LC-Flachbildschirme auf dem Vormarsch (Teil 1)

Auf den Tischen die Monitorrevolution

11.04.1997

Der in Notebooks übliche Flüssigkristall-Flachbildschirm könnte früher oder später als sogenanntes Stand-alone-Gerät auch schwergewichtige Kathodenstrahlmonitore ersetzen. Hersteller denken aber schon weiter: Sie wollen biegsame Displays entwickeln und solche mit 3D-Darstellung.

Noch, schreibt IDC-Analyst Edward Buckingham in einem Bulletin zum Thema Flachbildschirme, sei die Ablösung der CRT-Monitore (CRT = Cathode Ray Tube) allerdings nicht in Sicht. Das liegt daran, daß die Produktion der sogenannten Liquid Crystal Displays (LCDs), der Flüssigkristallmonitore also, technisch sehr aufwendig ist. Entsprechend hoch fällt die Fehlerrate aus, Toshiba spricht von einer Ausfallquote von bis zu 30 Prozent. Demgemäß niedrig ist die Zahl verfügbarer LCDs, was wiederum deren Preis in die Höhe treibt.

Heute gibt es zudem nur eine Handvoll Hersteller, die die LC-Technologie im Griff haben. Zu ihnen gehören Sharp, NEC, Mitsubishi, Samsung, Hitachi, Panasonic und Toshiba/IBM.

Noch "lächle" laut Buckingham darum der "fette Gorilla" auf dem Tisch des PC-Benutzers, der CRT-Monitor also. Mit dem Anwenderbedürfnis nach immer größeren Bildschirmdiagonalen wächst aber auch der Platzbedarf auf den Schreibtischen. Außerdem werden die großkalibrigen Röhrenmonitore im wahrsten Sinne des Wortes immer untragbarer.

Daß für die Hersteller herkömmlicher CRT-Monitore Grund zur Besorgnis besteht, bewies die CeBIT. Wohin der Zug fahren wird, zeigte Sharp in Halle 1. Dort stellten die Japaner den Prototyp eines LC-Displays auf Basis der Thin-Film-Transistor-(TFT-)Technologie vor. Der gerade mal fünf Zentimeter flache Bildschirm besaß eine Bildschirmdiagonale von 40 Zoll, also ziemlich genau von einem Meter. Mit einer Auflösung von 800 x 600 Punkten und einer Farbtiefe von 16,7 Millionen Farben, einem Kontrastverhältnis von 150 zu 1 und einer Helligkeit von 200 cd/m2 (cd = Candela) erreicht der "Crystaltron" Werte, die noch vor einem Jahr bei wesentlich kleineren LCDs nicht möglich waren und die CRT-Systemen das Wasser reichen können.

Neben dieser Technologiedemonstration präsentierte Sharp aber auch LC-Flachbildschirme mit Formaten, die heute schon für Normalsterbliche eine Alternative zu den CRT-"Gorillas" sein können. Sharp war dabei in guter Gesellschaft: Neben Hitachi, NEC und Panasonic, die LC-Displays selbst entwickeln und herstellen, zeigten ein gutes Dutzend weiterer Anbieter Produkte. Hierzu zählten Eizo, die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI), Tandberg, Philips, Taxan, Iiyama, CTX, Nokia und weitere asiatische Kleinanbieter. Auf dem Stand der Fujitsu ICL Computers Ltd. waren nur noch LC-Displays zu sehen.

Je nachdem, wie groß die Displays sind und ob sie mit TFT, der teuersten LC-Technologie, ausgestattet sind oder mit den preiswerteren Varianten STN beziehungsweise mittlerweile DSTN (Double Supertwisted Nematic) kosten die Flachbildschirme noch teure 5000 bis 12000 Mark, es sind aber auch schon Modelle für um 2000 Mark zu haben.

Die Vorteile von LC-Flachbildschirmen im Vergleich zu den CRT-Heavyweights sind schnell aufgezählt: Auffallend natürlich die wesentlich geringere Stellfläche und das erheblich niedrigere Gewicht. Darüber hinaus sind LC-Monitore unempfindlich gegen magnetische Einflüsse, sie emittieren zudem keine Strahlen. Anders als bei herkömmlichen CRT-Geräten gibt es ferner keine Geometrieverzerrungen. Auch das Thema Konvergenzproblem kann man zumindest bei TFT-Systemen aufgrund ihrer technologischen Wirkungsweise vergessen.

