Aufatmen unter Bea-Anwendern

02.07.2008
Nach der milliardenschweren Übernahme des "Weblogic"-Herstellers erläutert Oracle, wie es mit den sich teilweise überlappenden Produktlinien weitergehen soll.

Für Bea-Kunden hat Oracle-President Charles Phillips eine gute Nachricht: Der Application Server Weblogic diene dem Softwarekonzern künftig als "strategischer J2EE-Server". Damit dürften alle Anwender aufatmen, die das einstige Flaggschiffprodukt von Bea Systems als Ablaufumgebung im Backend einsetzen und fürchten mussten, dass es zugunsten des Oracle-eigenen Applikations-Servers aufgegeben wird. Der neue Besitzer hat Weblogic den Angaben zufolge mit der hauseigenen Persistenztechnik "Toplink" und dem Grid-System "Coherence" integriert.

"Es wird keinerlei erzwungene Produktmigration geben", versprach Phillips in einem Webcast vergangene Woche den besorgten Kunden. Oracle könne mit Bea vor allem im Bereich Service-orientierte Architekturen (SOA) Synergien erzielen: "Wir wollen eine komplette Plattform für das Entwickeln und Einführen von SOA-basierenden Anwendungen bereitstellen."

Dreigeteiltes Vorgehen

Die Roadmap für das gemeinsame Portfolio unterteilt die Bea-Produkte in drei Kategorien:

Strategische Produkte, die sofort und nur mit geringen Änderungen in Oracles Middleware-Plattform "Fusion" eingebaut werden sollen.

Weitergeführte und konvergierte Produkte, die von Bea stammen und nach einem Redesign schrittweise in die Fusion-Plattform integriert werden. Diese Produkte will Oracle weiterentwickeln und die Wartung für mindestens neun Jahre sicherstellen.

Gewartete Produkte, deren Auslaufen schon das Bea-Management beschlossen hatte, sollen für weitere fünf Jahre unterstützt werden. In diese Gruppe fällt beispielsweise Beas Application-Framework "Beehive".

Trotz der Festlegung auf Weblogic werde Oracle den eigenen Application-Server weiterentwickeln, erläuterte Thomas Kurian, Chef von Oracles Middleware-Sparte. Ähnlich sieht die Strategie in Sachen Enterprise Service Bus (ESB) aus. Beas "Aqualogic Service Bus" und der Oracle-ESB würden zwar integriert, so der Manager. Doch Kunden könnten im Rahmen einer Best-of-Breed-Strategie zwischen beiden Produkten wählen. Dagegen erklärte er Beas "Aqualogic Enterprise Service Repository" zum SOA-Governance-Repository der Wahl. SOA-Artefakte ließen sich damit über den gesamten Lebenszyklus verwalten, gemeinsam nutzen und pflegen. Die Oracle-eigene Service-Registry diene demgegenüber nur als UDDI-konforme Registry für das Registrieren und Publizieren von Services.

Im Bereich Datenintegration pflegt Oracle sein Produkt "Data Integration" weiter. Gleiches gilt für den "BPEL Process Manager" zur Orchestrierung von SOA-Services. Beim Thema Event-Processing führt Oracle Beas "Weblogic Event Server" und den hauseigenen "Complex Event Processor" zusammen. Laut Kurian soll aus den beiden Produkten eine neue Event-Processing-Engine entstehen.

Stärken wollen die Oracle-Strategen auch die vor allem in Großunternehmen etablierte Transaction-Processing-Software "Tuxedo", die einst zu den Kernprodukten von Bea Systems zählte. Eine wichtige Rolle im künftigen Produktportfolio sollen ferner Beas Java Virtual Machine "Jrockit" sowie die Virtual Machine "Bea Liquid VM" spielen. Letztere arbeitet unter anderem mit einer Hypervisor-Technik. In Sachen Business-Process-Management (BPM) will Oracle das eigene Produkt "Business Process Analysis" (BPA) mit Beas "Aqualogic BPM Designer" zusammenführen. Die Basis dafür soll ein gemeinsames BPEL-konformes Metadaten-Modell bilden.

Integrierte Tool-Umgebung

Überschneidungen der Produktlinien gibt es auch im Bereich der Entwicklungswerkzeuge. Oracles Ziel in diesem Kontext ist eine einzige integrierte Entwicklungsumgebung und ein einziges Metadatenmodell. Das integrierte Toolset JDeveloper bleibt nach den Aussagen von Kurian ebenso im Portfolio wie das Oracle Application Framework (ADF). Die Eclipse-basierenden Tools aus "Bea Workshop" bringt Oracle zusammen mit den eigenen Werkzeugen in das neue Produkt "Oracle Eclipse Pack" ein.

Mit Spannung erwarteten Anwender die Portalstrategie der Ellison-Company. Kurian zufolge werden das Bea Weblogic Portal und Oracles "Webcenter"-Framework verschmolzen. Im Segment Identity-Management mutiert das Produkt "Aqualogic Enterprise Security" zum "Oracle Entitlements Server".

Unterm Strich dürften die meisten Bea-Kunden mit der Roadmap zufrieden sein. Ob das auch für Oracles eigene Klientel gilt, bleibt abzuwarten. Analysten hatten im Vorfeld der Übernahme gewarnt, Oracle könne einige seiner Produkte auf lange Sicht zugunsten der qualitativ besseren Bea-Systeme aufs Abstellgleis schieben. (wh)