digital-Industries-Chef-Neike allerdings nicht: "Die Hyperscaler verfolgen den Ansatz der Killer-Applikation, also den Gedanken, eine App, eine Lösung zu offerieren, die der Anwender mehrfach verwenden kann, Unternehmen wie Siemens kommen dagegen vom Shopfloor mit Lösungen für die einzelnen Use Cases."

Siemens-Digital-Industries-Chef Cedrik Neike sieht in den großen Hyperscalern keine Gefahr für die deutschen Anbieter mit ihrem Shopfloor-Know-how.
Siemens-Digital-Industries-Chef Cedrik Neike sieht in den großen Hyperscalern keine Gefahr für die deutschen Anbieter mit ihrem Shopfloor-Know-how.
Foto: Siemens

Ein Unterschied, der sich laut Neike etwa an der 2019 von VW ins Leben gerufenen Digital Production Platform (DPP) zeige. Hier seien sowohl AWS als Hyperscaler als auch Siemens mit im Boot. Als Hyperscaler liefere AWS mit der Industrial Cloud die Lösung, um die diversen Volkswagen-Werke untereinander zu vernetzen und zu synchronisieren. Gehe es dagegen um die Apps in den einzelnen Werken, dann komme Siemens ins Spiel. Insgesamt sieht VWs Digitalisierungsstrategie, so Marc Geckeler, DPP Alliance Lead bei der VW Group, den Einsatz von drei Plattformen vor: PLM, SAP und DPP. Dabei soll DPP nicht nur die Connectivity zwischen den Werken sicherstellen, sondern gleichzeitig als "Flywheel of Innovations" (Schwungrad der Innovationen) fungieren und es so ermöglichen, neue Partner an Bord zu holen. Gleichzeitig diene DPP als Marktplatz für Apps, die dann in den Produktionsstätten genutzt werden können.

VWs digitale Produktion

Laut Dirk Voigt, Head of DPP in der VW Group, wurden bereits 20 Werke an die Plattform angeschlossen. In diesem Jahr sollen 26 weiter folgen. Um das Onboarding weiterer Werke zu beschleunigen, hat VW eigene Digitallösungen wie etwa eine "Base Connectivity Solution" entwickelt. Andere Services sind ein Application Blueprint sowie ein Data Catalog. Auf der Plattform selbst stehen derzeit 21 Applikationen für unterschiedliche Use Cases zur Verfügung. Eine dieser Applikationen ist etwa das Intelligent Sign Inspection (iSI). Mit dieser App kann in der Produktion in Echtzeit sichergestellt werden, dass der Mitarbeiter die Airbag-Warnhinweise - egal, in welcher Sprache und welcher Schrift - an der richtigen Stelle anbringt, um so den gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Marktes Rechnung zu tragen. Ein anderes Beispiel ist das Shop Floor Reporting System (SRS), um eventuelle Materialengpässe frühzeitig erkennen und darauf reagieren zu können.

Gemeinsam mit Siemens und AWS baut VW seit 2019 seine Digital Production Platform (DPP) auf.
Gemeinsam mit Siemens und AWS baut VW seit 2019 seine Digital Production Platform (DPP) auf.
Foto: AWS

Alle dies ist jedoch nur der Beginn der Digitalisierungsreise. Für die nähere Zukunft sind etwa ein IoT SiteWise Dashboard angedacht, oder der komplette Verzicht auf lange Testfahrten mit Hilfe eines Road Test Predictor, der anhand der vorhandenen Daten die Ergebnisse entsprechender Tests vorhersagt. Angedacht ist auch eine App namens "WPS Analytics", die in der Produktion die Qualität der Schweißpunkte überwacht. Zudem konnte VW bereits 13 Partner gewinnen, die an der Digital Production Plattform mitarbeiten: ABB, Amorph Systems, Ascon Systems, BearingPoint, Celonis, Cybus, Dürr, Grob, MHP, NavVis, Synaos, Teradata sowie Wago. Diese sollen einerseits verschiedene Use Cases entwickeln und andererseits ebenfalls auf dem Marktplatz tätig werden.

Ein anderes prominentes Beispiel ist Mercedes mit der Produktionsplattform MO360, welche die Autobauer gemeinsam in einer Kooperation mit Siemens weiterentwickeln wollen. Auch hier soll es eine Familie an Apps geben, die durch eine gemeinsame Datenbasis und einheitliche Benutzeroberflächen nahtlos miteinander verbunden sind. Über Echtzeitdaten soll so die weltweite Produktion in den Werken unterstützt werden. Blaupause in der Kooperation mit Siemens ist das älteste Mercedes-Werk in Berlin-Marienfelde, das zur modernsten Fabrik (Factory 56) umgebaut wird und für die anderen Werke als Vorbild dient .

Die Continental Automotive Edge Plattform

Doch nicht nur die großen Player setzen auf die Idee der Plattform-Ökonomie. So ging etwa Zulieferer Continental eine Entwicklungskooperation mit AWS ein - Ziel dabei: Die Entwicklung einer Plattform für Auto-Software. Mit der Continental Automotive Edge Plattform (CAEdge) soll eine modulare Hardware- und Software-Plattform entstehen. Diese, so die Idee, verbindet das Fahrzeug mit der Cloud und bietet durch eine virtuelle Werkbank zahlreiche Möglichkeiten für die Entwicklung, Bereitstellung und Wartung von softwareintensiven Systemfunktionen. Für den Fahrer soll es so in Zukunft möglich sein, über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs gewünschte Funktionen durch Software-Updates zu beziehen. Laut Continental wird die Plattform bereits in der Serienentwicklung eines Automobilherstellers erprobt. Ab Ende 2021 soll sie weiteren Kunden zur Verfügung stehen.