LC-Bildschirme können außerdem im Gegensatz zu CRT-Monitoren die gesamte Oberfläche ihres Panels für die Darstellung nutzen: ein 12,1 Zoll großes LCD entspricht deshalb von der Darstellungsfläche her etwa einem 14 Zoll großen herkömmlichen Monitor.

Es gibt auch Nachteile: Abgesehen von dem (noch) erheblich höheren Preis, ist die Ausfallrate bei der Herstellung der LCDs höher. Leuchtet ferner bei einem TFT-Gerät nur ein Bildpunkt nicht, das heißt, funktioniert ein einziger Transistor nicht, fällt dies sofort ins Auge. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, daß ein TFT-LC-Display mit einer SVGA-Auflösung von 800 x 600 Pixel ergo über 1,44 Millionen Transistoren verfügt, die einzeln angesteuert werden. Bei einer Auflösung von 1600 x 1200 Bildpunkten sind dies schon knapp 5,8 Millionen Transistoren, die alle fehlerfrei arbeiten sollten.

Für Stand-alone-Systeme weniger von Bedeutung ist, daß LC-Displays auch sehr empfindlich auf Druck reagieren. Deshalb sollte man beispielsweise sein Notebook immer in die Flugzeugkabine mitnehmen und es nicht dem Unterdruck des Laderaums überlassen.

Heute unterscheidet man neben den CRT-Monitoren und abgesehen von Gasplasma-Flachbildsystemen im wesentlichen zwei LC-Technologien: aktive TFT- und passive DSTN-Systeme. Wobei Fachleute die Frage nach der Entscheidung für eine der beiden Technologien übrigens mittlerweile anders beantworten als noch vor ein bis zwei Jahren, als die DSTN-Technologie bei weitem nicht an TFT-Geräte heranreichte.

Bei TFT darf es aber aufs Geld nicht so ankommen. Investiert man allerdings etwa 1000 Mark mehr, so erkauft man sich hierfür im Vergleich zu DSTN-LCDs eine größere Farbtiefe, schnellere Bildfolgen, eine größere Helligkeit (gemessen in Candela) und einen höheren Kontrast.

Doch DSTN-Displays haben im Vergleich zur TFT-Technologie auch Vorzüge: Zum einen sind sie eben erheblich preiswerter. Weiter verbrauchen sie wesentlich weniger Strom, bei Notebooks ein Schlüsselkriterium, bei sogenannten Stand-alone-Monitoren in Büros weniger wichtig. Und wer schon einmal vor einem TFT-Display saß, auf das direkt die Sonne schien, weiß einen weiteren Vorteil der DSTN-Technologie zu würdigen: Letztere gewinnen bei Sonnenschein oft sogar noch an Kontrast, wo man mit einem TFT-Flüssigkristall-Display aufgeschmissen ist.

Geschichte der LCDs

Die Wirkungsweise von Flüssigkristallen ist bereits seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bekannt. Unter anderem der österreichische Botaniker Friedrich Reinitzer und der deutsche Physiker Otto Lehmann hatten herausgefunden, daß gewisse Stoffe wie beispielsweise Stearin bei steigender Temperatur ihre optischen Eigenschaften verändern und vom milchigen bis in den glasklaren Zustand wechseln. 1888 definierten Forscher um Lehmann neben den bekannten Aggregatszuständen gasförmig, flüssig und fest einen weiteren: die Flüssigkristall-Phase. Georges Freidel unterteilte diese 1922 in Paris noch in die nematischen, smektischen und cholesterinischen Zustandsformen.

Die Encyclopedia Britannica weist die Laboratorien der Radio Corporation of America für 1963 als Geburtsstätte des ersten LCDs aus. Die Hoffmann-La Roche Inc. führte 1971 diese Grundlagenarbeit mit TN-LCDs (TN = Twisted Nematic) fort, die in Uhren und Taschenrechnern zum Einsatz kamen. Schon zwei Jahre später konnte die Westinghouse Electric Corp. ihre Aktiv-Matrix-TFT-Technologie präsentieren. In den schweizerischen Denkfabriken des Brown Boveri Research Center in Baden erfanden Ingenieure 1983 das Supertwist-Nematic-(STN-)Display.