BASF-Tochter hat nach immer kein Open-Systems-Konzept

Auf PCM-Anbieter Comparex wartet eine ungewisse Zukunft

02.10.1992

PRAG/MÜNCHEN (bk)- Die Krise der Hardwarebranche macht auch vor der Comparex Informationssysteme GmbH, Mannheim, nicht halt. Der Preisverfall im PCM- Markt ist unvermindert stark, und der durch die neuen /390- kompatiblen Mainframes gestiegene CPU-Absatz flaut wieder ab. Auch stellen viele Kunden im Zuge des Downsizing von Großrechnern auf Workstations um. Hier aber klafft bei Comparex noch immer eine Angebotslücke.

Daß dem Mannheimer PCM-Anbieter ein schweres Jahr 1992 bevorstehen würde, wußte Comparex-Chef Rolf Brillinger bereits im März. Auf der CeBIT '92 warnte er vor zu hohen Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr: "Wenn wir eine Umsatzsteigerung von fünf Prozent erreichen, können wir zufrieden sein. Doch selbst dieses bescheidene Wachstumsziel ist zur Halbzeit schon in Frage gestellt. Obwohl laut Brillinger die ersten sechs Monate noch stark von der Nachfrage nach der neuen Mainframe-Generation 9/9xx geprägt waren, was zu einem CPU-Umsatz von 200 (vergleichbarer Vorjahreswert: 168) Millionen Mark führte, konnte die BASF- Tochter den Gesamtumsatz in der ersten Jahreshälfte nur um 2,7 Prozent auf rund 536 (522) Millionen Mark steigern.

Für die zweite Jahreshälfte sieht es für die Mannheimer keineswegs besser aus. Der anhaltende drastische Preisverfall im CPU- Bereich- nach wie vor bei rund 40 Prozent-, die weiterhin schwache Weltwirtschaftssituation und der zu erwartende Rückgang der Mainframe-Nachfrage läßt schon jetzt ahnen, daß Comparex froh sein kann, wenn man den Vorjahresumsatz von rund 1,25 Milliarden Mark schafft. Dies wollte Brillinger zwar so klar nicht aussprechen, erklärte allerdings: "Es steht zu befürchten, daß wir die auf der CeBIT genannte Umsatzsteigerung zum Jahresende nicht erreichen."

In Sachen Gewinn sieht es noch düsterer aus. Schon im Vorjahr büßte Comparex gut ein Drittel der Erträge von 1990 ein - nach rund 47 Millionen Mark verdiente der PCM-Anbieter 1991 nur noch 30 Millionen l Mark. Im laufenden Jahr wird der Rückgang wohl weiter anhalten. Dennoch ist sich Brillinger sicher, Ende 1992 noch schwarze Zahlen zu schreiben. Die Vorjahresumsatzrendite von 2,4 Prozent aber werde man nicht erzielen.

Daß die Luft für Comparex zunehmend dünner wird, haben sich die Mannheimer indes auch selbst zuzuschreiben. Schon vor einem Jahr hatte Brillinger kundgetan, neue Geschäftsfelder aufzubauen. Dabei dachten die Mannheimer vor allem an den Open-Systems-Bereich, in den man über Kooperationen mit Software- und Netzwerkherstellern einsteigen wollte, aber auch an die Aufnahme von Workstations in ihr Produktportfolio. Geschehen ist nichts - vor allem in der offenen Systemwelt sind keine Ansätze erkennbar. In Sachen Workstations, so wurde jetzt bekannt, steht die BASF-Tochter immerhin in Verhandlungen mit mehreren Hardware-Anbietern. Hier soll nun endgültig innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate eine Entscheidung fallen, die laut Brillinger nicht unbedingt für Hitachi, Comparex' CPU- Lieferanten ausfallen müsse.

Wie dringend nötig für den PCM-Anbieter eine Ausweitung der Aktivitäten ist, zeigt nicht zuletzt die wachsende Bereitschaft von Großkunden, ihre Rechenzentren zu reduzieren. Dies erlebt Comparex gerade im eigenen Haus. So plant die Muttergesellschaft BASF AG nämlich, in den kommenden zwei bis drei Jahren die europaweit betriebenen 2I RZs auf drei (zwei in Ludwigshafen, eins in Antwerpen) zu konzentrieren Dies beschert dem Ludwigshafener Chemiekonzern nach eigenem Bekunden "Einsparungen von mehreren zehn Millionen Mark durch geringere Kosten bei Hardware und Betriebssoftware, was BASF nicht ungelegen kommt. Die Chemiebranche befindet sich in einer desolaten Lage, zudem müssen die Ludwigshafener nach wie vor ihre verlustträchtige Magnetband-Tochter Magnetics über Wasser halten.

Die für BASF willkommene Kosteneinsparung bei Hard- und Software dürfte Comparex hingegen weniger erfeuen, werden doch die Rechnerlieferungen zurückgehen.

Die Mannheimer selbst aber legen Gelassenheit an den Tag. Pressesprecher Gunter Wolf: "Was in den einzelnen Ländern eingespart wird, muß in den verbleibenden Rechenzentren aus gebaut werden."

Auch die Rücklaufquote von Gebrauchtmaschinen werde sich durch die Auflösung der BASF-RZs nicht dramatisch verändern .

Außerdem hofft der PCM-Anbieter, von den Erfahrungen der Muttergesellschaft mit der Konzentration der Rechenzentren profitieren zu können, zumal man laut Vertriebschef Hans-Dieter Jonescheit in diesem Prozeß "gewisse Teilaufgaben" übernehmen werde.

Dies, so fügte Brillinger hinzu, werde Comparex in die Lage versetzen, auch anderen Kunden, bei der Neustrukturierung ihrer Rechenzentren behilflich zu sein.

Darüber hinaus wollen die Mannheimer - dem Downsizing-Trend folgend - künftig Umstellungshilfen von MVS-Rechnern hin zu Unix-Workstations anbieten.

Ob Comparex aber diesen Anspruch tatsächlich erfüllen und damit- wie geplant- den Serviceumsatz, der derzeit rund 20 Prozent zu den Gesamteinnahmen beisteuert, ausbauen kann, ist heute noch fraglich.

Bislang, so ein Unternehmenskenner, beschränkt sich das Migrationspotential der Mannheimer auf die IBM-Betriebssysteme MVS, VM und VSE sowie die Netzwerkumgebung SNA.