Anpassung der Branchensoftwarepakete an die eigene Organisation:

Auf der Hut vor überzogenen Versprechungen

19.11.1982

Fertige Branchensoftware in eine bestehende Organisation einzubauen ist immer ein Problem. Mitunter wird es noch durch die Anbieter derartiger Lösungen verschärft, indem sie verschweigen, oder bagatellisieren, welcher Aufwand bei der Installation notwendig ist. Organisationsprogrammierer Klaus Gnann, Mitglied der Gesellschaft Deutscher Organisatoren, gibt einiges zu bedenken.

Kaum ein Tag vergeht, ohne daß einem Software angeboten wird. Für jede Branche wurde inzwischen etwas ausgearbeitet. Auch die Fachabteilungen im eigenen Hause werden in ihren Fachzeitungen über spezielle Software informiert und wollen damit EDV-Unterstützung haben.

Diese Softwarepakete gibt es in jeder Größe für die unterschiedlichsten Anwendungen und damit mit entsprechend verschiedenem Installations- und Anpassungsaufwand. Während zum Beispiel EDV-Hilfsprogramme zur Unterstützung der internen EDV-Organisation oft ohne Anpassung und ohne großen Aufwand installiert werden, wird es bei großen Softwarepaketen wie Personalinformationssystemen, Fertigungssteuersystemen oder Buchhaltungssystemen wesentlich schwieriger. Grundsätzlich kann man deshalb davon ausgehen, daß die Größe des Programmpaketes auch den Umfang der Anpassungsarbeiten bestimmt.

Vor überzogenen Versprechungen in den Produktbeschreibungen und Gesprächen mit deren Vertretern muß gewarnt werden. Bei der Präsentation des Softwarepaketes wird oft viel versprochen und auch auf spezielle Wünsche des Kunden eingegangen. Mit welchem organisatorischen und EDV-Technischem Aufwand dies dann zu realisieren ist, wird bagatellisiert oder verschwiegen.

Fachabteilung weiß Bescheid

Spätestens beim Überschreiten des ersten geplanten Installationstermines kommen alle Beteiligten auf den Boden der Tatsachen zurück. Besonders sollte man auch an spätere mögliche Erweiterungen des Softwarepaketes denken und an eventuell anfallende Wartungsarbeiten, die durch Gesetzesänderung oder durch Hardwareänderung entstehen können.

Damit die Anpassung eines großen Softwarepaketes an die bestehende Organisation ohne größere Schwierigkeiten durchgeführt werden kann, ist auf jeden Fall die Mitarbeit der betroffenen Fachabteilung notwendig. Sie erkennt die Vorzüge oder Nachteile die entstehen, wenn durch das neue Softwarepaket eine Änderung der bestehenden Organisation notwendig werden sollte.

Eine wesentliche Reduzierung des Anpassungsaufwandes läßt sich frühzeitig durch sorgfältige Auswahl des Progammpaketes erreichen. Dabei sollten aber nicht nur die Belange der Fachabteilung berücksichtigt werden. Einwände der EDV-Abteilung gegen eine bestimmte Art des Programmpaketes könnte zum Beispiel ein nicht verfügbares Betriebssystem sein, oder nicht verfügbare Hardware-Konfiguration. Wesentlich zur leichteren Einführung und Anpassung eines Softwarepaketes ist auch die Gliederung in Module zur schrittweisen Einführung und zum Beispiel Tabellen für eine Ein-/Ausgabe-Datenumsetzung.

Bei einem modularen Aufbau des Programmpaketes wird die Anpassung dadurch wesentlich erleichtert, weil man mit dem Grundbaustein als erste Installation beginnt und dabei auch die betroffenen Mitarbeiter nicht mit zuviel Neuem überfällt. Die Mitarbeiter würden sich gegen weitere Mitarbeit sperren und künftige Anpassungen sind dann wesentlich schwieriger zu installieren.

Sind schon Datenbestände aus Teillösungen vorhanden, wird man sogenannte Bridge-Programme zu Hilfe nehmen, um diese Daten in das neue Format zu bringen.

Werden Belege durch Bildschirmeingabe ersetzt, ist eine Mitarbeit der Fachabteilungen unabdingbar, da oft unwichtige Daten für sie von Bedeutung sind, wie Hinweise an andere Abteilungen. Hier werden die meisten Anpassungsarbeiten an die

einige EDV-Abteilung vergeben werden, um das Programmpaket anzupassen, oder es müssen Informationsabstriche an die Abteilung gemacht werden.

Verschiedene Programme arbeiten mit Parametern. Diese Parameter verändern je nach Funktion die Eingabe- oder Ausgabewerte. Um damit sichtbaren Erfolg zu erzielen, werden bei der Installation die Grundwerte angegeben. Erst wenn die ersten Auswertungen nach den Testläufen vorliegen und die betroffene Fachabteilung die Richtigkeit der Daten bestätigt hat, kann mit den Parametern "experimentiert" werden, um die Auswirkung zu erkennen und mit diesen Variantenläufen die günstigste Einstellung dieser verschiedenen Parameter zu finden.

Eines sollte man aber grundsätzlich beachten: Auch Softwarepakete einer Herstellerfirma, die Daten miteinander austauschen und auswerten, sind nicht lange aktuell.

Klaus Gnann, Organisations-Programmierer, Mitglied der Gesellschaft Deutscher Organisatoren e.V. (GDO}