Auf die Performance kommt es an

20.10.2006
Wer IT-Kosten rechtfertigen will, muss Leistungsnachweise bringen - eine Herausforderung aus Sicht der meisten CIOs, die im Rahmen des Züricher Syntegrations-Seminars ihre Agenda 2007 ausarbeiteten.

Ein für CIOs leidiges, aber absolut zentrales Thema sind die Kosten. In vielen Unternehmen, so konstatierten die IT-Chefs, nimmt der Rechtfertigungsdruck auf das IT-Management zu. "Herkömmliche IT-Organisationen haben chronisch zu wenige Ressourcen, gelten aber immer als zu teuer", umriss Andreas Resch, CIO der Bayer AG, das Problem. "Es geht um die Performance, die hinter dem Budget steht."

CIOs diskutieren die Agenda 2007

Auf dem Syntegrations-Workshop "The CIO Beyond" in Zürich, veranstaltet vom Malik Management Zentrum St. Gallen und der computerwoche, diskutierten 30 Chief Information Officers (CIOs) über die Zukunft ihrer IT-Organisation. Zwei Tage lang erarbeiteten die IT-Manager aus Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen gemeinsam ihre Agenda 2007. Wir haben die von den CIOs identifizierten Herausforderungen (gekennzeichnet mit einem Fragezeichen) sowie ihre Handlungsempfehlungen (Rufzeichen) in einer vierteiligen Serie zusammengefasst.

Sponsoren des Events waren Hewlett-Packard (Underwriter) und Hitachi Data Systems. Wir bedanken uns für die Unterstützung.

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Zwar wissen die CIOs sehr gut, wie sie die Kosten-Nutzen-Relation des laufenden IT-Betriebs messen können. Schwieriger wird’s aber, wenn die Rentabilität von Anwendungen oder die Ergebnisse einer Prozessoptimierung erhoben werden sollen. "Auf der Prozessseite haben wir noch nicht herausgefunden, wie wir den Nutzen von IT nachhaltig messen und bewerten können", fasste Peter Kraus, Leiter der ZF Informatik - der IT-Organisation der ZF Friedrichshafen AG - zusammen.

Die Höhe des IT-Budgets, so der Konsens unter den IT-Managern, lässt keine Rückschlüsse auf die Qualität der IT-Versorgung zu. Für die Beurteilung müsse erst einmal ermittelt werden, wie sich die Budgetveranwortung zwischen CIO und Fachbereichen aufteilt. Ferner sei die Frage entscheidend, ob es eine transparente Leistungsverrechnung einzelner Services gibt. Außerdem ist bei großen Budgetposten zwischen den Kosten für Headcount und Betrieb sowie Investitionen zu unterscheiden.

"Hey Joe" ist am teuersten

Die CIOs empfehlen darüber hinaus die logische Trennung zwischen Kostenstellen und Service-Billings. Wer schnell und nachhaltig sparen muss, sollte vor allem an der Kostenschraube drehen. Gleichzeitig stellten die Diskutanten klar, dass die Granularität der Abrechnungsprozesse von der Controlling-Kultur des jeweiligen Unternehmens abhängt. Kontraproduktiv sei es, zu sehr ins Detail zu gehen. Rainer Janßen, CIO der Münchener-Rück-Versicherungsgesellschaft, warnte diesbezüglich vor versteckten Kosten: "Wenn man jeden Hotline-Call abrechnet, kommt es zu Hey-Joe-Effekten, die man nicht will. Vor allem sieht man dann auch die Fehlerstatistik seiner Software falsch."

Die CIOs einigten sich auf folgende gemeinsame Aussage: "Die IT muss bei der Beurteilung ihrer Leistungen von einer rein kostenorientierten zu einer überwiegend Performance-orientierten Sichtweise kommen. Der Wertbeitrag der IT misst sich am Erfolg der Kunden." Aufgabe der IT-Verantwortlichen sei es, Kosten- und Leistungstransparenz herzustellen, Services zu bepreisen und Benchmarks als ständiges Instrument des Leistungsvergleichs heranzuziehen.

Harte und weiche Kriterien

Die Arbeitsgruppe empfahl, bei der Messung der IT-Leistung zwischen "harten" (quantitativen) und "weichen" (qualitativen) Kriterien zu unterscheiden. Bei den weichen Faktoren gelte es, kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen zu initiieren und die Kunden regelmäßig zu befragen, um anhand des Feedbacks notwendige Schritte einzuleiten. Unter harten Faktoren werden Prozesskostenrechnung (Activity Based Costing) und das direkte Zuordnen von Prozesskosten - wo immer möglich - verstanden. Außerdem ist eine gemeinsame verbindliche Budgetplanung mit dem Kunden unabdingbar.

