Componentware/Kommentar

Auf einem aufbaufähigen Gerüst

04.10.1996

Die Zeit der monolithischen Softwaregebäude neigt sich ihrem Ende entgegen. Daß sie nie aus einem Guß, sondern aus Modulen zusammengefügt waren, hat ihnen noch nicht die nötige Flexibilität gegeben. Sie stehen auf einem Boden, der sich seit ein paar Jahren heftig bewegt. Unübersehbar ist, was lange verdrängt wurde: Nicht die DV ist die Basis eines Unternehmens, sondern dessen Geschäft.

Aber neue Geschäftsprozesse ändern auch die Unternehmen - schneller, als sich die alten Softwarestrukturen anpassen lassen. Denn so flexibel sind die Module nicht. Erstens sind sie selbst zu groß, um schnell umgebaut zu werden. Zweitens sind sie so tief miteinander verzahnt, daß eine Änderung Folgen an mehreren anderen Stellen des Gebäudes nach sich zieht. Drittens klammern sie sich an eine zentrale Konstruktion, die sich nicht entscheidend umgestalten läßt. Etwas Neues muß her, das aus wesentlich kleineren austauschbaren Bauteilen neuester Technik besteht und schon in seinem Kern eine evolutionäre Weiterentwicklung zuläßt.

Diese Notwendigkeit hat auch die SAP erkannt. Kaum hatte ein Marktforschungsinstitut R/3 als konzeptionell demnächst museumsreif kritisiert, reagierten die Walldorfer. Jetzt ist von Objektorientierung und Komponenten die Rede.

Man wird abwarten müssen, inwieweit SAP mit Componentware ernst macht. Aber allein die Einführung solch neuer Begriffe ist Zeichen für einen Wandel in DV-Konzepten. Dabei war die Ankündigung nicht ohne Risiko entsprechend schuf sie Verwirrung bei den Anwendern. Denn Componentware ist bisher nicht viel mehr als ein Konzept strategischer Software-Entwicklung. Nur in Desktop-Umgebungen ist unter Microsofts Flagge die praktische Umsetzung in Gang. Jetzt aber geht es um große unternehmensweite DV-Systeme. ls