Komplexe Informationen auf einen Blick verständlich machen:

Auf die richtige Darstellung kommt es an

07.08.1987

Die interaktiven Computerapplikationen haben in ingenieurtechnischen und kaufmännischen Abteilungen eine Informationslawine ausgelöst. Texte und Tabellen, also verbale und symbolische Informationen, stehen dabei im Vordergrund. Unter dem Blickwinkel der Office Automation ist dies verständlich. Aus der Sicht des Endanwenders oft nicht.

Den Bergen von Papier, die fast jeder Mitarbeiter im Bürobereich täglich auf seinem Schreibtisch vorfindet, ist eines gemeinsam: Je mehr Text, je mehr Zahlen und Daten sie enthalten, desto genauer sind sie. In ihrer Gesamtheit aber bleibt der eigentliche Informationsgehalt verborgen. Will man dem heutigen Praxisanspruch moderner Büroarbeit genügen, müssen auf einen Blick die entscheidenden Faktoren erkennbar sein; dies wird durch die Business-Grafik unterstützt.

Tabellen und Listen bieten zwar sehr viele Daten, aber meist nicht genügend Information. Grafische Darstellungen hingegen drücken mehr aus. Sie ermöglichen, daß Informationen eines Sachverhalts oder Teile effektiv, das heißt schneller und einprägsamer, aufgenommen werden. Verbale und symbolische Darstellungen leisten dies nicht. Darüber hinaus werden die Zusammenhänge sichtbar, um die es eigentlich geht.

Preisreduzierung bei der Hardware als Auslöser

Die sprunghaft ansteigende Popularität von Geschäftsgrafiken wurde durch die Preisreduzierung bei der Hardware eingeleitet. Erst mit den billigen Speicherungsmöglichkeiten gelang es den Herstellern, Grafik-Terminals zu für den Kunden akzeptablen Preisen anzubieten. Business-Grafik wird dort angewendet, wo grafische Informationen produktiver sind als verbale und symbolische. Applikationen bieten sich vor allem in Bereichen an, wo komplexe Informationen vorliegen. Kommt die Business-Grafik in diesem Fall nicht zum Einsatz, wird das Entscheidungsverhalten der Endanwender erschwert. Der Grund hierfür liegt in der Komplexität selber - Komplexität verdeckt wichtige Fakten. Bei Entscheidungen werden diese grundlegenden Informationen oft nur unzureichend berücksichtigt; es bedarf daher einer grafischen "Auflösung".

Business-Grafik wird vor allem für Plan-Ist-Vergleiche, Hochrechnungen, räumliche Werteverteilungen, Parameterabhängigkeiten und Simulationen angewendet. In den Unternehmensbereichen Einkauf, Finanz- und Rechnungswesen, Produktionsplanung und -steuerung oder Vertrieb findet sie ihren täglichen Einsatz. Neben diesen "Industrieanwendungen" hat die grafische Aufbereitung von Informationen Einzug in die Kartographie, Architektur, Ausbildung und Medizin gehalten.

Daß eine einzige Geschäftsgrafik oft mehr sagt als tausend Worte, sollen einige Anwendungsbeispiele demonstrieren. So läßt sich beispielsweise die zahlenorientierte Situation eines Unternehmens im Vergleich der Geschäftsjahre in einem Zahlenspiegel anstatt in einem Zahlenfriedhof darstellen. Die Entwicklung des Umsatzes wird erst in der Darstellung von Abweichungen und Prognosen anschaulich.

Der Gesamtumsatz eines Unternehmens kann sowohl als Ganzes als auch konkret, zum Beispiel anhand einer Börsenkursentwicklung und der Aufsplittung einzelner Forderungen im Finanzwesen, dargestellt werden. Im Marketing steht die Visualisierung eines Teilmarkt-Szenarios, ein Wettbewerbsvergleich oder die Schätzung des Absatzpotentials im Vordergrund. Die Deckungsbeiträge in einzelnen Geschäftsbereichen, die Entwicklung des Produktumsatzes, des Gebietsumsatzes sowie die Auswirkung der Akquirierungsfrequenz sind die Eckpfeiler des Verkaufs. Visualisierte Geschäftsgrafiken finden aufgrund ihres Beliebtheitsgrades auch Eingang in die Dokumentation.

Einsatz von Farben erfordert Vorsicht

Die richtige Wahl der Art der Grafik entscheidet wesentlich über Verständlichkeit und Aussagewert. Ihre Form beeinflußt in starkem Maße die Symbolik und die bildhafte Wirkung. Jede Grafik ist nur so gut wie ihre Ausgangsdaten. Scheinbare und sinnlose Zusammenhänge können vermieden werden, wenn die Diagrammart gewünschte Aussagen ermöglicht.

In Geschäftsgrafik-Anwendungen kommen vor allem Kurven-, Balken- und Kreisdiagramme zum Einsatz. Darüber hinaus werden zahlreiche Sonder-, Misch- und Unterformen angewandt. Bei der Auswahl der richtigen Diagrammart für bestimmte Aussagen der Daten sollten griffige Überschriftstitel gewählt werden; der Sinn der Darstellung kann so besser wiedergegeben werden. Welche Beziehung zwischen den Daten besonders herausgearbeitet worden sind, kann der Überschriftstitel ausdrücken. Business-Grafik unterstützt die Darstellung wichtiger Beziehungen, beispielsweise periodische Entwicklungen, Teile eines Ganzen, Vergleiche von Werten oder Regionen sowie Beziehungen zwischen zwei Variablen.

Durch den Einsatz von Farben in den Grafiken läßt sich Informationsverhalten der Endanwender verstärkt aktivieren. Damit kann das Arbeitsklima entscheidend verbessert werden - allerdings nur, wenn der Einsatz der Farbe richtig erfolgt. Farbe erklärt nämlich nicht nur - sie warnt, beruhigt und provoziert auch. Obwohl heute im Bereich Business-Grafik ein fast schon unübersehbares Spektrum an Farben zur Verfügung steht, gilt folgende Faustregel: Mehr als drei Farben auf einer Chart wirken eher verwirrend als erklärend. Wenn der Anwender all die vielen brillanten Farben auf einmal nützt, die ihm das System zur Verfügung stellt, wird die Bildschirmgrafik nicht farbig, sondern bunt.

Im Rahmen der neuen informationstechnischen Entwicklung CIM (Computer Integrated Manufacturing) erhält die Business-Grafik neue Impulse und damit noch stärkere Bedeutung. Aus den kaufmännisch-verwaltenden, fertigungs- und geometrisch orientierten Verfahrensketten können die bereits im Rechner in Form von Dateien oder Datenbanken vorhandenen verbalen und symbolischen Daten und Informationen in der Business-Grafik beliebig aufbereitet werden - allerdings nur, wenn die Schnittstellen der Verfahrensketten vorhanden sind.

Frank Walter Weirauch ist Dozent bei einem großen DV-Hersteller im süddeutschen Raum. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in den Bereichen Anwender-Softwaresysteme und Betriebswirtschaft.