Gelingen Performance-Steigerungen in den Abläufen, sollten Kunden auch darauf hingewiesen werden. Nicht nur die möglicherweise sinkenden Kosten, sondern auch die gestiegene Produktivität des Anwenders muss erhoben und kommuniziert werden. IT-Verantwortliche sollten deshalb nicht nur die Performance ihrer Services messen. Anhand vergleichbarer Kriterien lassen sich auch die Fortschritte in IT-Projekten oder die Effizienz von Business-Prozessen prüfen. Die CIOs wagten die abschließende These: "Performance-Messung wird für das IT-Management das Steuerungsinstrument der Zukunft sein."

Anstatt eine eigene Sourcing-Strategie zu entwickeln, orientieren sich viele IT-Shops an den Vorschlägen ihrer zwei bis drei Kernlieferanten - ein Fehler, so die Bestandsaufnahme der Arbeitsgruppe. Vor dem Einkauf von Produkten und Dienstleistungen müssten grundsätzliche Fragen geklärt werden, etwa die nach der Make-or-Buy-Strategie, dem Timing, dem Vendor-Management und den "No-nos", also den Dingen, die auf keinen Fall aus der Hand gegeben werden sollen. "Man braucht im Unternehmen eine Haltung zu diesem Thema", so das Team. Es gehe um Kosten- und Risiko-Management und - im Fall von Outsourcing - um Arbeitsplätze und Mitarbeiterängste.

Dabei waren sich die CIOs einig, dass die Kooperation mit Sourcing-Partnern ständig wichtiger wird. "Wer schnell und flexibel sein will, muss mit externen Partnern zusammenarbeiten", sagte Alex Röder, CIO des Mobilfunkers O2 in München. "Allein mit den eigenen Ressourcen ist es oft nicht möglich, innerhalb weniger Monate neue Dinge aufzubauen."

"Für Unternehmen, die noch keine explizite Sourcing-Strategie formuliert haben, wird es 2007 höchste Zeit, das nachzuholen", warnten die CIOs in ihrem gemeinsamen Arbeitsergebnis. Die Strategie sollte vom IT-Verantwortlichen formuliert werden und sich aus den Unternehmenszielen ableiten. Dabei sei festzulegen, warum was wie und von wem bezogen werde. Aspekte wie Qualitätsmaßstäbe, Kostenrahmen, Ressourcen-Verfügbarkeit, Kommunikationswege oder Personalfragen seien in dieser Strategie zu definieren. Der CIO müsse das letzte Wort in der Auswahl der Industriepartner haben, und er sorge dafür, dass sie nach unternehmensspezifisch gewichteten Kriterien wie Kosten, Delivery-Wege oder Qualität ausgewählt würden.

Die Sourcing-Strategie ist jährlich auf Aktualität und Vollständigkeit zu prüfen. Sie muss die Felder definieren, in denen Sourcing-Maßnahmen laufen sollen und für jedes dieser Gebiete die Vorgehensweise im Grundsatz definieren. Aufgabe der IT ist es, die internen Prozesse im Hinblick auf die Einbindung der Provider zu definieren und diese anzuweisen. "Wir haben zwei Mitarbeiter explizit dafür abgestellt, die Sourcing-Partner zu steuern", berichtete O2-CIO Röder. " Sie bewerten die Supplier und legen monatliche Reports vor. Diese Mitarbeiter kann ich auf einem bestimmten Level beim Sourcing-Partner vorstellen. Sie verantworten die Abläufe und legen beispielsweise Pönale für den Extremfall fest."

Wird ein solches Steuerungsteam "als Sparrings-Partner der Dienstleister" eingerichtet, gilt nach Meinung der Gruppe die Faustregel: "Je virtueller ein Service wird, den ein Unternehmen beziehen will, desto klarer müssen die Anforderungen definiert werden - schon um die Externen lenken zu können." Ein monatliches Reporting zu Kontrollzwecken wird als zwingend gesehen.

Die Arbeitsgruppe hielt es für besser, bestimmte Szenarien auszulagern und nicht einzelne Komponenten. Beispielsweise sollte anstelle von "Server und/ oder Speicher" das Problem "Archivierung" beim Partner adressiert werden. Und schließlich gelte es zu beachten, dass es auch bei Sourcing-Themen, die schon lange betrieben werden, immer wieder neue Möglichkeiten gebe. Bei der PC-Beschaffung etwa könne man heute auf Internet-Auktionsplattformen zurückgreifen.