Eine Plattform für Auto-Software ensteht mit vder Continental Automotive Edge Plattform (CAEdge).
Eine Plattform für Auto-Software ensteht mit vder Continental Automotive Edge Plattform (CAEdge).
Foto: Continental AG

Mit DMG MORI hat ein bekannter Werkzeugmaschinenhersteller seinen Fertigungsprozess auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis: eine offene Schnittstelle zwischen realer und digitaler Fertigungswelt. Als CELOS NEXT soll eine hybride Edge/Cloud-Plattform mit anpassbaren CELOS-Apps entstehen, mit der sich komplette Prozessketten individuell integrieren und digitalisieren lassen - von der Planung und Produktion bis hin zum Monitoring und Service. Mit CELOS NEXT will DMG MORI den digitalen Shopfloor der Anwender mit bestehenden Softwaresystemen und digitalen Lieferketten verbinden. Dabei soll die Connectivity herstellerunabhängig erfolgen.

Digital Manufacturing Platform bei ZF

Eine Digital Manufacturing Platform (DMP) hat zudem der Getriebebauer ZF Friedrichshafen AG in der Pipeline, um die für die digitale Transformation in der Produktion erforderliche nahtlose Integration von Informations- und Betriebstechnik sicherzustellen. Hierzu arbeitet das Unternehmen eng mit PwC Deutschland und Microsoft zusammen.

ZF Friedrichshafen baut gemeinsam mit Microsoft und PwC eine Digital Manufactoring Platform auf.
ZF Friedrichshafen baut gemeinsam mit Microsoft und PwC eine Digital Manufactoring Platform auf.
Foto: ZF Friedrichshafen AG

Auf der HMI zeigte das Unternehmen, wie in einem Pilotprojekt neue digitale Lösungen im ZF-Werk Diepholz implementiert wurden, um Prozesse und Arbeitsabläufe flexibler und effizienter zu gestalten und die künftige Digital Manufacturing Platform in der Cloud aufzubauen. Auf diese Weise will ZF unabhängig von der lokalen Infrastruktur werden und KI-Dienste zum Beispiel in der Fertigung nutzen. Die Ergebnisse der Entwicklung sollen ferner in die Open Manufacturing Platform (OPM) einfließen. Neben ZF engagieren sich in der OMP unter anderem Anheuser-Busch InBev, die BMW Group, Bosch sowie Microsoft. Die von BMW und Microsoft ins Leben gerufene Plattform zählt mittlerweile 30 Mitglieder.

Einen einfachen Zugang zu Roboter-Apps verspricht Kuka mit seiner Plattform iiQKA.
Einen einfachen Zugang zu Roboter-Apps verspricht Kuka mit seiner Plattform iiQKA.
Foto: KUKA Group

Der Augsburger Robotikhersteller Kuka hat wiederum rund um sein neues Betriebssystem iiQKA.OS ein Ecosystem aufgebaut. Als Plattform soll iiQKA Zugang zu Programmen, Apps, Services oder Zubehör bieten. Offene und standardisierte Schnittstellen sollen es Partnern und Entwicklern ermöglichen, Hard- und Software-Erweiterungen bereitzustellen. Erste Partner konnte Kuka mit SCHUNK, SICK und Roboception gewinnen.

Technik der digitalen Produktion

Geht es um die Technik hinter diesen Plattformen, trifft der Anwender auf alte Bekannte: Digital Twins, 5G oder WiFi 6, Edge Computing oder KI zählen auf der IT-Seite zu den Enabling Technologies der Plattform-Ökonomie. "Die moderne Fabrik muss clever sein und Digitale Zwillinge der Produkte und der Produktion haben, um sie in Echtzeit anpassen zu können und Experimente durchzuführen, ohne dafür viel Kapital einsetzen zu müssen", unterstrich etwa T-Systems-Chef Al-Saleh.

In Sachen Edge Computing ist Siemens-Manager Neike überzeugt, dass künftig rund 80 Prozent der Daten im Edge verarbeitet werden und nur 20 Prozent in der Cloud, etwa um beim Machine Learning Muster etc. zu lernen. Die eigentliche Verarbeitung erfolge dann während der Produktion im Edge, da nur so zum einen die Echtzeit-Anforderungen erfüllt werden könnten und zum anderen das riesige Datenvolumen schnelle die üblichen Netzkapazitäten überschreite.

Mitarbeiter der Zukunft

Während also die Technik für die moderne, digitale Fabrik und eine damit verknüpfte Plattform-Ökonomie k vorhanden ist, sieht es mit den Skills der Mitarbeiter anders aus. "Wir brauchen nicht 10.000 neue Software-Ingenieure, sondern 80 Millionen", fordert etwa Neike mit Blick auf die digitalen Fabriken der Zukunft. So will etwa Autobauer Mercedes im angesprochenen Berliner Werk seine Produktionsmitarbeiter zu IT-Facharbeitern umschulen. Die Idee dahinter: Mit Low-Code- oder No-Code-Tools sollen die Mitarbeiter künftig selbst Apps für die verschiedenen Use Cases in der Produktion realisieren können.

Um das digitale Mindset zu fördern, erhalten Auszubildende beim Roboterbauer Kuka zum Unternehmenseintritt ein persönliches iPad. Damit sollen sie gleich von Beginn an alle Prozesse - angefangen beim Urlaubsantrag - digital abwickeln. Ein Gedanke dabei ist, dass die jungen Mitarbeiter so den Digitalisierungsgedanken in die Belegschaft hineintragen und bei älteren Beschäftigten eine Veränderungsbereitschaft generieren.