Zudem rieten die CIOs, andere Unternehmensbereiche wie Einkauf, Controlling oder auch die juristische Abteilung frühzeitig in den Sourcing-Prozess einzubinden. Außerdem empfehlen sie einen fairen Umgang mit dem Industriepartner, so dass eine Win-win-Situation entsteht. "Ich brauche eine vernünftige Basis für die Zusammenarbeit, bei der ich weiß, es macht auch der anderen Seite Spaß. Sonst sind Probleme programmiert", sagte etwa Günter Weinrauch, Vice President Information Management beim Bezahlfernseh-Sender Premiere. Auch sollte man dem Anbieter helfen, die gewünschten Leistungen zu erbringen - Störungen im Ablauf gehen im Zweifel immer auch auf Kosten des Anwenders. Laufende Verträge müssten regelmäßig überprüft und möglicherweise erweitert oder verändert werden.

IT-Organisationen in global agierenden Unternehmen tun gut daran, Infrastruktur und Ressourcen weltweit zu vereinheitlichen und zu teilen. In Anlehnung an die Business-Prozesse, die oft global standardisiert und ausgerollt werden, muss sich die IT entsprechend ausrichten. Doch nicht alle Services lassen sich teilen; manche sind nur regional oder lokal von Interesse.

Nach Meinung des CIO-Diskussionsteams lässt sich die Infrastruktur recht gut "sharen". Dasselbe gelte für Applikationen, wenngleich in Niederlassungen schnell Ängste aufkämen, dass lokale Anforderungen nicht erfüllt würden - mit individuellen Zugeständnissen könne hier entgegengewirkt werden. Weniger leicht sind indes Fragen zu Delivery-Management und Problemüberwachung zu beantworten.

Auf eine Gefahr wiesen die CIOs explizit hin: Ist es einmal gelungen, einen Service weltweit zu standardisieren, neigen die Beteiligten dazu, ihn nicht mehr zu verändern. Damit wächst die Gefahr zu erstarren, mögliche Innovationen werden nicht genutzt. Aus demselben Grund liegt auch bei der "kontinuierlichen Verbesserung" der Services manches im Argen. Die Maxime "Never change a running Service" ist in den Köpfen der IT-Crew fest verankert.

CIOs müssen zunächst einmal das Potenzial abschätzen können, das Global Shared Services ihrem Unternehmen bringen können. Das gilt für Großkonzerne ebenso wie für international agierende Mittelständler. "Wenn sie das nicht tun, wird es für sie gemacht" - hier gaben sich die IT-Verantwortlichen keinen Illusionen hin. "Große Dienstleister wie IBM, Accenture oder EDS haben das Thema Global Delivery schon längst erkannt und sind damit bei den Unternehmen unterwegs", so die Arbeitsgruppe. Sie argumentierten mit mehr Qualität, geringeren Kosten, weniger Overhead und einem Rückgang der Komplexität. Daran werde auch die interne IT gemessen.

Die CIOs empfehlen folgendes Phasenmodell zur Einführung von Shared Services:

• Die IT-Organisation zeigt im Sinne einer Machbarkeitsanalyse die technischen Strukturen auf, mit denen Shared Services funktionieren.

• Sie berechnet die Kostenvorteile.

• Gegenüber dem Topmanagement wird eine klare Position dazu eingenommen, welche IT-Leistungen als Shared Services erbracht werden sollten.

• Die IT sucht Lösungen für die zu erwartenden Probleme wie Entfernung, Kultur und Sprache, Verrechnungsmodelle. Dabei gilt es, menschliche Eigenschaften wie Macht, Eitelkeit und Gesichtsverluste einzukalkulieren.

• Mit den Fachbereichen wird kooperiert, wobei eine Feedback-Schleife einzuziehen ist.

• Shared Services einführen.

• Change-Anforderungen managen.

Als große Herausforderung gilt es, die Geschwindigkeiten von IT und Business aneinander anzupassen beziehungsweise eine Balance zwischen "Vor- und Nachläuferrolle" zu finden. Natürlich spielt die Qualifikation der Mitarbeiter eine Rolle: Sprechen sie Fremdsprachen, und können sie internationale Projekte abwickeln? Die CIOs empfehlen darüber hinaus, die unterschiedlichen Rechtslagen in verschiedenen Ländern zu berücksichtigen und genau zu regeln sowie der Steuerung (Governance) ein besonderes Augenmerk zu widmen.

Den Diskutanten zufolge tut sich die IT mit Global Services leichter, wenn im Unternehmen schon Business-Services - etwa das Personal-Management - globalisiert erbracht werden.